Werbeverbot sorgt für Unmut im Saarland
Der Saar-Einzelhandel hält eine konkrete Perspektive für wichtiger als ein Verbot. Dafür müsse sich das Land jetzt einsetzen, so die Forderung.
sich das saarländische Wirtschaftsministerium dazu noch auf, gerichtsfest zu entscheiden, was die Bedürfnisse der Verbraucher beim täglichen Bedarf sind“, schimpft Nauen.
Der Hauptgeschäftsführer des Verbandes Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) Stephan Scherzer betont: „In Anbetracht des boomenden Online-Handels ist es absolut nicht nachvollziehbar, warum der stationäre Handel seine Produktpalette nicht bewerben darf und gleichzeitig die Bußgeldbürokratie ausgebaut werden soll. Kraft und Energie gehören doch in kluge Öffnungskonzepte und nicht in Werbeverbote.“Bei einem Verstoß gegen das Werbeverbot sollen ab 22. Februar Bußgelder zwischen 1000 und 10 000 Euro drohen.
Rehlinger erntet auch viel Spott. So fragt etwa der Münchner Autor Ben Krischke im Magazin Meedia, ob denn auch Kondome zum täglichen Bedarf gehören. Er sieht eine Welle an Entscheidungen auf den zuständigen Beamten zurollen, „der dann nach Gusto über nutzlose Fragen entscheiden muss, statt seine Zeit für Wichtigeres zu nutzen“. Das Saarland empfiehlt sich laut Krischke „gerade für die Pole Position in Sachen depperte Corona-Vorschriften“.
Mit dem Werbeverbot scheint im Saarland inzwischen so gut wie niemand mehr so recht zufrieden zu sein. Nach einer Umfrage unserer Zeitung geht der Tenor der Akteure im Einzelhandel inzwischen in eine ganz andere Richtung: Viel wichtiger als ein Werbeverbot sei es, endlich wieder über vernünftige Öffnungsperspektiven für den gesamten saarländischen Einzelhandel zu beraten und vonseiten der Landesregierung eine Strategie mit konkreten Szenarien auf den Weg zu bringen.
Selbst der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Einzelhandel und Dienstleistung Saar, Fabian Schulz, hält nichts vom Verbot. „Wir hätten uns viel lieber gewünscht, dass eine Lösung gekommen wäre, mit der auch die kleinen Geschäfte wieder öffnen können“, sagt er. „Wir hatten gehofft, dass bei jetzt sinkenden Inzidenzzahlen und der auch festgestellten Tatsache, dass der Handel überhaupt kein Ansteckungsherd für Corona ist, bei entsprechenden Auflagen zur strengen Quadratmeternutzung und Einhaltung von Hygienekonzepten der Handel wieder öffnen kann. Dann wäre auch dieser ganze Sturm im Wasserglas mit dem Werbeverbot nicht notwendig gewesen.“Durch das Verbot „kommt auch kein Euro mehr in die Kassen kleiner Händler“, so Schulz. Er fragt sich, „ob man selbst bei einer Regelung von 50 Quadratmetern je Kunde nicht eine höhere Akzeptanz bei den Bürgern gefunden hätte als mit dem Werbeverbot“.
Auch der Merziger Bürgermeister Marcus Hoffeld (CDU), der sich erst vor knapp zwei Wochen in einem Brief an die Bundeskanzlerin und alle Ministerpräsidenten für eine Öffnung im Einzelhandel stark gemacht hatte, ist mit dem Werbeverbot nicht zufrieden. Die Verbraucher wüssten ohnehin, was sie beim Discounter oder großen Einzelhändler kaufen könnten. Und dann gingen sie auch dorthin. „Ich fände es sinnvoller, wenn der Einzelhandel wieder öffnen könnte. Auch kleine Einzelhändler haben bewiesen, dass sie die Hygieneregeln sehr gut umsetzen können, aus meiner Sicht noch wesentlich besser wie bei Discountern.“Dann würden sich die Menschen auch viel besser verteilen. „Momentan trifft sich alles in SB-Warenhäusern oder bei den Discountern.“
Mit strengen Regeln bei der zu nutzenden Quadratmeter-Fläche könne man gesundheitsbewussten Handel garantieren, sagt Hoffeld. Man müsse endlich die Zeit nach Corona im Blick haben. „Auch dann brauchen wir jeden Einzelhändler.“
Jetzt gehe es für viele darum, das Ostergeschäft zu retten. Die Stadt Merzig hat sich einen eigenen Kaufanreiz ausgedacht. „Wer einen Gutschein von 100 Euro kauft, bekommt von der Stadt noch 20 Prozent dazu“, erklärt Hoffeld.
Globus-Chef Matthias Bruch kündigt an, alle Einzelheiten des Werbeverbotes umzusetzen. Auch er legt sich fest: „Ich würde es am meisten begrüßen, wenn die Einzelhändler jetzt wieder unter Einhaltung der Hygienekonzepte öffnen dürfen. Man muss ihnen eine Perspektive geben. Es hat jetzt für jeden eine existenzielle Bedeutung, wenn er nicht aufmachen kann.“Die Kritik, Globus dürfe über Waren des täglichen Bedarfs hinaus andere Sortimente verkaufen, kontert Bruch. Viele Produkte wie etwa Blumen würden bei Globus ganzjährig angeboten. „Wir verkaufen das, was wir auch sonst verkaufen, und machen nichts zusätzlich.“