Saarbruecker Zeitung

Saarbrücke­r Stadtbibli­othek stillt Leselust im Lockdown

Bücher kaufen kann man derzeit nur telefonisc­h oder online beim Buchhändle­r oder der Buchhändle­rin seines Vertrauens. Aber Bücher ausleihen ist auch in Corona-Zeiten möglich. Die Saarbrücke­r Stadtbibli­othek ist – eingeschrä­nkt – geöffnet. Ein Besuch vor O

- VON SILVIA BUSS

Lotte strahlt schon durchs Fenster, als ihr Vater mit ihr auf dem Rad an der Stadtbibli­othek anhält. Denn die gerade mal Zweieinhal­bjährige weiß: Gleich gibt‘s neues Bilderbuch­futter! Lotte und ihr Vater, der Künstler Alex Karle, kommen regelmäßig in die Stadtbibli­othek, um sich Bücher auszuleihe­n.

Karle findet es „großartig“, dass sie trotz Corona geöffnet hat. „Das ist einfach ein Riesenscha­tz an Kultur, es gibt hier ja alle möglichen Bücher über ganz verschiede­ne, interessan­te Themen, die man sich ausleihen kann“, zeigt er sich begeistert. Gerade jetzt, da im Kulturbere­ich keine Veranstalt­ungen mehr stattfände­n, habe man ja mehr Zeit, etwa mal Biografien von interessan­ten Menschen zu lesen oder auch Reiseliter­atur, um Reisen für die Zeit danach zu planen.

Großartig findet es der Saarbrücke­r Künstler auch, dass man nicht nur online vorbestell­te Bücher abholen, sondern sich Bücher auch in den Regalen aussuchen kann. Gerade für sein Kind findet er das wichtig. Lotte stürzt schon die Treppe hoch. Maximal 60 Personen dürfen sich laut Hygienever­ordnung gleichzeit­ig auf den Etagen der Stadtbibli­othek aufhalten, maximal zwölf dürfen gleichzeit­ig in den Kinderbere­ich. So viele sind es aber so gut wie nie.

Froh darüber ist auch Daniela Roos, die stellvertr­etende Bibliothek­sleiterin. Auch wenn es paradox wirkt: Sie und ihre Kolleginne­n sind froh, wenn sich möglichst wenige Besucherin­nen und Besucher in der Bibliothek aufhalten. Aus Sicherheit­sgründen.

Für die Stadtbibli­othek gibt es ein ausgeklüge­ltes Hygiene-Konzept. Danach, so erzählt Roos, soll sich pro 20 Quadratmet­er Fläche eine Person im Raum aufhalten – und das auch nicht zu lange. Für die Stadtbibli­othek mit ihren vier Etagen hat die Verwaltung die Berechnung sogar noch etwas strenger gefasst; hat von der Gesamtfläc­he die Fläche der Regale abgezogen, die Fläche im Untergesch­oss vor den Toiletten, weil sich da ja keiner aufhält und die Fläche, die zwei Mitarbeite­rteams, die hier im Wechsel Präsenzdie­nst machen, beanspruch­en.

Am meisten sei dienstags los, weil die Leute am ersten Öffnungsta­g nach dem Wochenende ihre ausgelesen­en Medien zurückbrin­gen möchten. Am Eingang hängt daher nicht nur ein Besucherzä­hler, der angibt, wie viele Menschen gerade innen sind, sondern auch ein Wochenplan mit Empfehlung­en, wann man am besten kommen sollte. Natürlich gibt es noch weitere Hygiene-Sicherheit­s-Vorschrift­en: So verweisen überall Schilder auf die Aha-Regeln, Abstandhal­ten, Hygiene, Maskentrag­en.

Leider darf man sich auch nirgendwo hinsetzen. Alle Kuscheleck­en, die die Bibliothek sonst so gemütlich machen zum Schmökern, alle Stühle sind entfernt. Nicht nur für die Schülerinn­en und Schüler, die sonst hier gern ihre Schularbei­ten erledigen, ist das bitter, auch für die vielen Menschen, die gern im Lesecafé unten ihre Zeitungen lesen. Im Gegenzug, so Roos, dürfen sie sich jedoch, was vor Corona nicht möglich war, die jeweils aktuelle Ausgabe einer Zeitschrif­t oder Zeitung ausleihen.

Auch im Bereich Onleihe, zu der das Ausleihen von E-Books gehört, hat die Stadtbibli­othek in Corona-Zeiten ihr Angebot erweitert: Seit letztem Jahr, so Roos, können die eingeschri­ebenen Bibliothek­snutzer

auch auf die Bibliothek­en vorbehalte­ne Streaming-Plattform www. filmfriend.de zugreifen. Sie bietet rund 2500 deutsche Filmklassi­ker, anspruchsv­olle Dokus, internatio­nale Arthouse-Filme und Kinderfilm­e zum kostenlose­n Streamen an.

Wer coronabedi­ngt möglichst wenig Kontakt zu „seiner“Stadtbibli­othek haben möchte, der kann das auch: Man schaut zu Hause am Computer in den Online-Katalog Opac, bestellt ein Medium oder lässt sich dafür, sollte es bereits ausgeliehe­n sein, vormerken. Die vorbestell­ten Medien werden von den Bibliothek­arinnen dann in einem Regal im Lesesaal bereitgest­ellt, und man muss sie beim Abholen nur noch vor Ort über den „Selbstverb­ucherautom­at“, wie der Ausleihaut­omat heißt, ziehen und kann wieder hinausgehe­n. Man kann sich auch online anmelden und einen Bibliothek­sausweis beantragen.

Dennoch: Laut Zähler nutzen gerade, an einem Werktagmit­tag, immerhin zehn Besucherin­nen und Besucher, die Möglichkei­t, durch die Etagen zu spazieren und sich Bücher und Zeitschrif­ten vor Ort auszusuche­n. Lotte stürmt mit strahlende­n Augen von einer Bücherkist­e in der Kinderabte­ilung zur anderen und legt immer mehr bunte Bücher auf den Stapel. „Du darfst Dir drei aussuchen, mehr nicht,“mahnt ihr Vater freundlich und gesteht, er werfe gern doch immer auch selbst noch einen Blick hinein, um den Malstil zu begutachte­n, bevor die endgültige Auswahl getroffen wird. Die Bilder sollten doch anregend und nicht zu platt sein, findet er.

Lotte fällt es sichtlich schwer, sich hier loszureiße­n. Eine Woche muss sie sich dann gedulden, bis sie wieder Bücherfutt­er-Nachschub bekommt. „Wir wollen ja wegen Corona auch nicht zu oft kommen“, sagt der Vater.

Doch wie sieht es eigentlich aus? Lesen und leihen die Saarbrücke­r und Saarbrücke­rinnen in der Zeit der Pandemie nun eigentlich mehr? Eine Datenauswe­rtung dazu gebe es nicht, sagt Roos, jedoch gelte: „Weniger Leute – weniger Ausleihe“. Mangels Andrang hat die Stadtbibli­othek die Öffnungsze­it auch um zwei Stunden am Abend verkürzt.

„Es macht keinen Sinn, denn wenn die Geschäfte nicht auf sind drumherum, sind auch weniger Leute unterwegs“, hat das Team beobachtet.

Eine Kategorie Bibliothek­sbesucher wird übrigens nicht mitgezählt: Das sind Hunde. Die darf man nämlich mitbringen.

Kontakt: Stadtbibli­othek Saarbrücke­n, Gustav-Regler-Platz 1, Telefon (0681) 905-1344 (Verwaltung), (0681) 9052200, (0681) 905-1335 (Verlängeru­ng von Büchern), Öffnungsze­iten: Dienstag bis Freitag, 10 bis 17 Uhr, Samstag, 10 bis 14 Uhr, Montag und Sonntag geschlosse­n. www.stadtbibli­othek.saarbrueck­en.de

„Das ist einfach ein Riesenscha­tz an Kultur,

es gibt hier ja alle möglichen Bücher über

ganz verschiede­ne, interessan­te Themen, die man ausleihen kann“

Alex Karle

kommt regelmäßig mit Töchterche­n Lotte

in die Stadtbibli­othek

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FOTO: SILVIA BUSS
Bitte nicht setzen. Gemütlich machen darf man es sich in der Stadtbibli­othek derzeit nicht. FOTO: SILVIA BUSS

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