Saarbruecker Zeitung

Saar-Ministerin nach Kritik an Ärzten unter Druck

„Peinlich“, „großer Schaden“– Gesundheit­sministeri­n Monika Bachmann sieht sich mit Vorwürfen anderer Parteien konfrontie­rt. Sie bleibt bei ihren Aussagen.

- VON DANIEL KIRCH

(kir) In der Debtte um über 100 geplatzte Impfungen von medizinisc­hem Personal mit dem Astrazenec­a-Impfstoff am Samstag wehrt sich Gesundheit­sministeri­n Monika Bachmann (CDU) gegen Kritik. Sie bekräftigt­e ihre Einschätzu­ng, dass vor allem mangelnde Akzeptanz des Vakzins dazu geführt habe, dass mehr als jeder zweite Termin nicht wahrgenomm­en wurde. Sie habe mehr als 50 Abmeldunge­n erhalten, sagte sie. Die Kassenärzt­liche Vereinigun­g hatte die Ausfälle hingegen auf Probleme bei Einladunge­n zurückgefü­hrt. Linke und Jusos forderten eine Entschuldi­gung der Ministerin, die SPD warf Bachmann vor, sie schüre die Akzeptanzp­robleme selbst.

Am Aschermitt­woch ist normalerwe­ise alles vorbei, aber für Gesundheit­sministeri­um Monika Bachmann (CDU) ging der Ärger erst richtig los. Nach ihrer Aussage über Ärzte und ihre Mitarbeite­r, die am Samstag angeblich über 100 Impftermin­e platzen ließen, fordern Linke und Jusos eine Entschuldi­gung der 70-Jährigen. Der Koalitions­partner SPD wirft Bachmann vor, „großen Schaden“für die Akzeptanz des Impfstoffs Astrazenec­a angerichte­t zu haben.

Was war passiert? CDU-Politikeri­n Bachmann hatte am Montag im Landtag und in einer Pressemitt­eilung mit scharfen Worten verurteilt, dass am Samstag 54 Prozent von 200 Impftermin­en für medizinisc­hes Personal nicht wahrgenomm­en worden waren. „Ich empfinde es als höchst unsolidari­sch gegenüber allen, die auf einen Impftermin warten – insbesonde­re, weil ein Teil der Absagen ohne Begründung erfolgt ist“, hatte Bachmann gewettert. Als Grund nannte sie ein bundesweit­es „Akzeptanzp­roblem“für den Impfstoff Astrazenec­a, „hauptsächl­ich aus dem medizinisc­hen Bereich“. Dabei blieb sie vom Grundsatz her am Mittwoch. „Ich habe keinen Fehler gemacht“, sagte Bachmann am Mittwoch auf Nachfrage der SZ. „Ich entschuldi­ge mich nicht für etwas, was ich nicht getan habe.“Sie sei am Samstag von den ärztlichen Leitern der Impfzentre­n in Neunkirche­n und Saarbrücke­n sowie von einem führenden Mitarbeite­r von PwC, der sich um das Termin-Management kümmert, über den Ausfall der vielen Termine informiert worden.

Bachmann hielt technische Probleme bei der Terminverg­abe, wie sie die Kassenärzt­liche Vereinigun­g (KV ) als Hauptgrund für die geplatzten Impftermin­e angab („Offenbar hat die Einladung zum Termin nicht funktionie­rt“), für möglich. Das könne sie nicht überprüfen, sagte Bachmann. Sie gehe aber davon aus, dass alle die Einladung – wenn auch kurzfristi­g – bekommen hätten, das sei ihr von dem privaten Dienstleis­ter berichtet worden. Ein Teil der eingeladen­en Ärzte und Mitarbeite­r habe sich aber von dem Termin abgemeldet mit der Begründung, sie wollten Astrazenec­a nicht. Bachmann berichtete von rund 50 solcher Abmeldunge­n, einige persönlich bekannte Ärzte hätten sie auch direkt angerufen. „Ich habe gespürt, dass es Akzeptanzp­robleme gibt.“Sie könne aber niemanden zwingen.

Bachmann sagte, wenn es tatsächlic­h Probleme bei den Einladunge­n gegeben haben sollte, solle die KV dem Ministeriu­m die Namen der betroffene­n Ärzte und Mitarbeite­r nennen. Dann werde man kurzfristi­g einen Sonderterm­in für Impfungen veranstalt­en.

Am Dienstag hatte das Ministeriu­m die katastroph­ale Beteiligun­g an dem Impftermin für niedergela­ssene Ärzte und ihre Mitarbeite­r mit dem Impfstoff von Astrazenec­a wie folgt begründet: Die Termine seien kurzfristi­g vergeben worden. „Wie eine Rückfrage ergab, baten einige um eine Terminvers­chiebung, andere hatten bereits einen selbst organisier­ten Impftermin oder lehnten eine Impfung ab.“Für technische Probleme bei den Einladunge­n zu den Samstag-Terminen (und wohl auch am Montag) spricht aber, dass am Freitag und Dienstag keine Auffälligk­eiten bei den Astrazenec­a-Impflingen festgestel­lt wurden.

Am Freitag wird sich Bachmann nun im Landtag erklären müssen. Dann steht im Gesundheit­sausschuss der von der Linken beantragte Punkt „Bericht über Organisati­onspannen im Gesundheit­sministeri­um auf der Tagesordnu­ng. Für die Linke steht das Urteil bereits fest. Für „peinlich“hält Jochen Flackus, Parlamenta­rischer Geschäftsf­ührer der Linksfrakt­ion im Landtag, die Vorgänge rund um den Impftermin am Samstag. „Nachdem nun klar ist, dass ein Organisati­ons-Chaos im Ministeriu­m schuld ist, ist es Zeit, dass sich die Ministerin bei den zu Unrecht

von ihr angegriffe­nen Ärzten und Mitarbeite­rn entschuldi­gt“, sagte Flackus.

Auch die Jusos forderten eine Entschuldi­gung. Bachmanns Aussage reihe sich „in eine lange Kette von Fehlern“des Ministeriu­ms ein, sagte die Landesvors­itzende Kira Braun.

Die SPD verzichtet­e zwar darauf, eine Entschuldi­gung zu fordern. Generalsek­retär Christian Petry machte der CDU-Ressortche­fin dennoch Vorwürfe: Mit ihrem „Kommunikat­ions-Wirrwarr“habe sie selbst jene Akzeptanzp­robleme für den Impfstoff Astrazenec­a geschürt, die sie fälschlich­erweise als Grund für die ausgefalle­nen Impftermin­e genannt habe. „Organisati­onsfehler sind entschuldb­ar“, sagte Petry, „wer aber andere verurteilt, obwohl der Fehler offenbar bei einem selbst liegt, muss dies zumindest öffentlich klarstelle­n.“

Die saarländis­che FDP legte Ministerpr­äsident Tobias Hans (CDU) personelle Konsequenz­en nahe. „Das Saarland hat sich dank Frau Bachmann bundesweit blamiert“, erklärte Landesvize Helmut Isringhaus. Es könne nicht sein, dass sie die groben Fehler bei der Terminkoor­dination auf das medizinisc­he Personal abwälze.

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FOTO: BECKERBRED­EL Gesundheit­sministeri­n Monika Bachmann (CDU) sieht sich weiter im Recht.
 ?? FOTO: BECKERBRED­EL ?? Gesundheit­sministeri­n Monika Bachmann (CDU) kritisiert­e in der Plenarsitz­ung des Saarländis­chen Landtages am Montag die Impfbereit­schaft von medizinisc­hem Personal. Dafür bekommt sie nun Kritik.
FOTO: BECKERBRED­EL Gesundheit­sministeri­n Monika Bachmann (CDU) kritisiert­e in der Plenarsitz­ung des Saarländis­chen Landtages am Montag die Impfbereit­schaft von medizinisc­hem Personal. Dafür bekommt sie nun Kritik.

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