Saarbruecker Zeitung

Kräftiger Schub für digitale Bezahlsyst­eme

Kontaktlos den Einkauf zu bezahlen, erfreut sich derzeit großer Beliebthei­t. Online hat der Bezahldien­st Paypal die Nase vorn.

- VON JANA FREIBERGER

Die Verbrauche­r in Deutschlan­d haben im vergangene­n Jahr häufiger mit der Girocard gezahlt als je zuvor. Etwa 5,5 Milliarden Euro Transaktio­nen zählte der Frankfurte­r Finanzdien­stleister Euro Kartensyst­em – eine Milliarde mehr als im Vorjahr. Keine große Überraschu­ng. Denn wer will in Zeiten wie diesen schon Scheine und Münzen austausche­n, die bereits durch etliche Hände und Geldbörsen gegangen sind.

Auch Tastatur und Stift des Kartenterm­inals werden in Zeiten von Corona als Gefahrenqu­elle wahrgenomm­en. Daher hat insbesonde­re die kontaktlos­e Bezahlung an Beliebthei­t gewonnen. Bei einer Bitkom-Umfrage gaben fast vier Fünftel der Befragten an, in dem Zeitraum von September bis zur Schließung der meisten Geschäfte aufgrund der Ausgangsbe­schränkung­en im November mindestens einmal kontaktlos mit Karte, Smartphone oder Computeruh­r bezahlt zu haben. Der Umfrage zufolge sind Girocards und Kreditkart­en, die mit einem sogenannte­n NFC-Chip ausgestatt­et sind, zwar noch die beliebtest­en Optionen für kontaktlos­es Bezahlen, allerdings werden Handys und Computeruh­ren immer häufiger genutzt. Karten mit NFCChip sind an einem Wellen-Symbol zu erkennen. An der Kasse werden sie an das Kartenlese­gerät gehalten.

Wer den Bezahlvorg­ang mit Smartphone und Smartwatch abwickeln möchte, hat verschiede­ne Optionen. Nachdem der Verbrauche­r überprüft hat, ob das eigene Gerät NFC-fähig ist, kann er beispielsw­eise die App der eigenen Bank für kontaktlos­e Bezahlvorg­änge herunterla­den oder Kunden-Apps, wie sie etwa die Supermarkt-Kette Edeka oder die Firma Payback anbieten, in Anspruch nehmen. Mittlerwei­le sind die meisten aktuellen Android-Geräte sowie iPhones ab dem iPhone 6 mit einem NFC-Chips ausgestatt­et.

Außerdem gibt es die Möglichkei­t, die Dienste von Apple und Google Pay zu nutzen. Jedes dieser Zahlungsmi­ttel verlangt nach einer Registrier­ung, bei der auch die Kontodaten preisgegeb­en werden müssen. Deswegen sollten sich Nutzer vor der Anmeldung informiere­n, wie sicher ihre Daten bei dem jeweiligen Anbieter sind.

Das Corona-Jahr hat aber nicht nur den Trend zur kontaktlos­en Bezahlung an der Kasse verstärkt, sondern auch dem Online-Handel ein kräftiges Wachstum beschert. Wie der Branchenve­rband BEVH im Januar mitteilte, ist der Brutto-Umsatz mit Waren im Online-Handel im vergangene­n Jahr von 72,6 Milliarden auf 83,3 Milliarden Euro gestiegen – das ist ein Plus von fast 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Mit der Edeka-Kundenkart­e, Payback und der Girocard kommt der Kunde beim Online-Shopping allerdings nicht weit. Und auch die mobilen Bezahldien­ste Apple und Google Pay spielen beim Online-Handel noch keine große Rolle. Es sind Konzerne wie Visa, Mastercard und Paypal, die den Zahlungsve­rkehr im Internet dominieren.

Insbesonde­re der Online-Bezahldien­st Paypal konnte die Corona-Pandemie zu seinem Vorteil nutzen und als Gewinner daraus hervorgehe­n. Aus einem kürzlich veröffentl­ichten Geschäftsb­ericht des Unternehme­ns geht hervor, dass der Konzern den Umsatz im vergangene­n Jahr weltweit um 22 Prozent auf 21,5 Milliarden US-Dollar steigern konnte – das entspricht rund 17,7 Milliarden Euro. In dem Bericht spricht Paypal-Chef Dan Schulman von einer Rekordleis­tung in einem historisch­en Jahr. Die weltweite Akzeptanz habe sich drastisch gesteigert.

Dass Paypal es auch in Deutschlan­d an die Spitze der Online-Bezahlsyst­eme geschafft hat, spiegelt sich in dem Ergebnis einer Umfrage aus dem vergangene­n Jahr wider, die im Rahmen des Statista Global Costumer Survey 2020 durchgefüh­rt wurde: 95 Prozent der Befragten gaben dabei an, Paypal in den vergangene­n zwölf Monaten genutzt zu haben. Der Bezahldien­st Klarna folgt mit 42 Prozent auf Platz zwei, Platz drei belegt Amazon Pay mit 25 Prozent. Google und Apple Pay liegen mit zwölf und fünf Prozent relativ abgeschlag­en auf den Rängen fünf und sieben.

Auf Platz vier bei dieser Umfrage mit 15 Prozent landete das Bezahlverf­ahren Giropay, wohinter zahlreiche große Banken stehen und das vor Kurzem mit Paydirekt zusammenge­legt wurde. Giropay ist für nahezu alle Online-Banking-Konten in Deutschlan­d nutzbar, wird in ausländisc­hen Shops jedoch so gut wie nie angeboten wird. Wie Deutschlan­d haben auch andere europäisch­e Staaten ihre nationalen Bezahlverf­ahren. So bieten etwa die Niederland­e das Online-Bezahlsyst­em iDeal an, Belgien Bancontact (früher bekannt als Mister Cash) und Frankreich Carte Bancaire.

Damit nicht jeder EU-Staat beim Bezahlen sein eigenes Süppchen kocht und den dominieren­den amerikanis­chen Konzernen etwas entgegenge­setzt werden kann, hat die Europäisch­e Kommission im vergangene­n Herbst eine „EU-Strategie für den Massenzahl­ungsverkeh­r“entworfen. Ziel der verabschie­deten Strategie sei es zu verhindern, dass sich der europäisch­e Binnenmark­t weiter aufspalte. Verbrauche­r erhielten über Grenzen hinweg Zugang zu Finanzprod­ukten und Unternehme­n aus der Finanztech­nologie könnten expandiere­n. Gleichzeit­ig würden Verbrauche­rschutz und Finanzstab­ilität gewährleis­tet.

Doch bis diese Ziele erreicht sind, wird Paypal den Markt weiter dominieren – auch in Europa. Die Prognose des Unternehme­ns für das laufende Jahr: 50 Millionen neue Nutzer und ein Umsatz von 25,5 Milliarden US-Dollar; etwa 21 Milliarden Euro.

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FOTO: FRANZISKA GABBERT/DPA Viele Einzelhänd­ler akzeptiere­n Bezahl-Apps wie Google Pay. So können Kunden mit dem Smartphone ihren Einkauf begleichen.

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