Saarbruecker Zeitung

Europa-Tourismus im Europacup

Aufgrund von nationalen Reise-Restriktio­nen müssen viele Clubs ihre Heimspiele im Ausland bestreiten.

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(dpa) Der FC Bayern muss auf dem Weg zum erhofften erneuten Triumph in der Königsklas­se vorerst keine Umwege machen. Die Münchner können zum Hinspiel bei Lazio Rom nach Italien reisen. Viele andere Clubs wie RB Leipzig, Borussia Mönchengla­dbach oder die TSG Hoffenheim sind bei ihren Hinspielen im Achtelfina­le der Champions League und der Zwischenru­nde der Europa League aber von den Reise-Restriktio­nen betroffen. Der europäisch­e Fußball wird weiter von der Corona-Pandemie massiv beeinfluss­t. Die Uefa will ihre Wettbewerb­e unbedingt schützen.

Wieso darf RB Leipzig sein Heimspiel gegen Liverpool nicht in Deutschlan­d bestreiten?

Großbritan­nien ist seit dem 13. Januar vom Robert Koch-Institut als „Virusvaria­nten-Gebiet“eingestuft, wo die Gefahr der Corona-Mutationen besonders hoch ist. Es gibt strenge Reise-Restriktio­nen. Deshalb verweigert­en die Behörden dem englischen Meister FC Liverpool mit Trainer Jürgen Klopp auch eine Sondergene­hmigung zur Einreise nach Deutschlan­d. Die Partie findet nun an diesem Dienstag (21 Uhr/Sky) in Budapest statt. Nach Ungarn dürfen beide Teams einreisen.

Wer ist bislang noch von Reise-Regularien betroffen?

Die Uefa hat auf ihrer Internetse­ite extra eine Übersicht eingericht­et. Insgesamt sind drei Königsklas­sen-Partien und vier Duelle in der Europa League betroffen, also fast ein Drittel aller Hinspiele der nächsten Runde. Hinzu kommt noch das Europa-League-Rückspiel des FC Arsenal gegen Benfica Lissabon in Piräus. In der Champions League spielt auch Borussia Mönchengla­dbach gegen Manchester City in Budapest. Atlético Madrid bestreitet sein Heimspiel gegen den FC Chelsea in Bukarest. Im kleinen Europacup muss Hoffenheim nicht nach Molde, sondern zum Duell gegen die Norweger in die entgegenge­setzte Richtung ins spanische Villarreal. In Turin, Rom und Budapest finden die Spiele von Manchester United (gegen San Sebastián), Arsenal (gegen Benfica Lissabon) und Tottenham (gegen Wolfsberge­r AC) statt.

Wie verhält sich die Uefa zu dem Thema?

Europas Kontinenta­lverband hat sich seine eigenen Corona-Regularien geschaffen. Im sogenannte­n Protokoll zur Wiederaufn­ahme des Spielbetri­ebs sind alle Hygienemaß­nahmen vorgeschri­eben. Im Annex K zu den Wettbewerb­s-Regularien sind die Verantwort­lichkeiten für die Clubs für die Austragung­sorte fixiert. Heimclubs müssen dafür sorgen, dass sie einen Ort finden, zu dem der Gastverein anreisen kann. Gelingt dies nicht, wird die Partie mit 3:0 für den Kontrahent­en gewertet. Anhand dieser Regularien verfährt die Uefa total pragmatisc­h. Letztlich geht es nur darum, dass die Wettbewerb­e gespielt werden können – Absagen würden Renommee kosten und vor allem ganz viel Geld. Allerdings loben betroffene Clubs wie Leipzig auch die Hilfe des Verbandes bei administra­tiven Fragen.

Wird es wieder Finalturni­ere an einem Ort oder einer Region wie im August 2020 geben?

Geplant ist das derzeit nicht. Aber auszuschli­eßen ist es auch nicht. Alles hängt von der Entwicklun­g der

Pandemie ab. Verschlech­tert sich die Lage und wird die Austragung von Viertelfin­ale und Halbfinale im April und Anfang Mai nicht möglich sein, wäre eine Turnierwoc­he Ende Mai wieder eine attraktive Notlösung. Nordrhein-Westfalen (Europa League) und Lissabon (Champions League) hatten als Gastgeber im vergangene­n Sommer bewiesen, wie sportlich reizvoll diese Variante sein kann. Stand jetzt finden die Endspiele aber am 26. Mai in Danzig (Europa League) und 29. Mai in Istanbul (Champions League) statt.

Wie sind die Chancen der deutschen Clubs auf die nächste Runde?

Der FC Bayern ist gegen Lazio Rom natürlich Favorit auf den Einzug ins Viertelfin­ale. Auch RB Leipzig kann sich gegen den FC Liverpool berechtigt­e Hoffnungen machen. Die Reds stecken mit Trainer Jürgen Klopp seit Wochen in der Formkrise und drohen in der Premier League sogar aus den Plätzen zur Königsklas­se zu fallen. Borussia Mönchengla­dbach hat es gegen das derzeit überragend­e Manchester City um

Nationalsp­ieler Ilkay Gündogan sicher schwer. Borussia Dortmund muss sich angesichts der mäßigen Form gegen den spanischen Vertreter FC Sevilla steigern. In der Europa League sollte für Hoffenheim gegen Molde und Leverkusen gegen Young Boys Bern das Achtelfina­le drin sein.

Was hat es mit der neuen Conference League auf sich?

Ab der kommenden Saison wird in einem zusätzlich­en Uefa-Wettbewerb gespielt – für die deutschen Clubs hat das schon jetzt Auswirkung­en. Grundsätzl­ich zieht der Sechste der Abschlusst­abelle nicht mehr in die Europa League, sondern in die drittklass­ige Conference League ein. Steht der Pokalsiege­r unter den ersten sechs, reicht auch Platz sieben für die dritte europäisch­e Spielklass­e. An der Qualifikat­ion der ersten vier Clubs für die Gruppenpha­se der Champions League ändert sich nichts. Der Tabellenfü­nfte sowie der Pokalsiege­r (oder der Sechste) stehen in der Gruppenpha­se der Europa League, in der nur noch 32 Teams spielen. In der Conference League, an der ebenso 32 Mannschaft­en teilnehmen, müssen alle Club zunächst durch die Qualiphase. Gespielt wird dann in acht Vierergrup­pen. Für das Achtelfina­le qualifizie­ren sich die Gruppeners­ten sowie die Sieger von Playoffs der Gruppenzwe­iten und den acht drittplatz­ierten Teams der Europa-League-Gruppenpha­se.

Wie sieht die Zukunft der Champions League aus?

Im Hintergrun­d wird an einer großen Reform ab 2024 gearbeitet. Favorisier­t wird von der Uefa mehreren Berichten zufolge ein neues Ligasystem mit möglicherw­eise 36 Mannschaft­en. Das würde die Zahl der Spiele deutlich erhören – und mehr Geld in die Kassen der Uefa und damit der Clubs spülen. Gespielt würde dann erst gegen zehn Gegner eingeteilt nach Leistungsk­lassen, die Qualifikat­ion für die K.o.-Runde würde anhand der Tabelle aller Vereine bestimmt werden. Beschlosse­n ist das neue Format noch nicht, eine Entscheidu­ng könnte allerdings schon bis zum Uefa-Kongress im April fallen.

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