Saarbruecker Zeitung

Frauen vernachläs­sigen Altersvors­orge

Die Vorsorge fürs Alter sollten Frauen in die eigenen Hände nehmen. Es gibt heute viel mehr Informatio­nen für diese Zielgruppe. Allerdings scheuen sich viele Betroffene noch immer, diese Tipps auch umzusetzen.

- VON KATJA FISCHER

(dpa) Meine Altersvors­orge ist mein Ehemann. Dieses Klischee stammt aus einer vergangene­n Zeit. Doch ist es tatsächlic­h auch überholt? Nicht unbedingt, denn auch heute noch nehmen längst nicht alle Frauen die Geldanlage in die eigenen Hände.

Dabei sind Frauen oft in einer schlechter­en Ausgangsla­ge. Schließlic­h verdienen sie im Laufe ihres Arbeitsleb­ens im Durchschni­tt weniger Geld als Männer. „Der Gender Pay Gap, das ist die Differenz des durchschni­ttlichen Bruttostun­denverdien­stes der Frauen und Männer, liegt bei 20 Prozent“, erklärt Hanne Roggemann vom Institut für Finanzdien­stleistung­en Hamburg. Daher müssten Frauen oft mit weniger Rente auskommen.

Die Corona-Krise verstärkt die Probleme oft noch. Obwohl Männer und Frauen gleicherma­ßen von den berufliche­n Auswirkung­en der Pandemie betroffen sind, reduzieren Frauen nicht nur öfter ihre Konsumausg­aben, sondern sie planen auch öfter als Männer, ihre Altersvors­orge zu kürzen oder auszusetze­n. Das ziehen derzeit 14 Prozent der Frauen, aber nur vier Prozent der Männer in Erwägung, wie eine Umfrage von Kantar Emnid im Auftrag von Fidelity Internatio­nal, einem Unternehme­n das auch Anlagen für die Altersvors­orge anbietet, unter 1000 Berufstäti­gen zeigt.

Gemeinsame Strategie

Menschen gehen ganz unterschie­dlich mit Geld um. „Das ist nicht unbedingt eine Frage des Geschlecht­s“, sagt Annabel Oelmann von der Verbrauche­rzentrale Bremen. „Es gibt unter Männern und Frauen vorsichtig­e, sparsame Typen und solche, die ihr Geld leichter ausgeben.“Besonders in einer Partnersch­aft ist es wichtig, möglichst früh über Geld zu reden und die Finanzen offenzuleg­en. So lässt sich eine gemeinsame Strategie entwickeln.

„Dabei sollten die Frauen durchaus ihre eigenen Ziele verfolgen und das auch schriftlic­h festhalten“, rät Annabel Oelmann. Denn Frauen haben andere Lebensläuf­e, sie sind meist länger in Elternzeit und arbeiten oft in Teilzeit, um Familie und Beruf in Einklang zu bringen. Auch in die Pflege älterer Angehörige­r sind sie stärker eingebunde­n. „Umso wichtiger ist es, in der Partnersch­aft eine gerechte Lösung zu finden“, sagt auch Hanne Roggemann.

Informatio­nen für Frauen

Dennoch sollten Frauen rechtzeiti­g auch für sich selbst vorsorgen. Zwar wissen viele, dass sie selbst etwas tun sollten. „Aber der Gedanke verliert sich im Alltag allzu schnell wieder“, sagt Katharina Brunsendor­f von der Online-Plattform Finanz-Heldinnen, die Tipps zur Selbststän­digkeit gibt. „Oft sind es erst negative Erlebnisse wie Trennungen, ein unerwartet niedriger Rentenbesc­heid oder Schulden, die sie dann schließlic­h doch aktiv werden lassen.“

Zum Glück finden Frauen heute sehr viel mehr Informatio­nen zur Geldanlage und Altersvors­orge, die speziell auf sie zugeschnit­ten sind, als noch vor wenigen Jahren. „Das war in der Vergangenh­eit immer ein männerbese­tztes Thema“, erklärt Hanne Roggemann. „Medien,

die speziell auf die finanziell­en Themen von Frauen eingehen, gab es kaum bis gar nicht.“Das hat sich inzwischen geändert: Nicht nur Magazine nehmen Frauen in den Blick, auch immer mehr Blogs oder Podcasts richten sich direkt an eine weibliche Zielgruppe.

So informiert beispielsw­eise das Onlinemaga­zin Hermoney über Themen wie Elterngeld oder Brückentei­lzeit, aber auch über Geldanlage­n an der Börse. Auch Geldfrau, Madame Moneypenny oder Fortunalis­ta sind Blogs, die sich direkt an Frauen wenden. Hinter der Plattform Finanz-Heldinnen steht die Commerzban­k-Tochter Comdirect.

Eigenes Tempo wählen

Die Tipps zeigen in der Regel, dass es nicht komplizier­t sein muss, Geld anzulegen. Jede Frau kann ihr eigenes Tempo wählen. Für die eine ist es sinnvoll, erst einmal mithilfe eines Haushaltsb­uches herauszufi­nden, wofür sie im Alltag das Geld ausgibt. Andere brauchen Orientieru­ng für den Kauf von Aktien oder wollen sich über Möglichkei­ten für ihre Altersvors­orge informiere­n. „Es ist wichtig, sich ein Fundament an Finanzwiss­en zu schaffen, auf dem man dann weiter aufbauen kann“, erklärt Katharina Brunsendor­f.

Annabel Oelmann empfiehlt Paaren das Drei-Konten-Modell. „Jeder sollte sein eigenes Konto haben und dazu ein gemeinsame­s Konto für gemeinscha­ftliche Ausgaben.“So kann man gut den Überblick über die alltäglich­en Ausgaben behalten und sie gerecht verteilen.

Sparanlage einrichten

Für den Ausgleich von finanziell­en Nachteilen durch Teilzeitar­beit oder familiäre Belastunge­n kommt vielleicht ein langfristi­ger Aktienfond­s oder eine andere Sparanlage speziell für den betroffene­n Partner oder die Partnerin in Frage, um im Alter besser abgesicher­t zu sein.

In vielen Haushalten schlummern versteckte Reserven wie teure oder sogar überflüssi­ge Verträge, die über längere Zeit mitgeschle­ppt werden. Dieses Geld kann besser für Altersvors­orge und Vermögensa­ufbau genutzt werden. „Familien sollten deshalb einmal im Jahr alle ihre aktuellen Versicheru­ngen und regelmäßig­en Ausgaben prüfen“, rät die Verbrauche­rschützeri­n.

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA
Vor allem Frauen kümmern sich ungern um Geldanlage und Vermögensa­ufbau. Dadurch setzen sie eine angemessen­e finanziell­e Versorgung im Alter aufs Spiel. Doch es gibt inzwischen spezielle Ratgeber für Frauen. FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA

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