Wasserverbrauch steigt in Corona-Zeiten
Für leicht steigenden Wasserverbrauch im Regionalverband hat Corona schon gesorgt – doch es wirken auch andere Faktoren.
Was ist dran an der Corona-These, dass der Wasserverbrauch in privaten Haushalten gestiegen ist? Weil ja die Menschen mehr in den eigenen vier Wänden sitzen – kein Urlaub, kaum Shoppen und Freizeitvergnügen, keine Schule, mehr Homeoffice, mehr Gartenarbeit – müsste folgerichtig der Wasserverbrauch der Haushalte gestiegen sein. Stimmt das?
Wir fragten in den Regionalverbands-Kommunen bei den Stadt-, Gemeinde- und Wasserwerken nach. Zudem wollten wir wissen, ob die Kunden mit Nachzahlungen zu rechnen haben.
Die Antworten zeigen zwar auch lokale Unterschiede, mehrheitlich ist es aber wohl so, dass zwar im „Corona-Sommer“2020 dank Garten-Pools schon ein gewisser Verbrauchsanstieg zu erkennen ist, sich die Auswirkungen übers Jahr gesehen allerdings in Grenzen halten.
FRIEDRICHSTHAL:
Gerhard Bös von den Stadtwerken Friedrichsthal gibt den Hinweis, dass der jährlich Wasserverbrauch der privaten Haushalte ja schon wegen der jährlich uneinheitlichen Wetterlagen schwankt – zum Beispiel auch davon abhängt, ob ein Sommer eher regnerisch oder trocken ist. Daher sei der Wasserverbrauch aus dem „Corona-Jahr“2020 wohl besser mit dem wettertechnisch ähnlicheren Jahr 2018 als mit 2019 zu vergleichen. So liege die pauschale Steigerung des Wasserverbrauchs in Friedrichsthal 2020 im Vergleich zu 2019 bei etwa 2,9 Prozent, im Vergleich zum klimatisch „passenderen“Jahr 2018 nur bei etwa 1,1 Prozent. „Aber selbst dieser Wert ist nicht aussagekräftig“, erklärt Gerhard Bös, „da statistisch gesehen der Verbrauch noch in private Haushalte, öffentliche Einrichtungen und Gewerbebetriebe unterteilt werden muss. In jedem der genannten Bereichen können aus den unterschiedlichsten Gründen Schwankungen gegenüber dem Vorjahr auftreten“.
Beim Thema „Erstattung oder Nachzahlung“gäbe es aber immer Schwankungen. Bei zu niedrig angesetzten Abschlagszahlungen seien natürlich entsprechende Nachzahlungen fällig, doch grundsätzlich sei man sehr aufgeschlossen, wenn ein Kunde aus bestimmten Gründen geringere Abschlagszahlungen für angebracht halte. Das hätten zum Beispiel mehrere Vereine wegen des zum Erliegen gekommenen Vereinslebens getan. Bös erinnert auch daran, dass sich die Mehrwertsteuersenkung des vergangenen Jahres ein klein wenig zu Gunsten der Verbraucher auswirke.
SAARBRÜCKEN:
Die Stadtwerke Saarbrücken, schildert Konzern-Pressesprecherin Ulrike Reimann,
versorgen über ihre zwei eigenen Wasserwerke in Rentrisch und St. Arnual sowie zusätzlich über die Wasserwerke Blickweiler und Wolfersheim etwa 183 000 Saarbrücker Bürger mit Trinkwasser, zudem 40 000 Bürger über die Stadt- und Gemeindewerke im Saarpfalz-Kreis sowie auch eine französische Gemeinde.
Bei dieser Menge sind noch nicht alle Verbrauche ermittelt, aber bei den Stadtwerken gehe man anhand von Beispielkunden davon aus, dass der Verbrauch von 2020 zu 2019 bei den Privathaushalten um drei bis fünf Prozent gestiegen ist. Bei den Gewerbekunden ist der Verbrauch um fünf Prozent gestiegen.
2019 lag der Wasserverbrauch der Stadtwerke-Kunden bei 10,247 Millionen Kubikmeter – damit könnte man den kompletten Bostal-Stausee auffüllen und es würden noch immer über zwei Millionen Kubikmeter übrig bleiben. In 2018 lag der Verbrauch bei 10,003 Millionen Kubikmetern, daraus lässt sich schließen, dass der Verbrauch 2020 zu 2018 – grob – um 0,5 bis 2,5 Prozent gestiegen ist.
Und wie kommt das „Saarbrücker Wasser“zum Bürger? „Das Wasser wird in 21 Hochbehältern mit einer Speicherkapazität von rund 62 000 Kubikmetern zwischengelagert und über Versorgungs- und Hausanschlussleitungen an die Kunden abgegeben. Das Rohrleitungsnetz erstreckt sich über rund 830 Kilometer Versorgungsleitungen, was ungefähr einer Strecke von Saarbrücken nach Marseille entspricht. Hinzu kommen noch 394 Kilometer
Hausanschlussleitungen“, so Ulrike Reimann. Ebenfalls benötigt werden 15 Pumpstationen, 41 Druckminderungsanlagen, sieben Druckerhöhungsanlagen sowie 40 Brunnen.
VÖLKLINGEN:
Die Völklinger Stadtwerke beliefern rund 33 000 Haushalte mit Frischwasser – die Stadtteile Ludweiler und Lauterbach gehören nicht dazu, sie werden vom Wasserzweckverband Warndt (siehe bei Großrosseln) beliefert. Bei dieser großen Menge versorgter Haushalte ist die Jahresstatisstik noch nicht ganz abgeschlossen. Presesprecherin Isabelle Ahr kann aber schon sagen: „Eine belastbare Aussage darüber, dass ein erhöhter Wasserverbrauch etwa auf die Homeoffice-Situation zurückzuführen sei, ist nicht möglich.“Auch sie macht darauf aufmerksam, dass 2019 deutlich wärmer als 2020 war, was dann womöglich zu einem höheren Wasserverbrauch für die Gartenbewässerung geführt haben könnte.
Sollte ein Kunde – aus welchem Grund auch immer – einen erhöhten Wasserverbrauch mit entsprechender Nachzahlung haben, dann werde die Abschlagszahlung entsprechend angepasst. Aber die Kunden hätten auch „selbst die Möglichkeit, ihre Abschläge für die Energie- und Wasserlieferung anzupassen, wenn sich an ihrem Verbrauchsverhalten etwas ändert – zum Beispiel Rückkehr aus dem Homeoffice ins Büro“. Das funktioniere übers Kundenportal www.my-stadtwerk.de/kundenservice/kundenportal, per E-Mail an kundenservice@swvk.de oder unter Telefon (0 68 98) 15 03 33.
HEUSWEILER:
Die Daten der Gemeindewerke Heusweiler zeigen, dass die Entwicklung innerhalb der Regionalverbands-Kommunen nicht einheitlich ist, denn in Heusweiler ist durchaus ein deutliche Steigerung des Wasserverbrauchs auch im vergleich zum Jahr 2018 zu sehen, während es kaum einen Unterschied zwischen 2018 und 2019 gibt: 2018 wurden 741 262 Kubikmeter an 6367 Wasserzähler (einer pro Hausnummer) geliefert, 2019 waren es 742 243 Kubikmeter an 6382 Wasserzähler. 2020 waren es dagegen 796 425 Kubikmeter an 6416 Wasserzähler – also etwa 7,45 Prozent mehr als 2018. Gemeindewerke-Geschäftsführer Torsten Schramm erklärt: „Die Wasserabgaben an private Haushalte sind in den letzten Jahren in Heusweiler relativ konstant geblieben. Auch macht sich ein ‚gefühlt’ heißer Sommer über das ganze Jahr gesehen in Bezug auf die Wasserabgabe nicht wesentlich bemerkbar. Im Jahr 2020 ist jedoch ein deutlicher Anstieg im Wasserverbrauch von mehr als sieben Prozent zu verzeichnen. Zum einen vielleicht bedingt durch vermehrtes Homeoffice, aber sicher auch bedingt dadurch, dass die Sommerferien zu Hause im eigenen Garten verbracht und eine Vielzahl an Pools befüllt wurden.“
Der vermehrte Verbrauch bedeute für viele Kunden zwangsläufig eine Nachzahlung. Schramm erklärt: „Die Statistik zeigt, dass bei fast zwei Dritteln unserer Kunden die gezahlten Abschlagszahlungen für die Trink- und Abwassergebühren nicht ausreichend waren.“Stichproben hätten zudem gezeigt, „dass Immobilien, in denen Geschäfte ansässig sind, die durch die coronabedingten Schließungen betroffen waren, einen deutlich geringeren Wasserverbrauch hatten.“
RIEGELSBERG:
Ein klares Zeichen, dass viele Menschen ihren Sommerurlaub 2020 im Garten verbracht haben, gibt es zum Beispiel in Riegelsberg. „Die Leute haben Pools aufgestellt ohne Ende“, sagt Wasserwerk-Leiterin Kerstin Müller-Kattwinkel. Zu erkennen sei das daran, dass die Zahl der beantragten Garten-Wasserzähler sprunghaft in die Höhe gegangen ist – mit solchen Zählern lässt sich das Pool-Wasser gewissermaßen von den Abwasser-Kosten abziehen, da dieses Wasser ja nicht durch die Kanalisation fließt, sondern im Garten abgelassen wird und versickert.
2018 lieferte das Riegelsberger Wasserwerk 626 000 Kubikmeter, 2019 waren es 635 000 Kubikmeter und 2020 waren es 644 000 Kubikmeter, was eine Steigerung von nur etwa 2,88 Prozent im Vergleich zu 2018 bedeutet.
PÜTTLINGEN:
Im Eigenbetrieb „technische Dienste der Stadt Püttlingen“liegen die Daten für 2020 noch nicht vor. Der Eigenbetrieb ist allerdings für diese zur Abwasser-Abrechnung benötigten Daten auf das Unternehmen Energis angewisen, über das die Wasserversorgung in Püttlingen läuft. Energis ist wiederum eine TochtergesellschaftderVSEAG(Vereinigte Saarländische Elektrizitätswerke AG), dessen Mehrheits-Besitzer Innogy ist, selbst wiederum ein Tochterunternehmen des Essener Energiekonzerns Eon. 2018 lag der
Wasserverbrauch in Püttlingen bei 805 084 Kubikmeter, 2019 waren es 787 276 Kubikmeter.
QUIERSCHIED:
Für die Gemeindewerke Quierschied schildert Sebastian Zenner, Pressesprecher der Gemeinde: „Der private Wasserverbrauch 2020 wird wohl höher sein als 2019, der geschäftliche vermutlich etwas geringer. Dies kann den Umständen in der Corona-Pandemie, aber vor allem auch dem heißen Sommer geschuldet sein. So wurden im Sommer 2020 beispielsweise deutlich mehr private Swimmingpools aufgestellt und befüllt.“
Satzungsgemäß richte sich die Höhe der Abschläge immer nach dem Vorjahresverbrauch, „grundsätzlich hat der Kunde aber immer die Möglichkeit, die Höhe der Abschläge zu reduzieren. Hierzu reicht eine einfache Begründung aus“.
SULZBACH:
Die Stadtwerke Sulzbach beliefern etwa 10 000 Haushalte mit Wasser. Edgar Jacobs, Bereichsleiter Gas-Wasser-Bauwesen der Stadtwerke, teilt als vorläufiges Ergebnis mit, dass der Wasserverbrauch in Sulzbach 2020 etwa 1,63 Prozent und damit nur geringfügig höher als 2019 war. „Das überrascht mich etwas“, so Jacobs. Die Zahl der Klein-Schwimmbecken in Gärten – als Alternative für die entgangene Urlaubsfahrt – habe zugenommen. Schon wegen deren Befüllung habe er eigentlich mit einem höheren Wasserverbrauch gerechnet. „Allerdings“, so ergänzt auch Jacobs, „gibt es ja noch andere Faktoren, wie zum Beispiel Wetter
– Temperatur, Niederschlag –, Produktionsmenge im Gewerbe und so weiter.“
GROSSROSSELN/LUDWEILER/LAUTERBACH:
Der Wasserzweckverband Warndt beliefert neben Großrosseln auch die beiden Völklinger Stadtteile Ludweiler und Lauterbach. Betriebsleiter Tobias Speicher schildert: „Ja, wir haben einen erhöhten Wasserverbrauch festgestellt. Unser Versorgungsgebiet beinhaltet kaum Gewerbe- geschweige denn Industrieabnehmer. Der Wasserverkauf ist demnach fast ausschließlich an Privat.“2020 habe man, trotz sinkender Bevölkerungszahl, 3,7 Prozent mehr Trinkwasser verkauft als im Jahr zuvor. „Den Lockdown im März 2020“, so Tobias Speicher, „haben wir deutlich auf der Kurve der durchschnittlichen Tagesförderung erkennen können. Dieser Trend war dann im April, durch den außergewöhnlich frühen Beginn der Garten- und vor allem Gartenbewässerungssaison nicht mehr klar abgrenzbar“. So sei der Wasserverkauf 2020 wohl eine Kombination aus einigen Einflussfaktoren gewesen, von denen einige, wie erhöhte Anzahl an Poolfüllungen und vermehrte Gartenpflege, zwar mit Corona zusammenhingen, „die Wetterlage mit dem zweiten Rekordsommer in Folge aber sicherlich auch einen großen Einfluss hatte“, berichtet Speicher.
Die Antwort des Wasserzweckverbands Warndt zeigt auch, dass der Verbrauch regional variieren kann, denn im Gegensatz zur Mehrzahl der Werke waren im Warndt die Wasser-Verkaufszahlen 2018 fast identisch mit 2019.
In Großrosseln beliefert der Wasserzweckverband Warndt rund 3100 Hausanschlüsse, „die Nachzahlungen, beziehungsweise Rückzahlungen halten sich immer ungefähr die Waage, wobei in Jahren, in denen der Verkauf über dem Vorjahr liegt, die Nachzahlungen naturgemäß überwiegen“.
KLEINBLITTERSDORF:
Die Gemeindewerke Kleinblittersdorf versorgen 3800 Haushalte, erklärt Thomas Brach, einer der beiden Geschäftsführer. Auch in Kleinblittersdorf ist der Wasserverbrauch 2020 gegenüber 2019 deutlicher gestiegen, als im Vergleich zum wetterbedingt vergleichbareren Jahr 2018: Im vorigen Jahr betrug der Verbrauch 527 274 Kubikmeter, 2019 waren es mit 514 554 Kubikmetern 2,41 Prozent mehr, 2018 waren es 526 419 Kubikmeter und somit nur 0,16 Prozent mehr. „Die jährliche Abrechnung“, so Brach, „erfolgt auf Basis des tatsächlichen Wasserverbrauches im Jahr. Entsprechend kommt es logischerweise auch zu Nachzahlungen durch die Abrechnung, wenn ein Mehrverbrauch als in 2019 vorliegt“. Was auch automatisch zu Anpassungen der Abschlagszahlungen im Jahr 2021 führe. Allerdings ändere man auch die Höhe der Abschlagszahlungen, wenn es seitens des Verbrauchers Gründe dafür gibt und gewünscht wird.