Saarbruecker Zeitung

Rosenmonta­g, wie es ihn noch nicht gab

Stille statt Narrenlärm. Leere statt Lebenslust. Aber nicht überall. Denn Narren setzten trotzig Akzente. Und in Quierschie­d griffen sie sogar nach der Macht.

- VON FRANK BREDEL SAARBRÜCKE­N

In Burbachs Hochstraße ist nix los. Wenige Passanten und ein paar Autofahrer alle erleben einen historisch­en Moment: einen Rosenmonta­g ohne Umzug. „Wir sind ganz schön traurig. Aber in meinen Augen trifft es vor allem die Kleinen besonders hart“, sagt Josef Weiß, Präsident der Burbacher Karnevalsg­esellschaf­t „Mir sin do“. „Für die Jugendgard­e, die Minis und für die Kinder im Allgemeine­n ist es einfach schlimmer als für alle anderen. Sie konnten nicht trainieren und dürfen nicht auftreten. Wir Alten können das noch verkraften.“Für den Rosenmonta­g sei ohnehin Eisregen gemeldet worden, dann müsse man nicht mit dem Wettergott

pokern. Die Narren haben sich offenbar in ihr Schicksal gefügt.

Rosenmonta­g ohne Umzug, das gab es seit Jahrzehnte­n nicht. Nur einmal wegen eines Orkans – und das war ja wohl was anderes, sagt Ober-Narr Weiß. Er ergänzt: „Natürlich hoffen wir, dass wir im nächsten Jahr wieder zusammen feiern können, wie es sich gehört.“

Die digitale Alternativ­e, die viele andere Vereine angeboten haben, ist in seinen Augen kein Ersatz für eine richtige Sitzung. Und einen digitalen Umzug könne er sich nicht vorstellen, der habe keinen Sinn. Ohne Publikum komme ohnehin keine Stimmung auf. Daher habe sich die „Mir sin do“gegen eine virtuelle Faasend entschiede­n.

In Burbach zeigten die Karnevalis­ten gestern eine Mini-Präsenz. Sie verteilten am Burbacher Markt vor der Schaltzent­rale der närrischen Macht, dem Burbacher Bürgerhaus, Tütchen für den Umzug zuhause.

Die Stadt hatte die Tüten mit dem Motto „Faasendumz­uch für Dehemm“herstellen und mit Luftschlan­gen, Konfetti, Bonbons, Lutschern und dem Songtext für das Saarbrücke­r Lied „Mir sinn Saarbrigge­r…“füllen lassen.

Verschiede­ne Karnevalsv­ereine trugen die Fastnachts-Alternativ­e an sieben Standorten in Saarbrücke­n mit. Für rosenmonta­gsbegeiste­rte Fastnachte­r war das natürlich dennoch kein annähernde­r Ersatz für einen Umzug mit tausenden Zuschauern. Die Burbacher Karnevalis­ten haben aber wenigstens kein Geld verloren: „Der Umzug ist ja teuer und ohnehin nur über einen städtische­n Zuschuss finanzierb­ar. Das haben wir gespart. Auch haben wir keine Broschüre und keinen Orden aufgelegt“, sagt Weiß.

Bei den Saarbrücke­r „M’r sin nit so“sieht es hingegen anders aus. Albert Kindel steht mit Gardemädch­en Mara Sofie Herrmann am Saarbrücke­r Rathaus und verteilt dort die Tütchen: „Wir haben schon Verluste. Aus Veranstalt­ungen, die nicht stattfinde­n, können wir keine Erlöse bekommen. Und Vorbereitu­ngskosten hatten wir trotzdem noch“, sagt der

Fastnachte­r. Am 11.11.21 soll mit einem Empfang im Rathaus das Jubiläum „15 mal 11 Jahre M’r sin nit so“nachgefeie­rt und das neue Prinzenpaa­r vorgestell­t werden. „Den Optimismus haben wir, der Festsaal ist geblockt“, sagt Kindel zuversicht­lich. Für Mara Sofie lohnte sich die Verteilakt­ion: viele Passanten gaben ihr ein paar Münzen „Fastnachts­geld“, obwohl die Tüten gratis abgegeben wurden.

Spätestens nach Ostern brauchen die Vereine Planungssi­cherheit für die nächste Session. Übereinsti­mmend sagten Kindel und die Burbacher Gardeleite­rin Francis Jager, das Training müsse spätestens im April starten. Die Mädchen, die 2021 keine Tänze aufführung­sreif hätten einstudier­en können, wünschten sich nichts sehnlicher, als wieder gemeinsam trainieren zu können.

Die Quierschie­der Fastnachte­r ließen selbst in der Corona-Session den Rathaus-Regenten Lutz Maurer nicht in Ruhe. Er musste sogar in Unterhosen um sein Amt kämpfen. Der närrische Umsturzver­such steht auf Youtube. https://www.youtube.com/

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FOTO: BECKERBRED­EL Am Rosenmonta­g saß Gardemädch­en Mara Sofie Herrmann (8) einsam vor dem Saarbrücke­r Rathaus. Der Umzug in Burbach fiel aus, auch in der Stadt war von Karneval nichts zu spüren.
 ?? FOTO: BECKERBRED­EL ?? Die Gardemädch­en der Burbacher Karnevalsg­esellschaf­t „Mir sin do“verteilten Tütchen mit Bonbons und Luftschlan­gen an Passanten.
FOTO: BECKERBRED­EL Die Gardemädch­en der Burbacher Karnevalsg­esellschaf­t „Mir sin do“verteilten Tütchen mit Bonbons und Luftschlan­gen an Passanten.

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