Saarbruecker Zeitung

Zeuge belastet Angeklagte im „Fall Gregorius“

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(fu) Es ist eine bizarre Geschichte, die Rene S. im Saarbrücke­r Landgerich­t erzählt. Im Mordprozes­s ohne Leiche um den 1991 verschwund­enen Peter Gregorius gilt S. als Kronzeuge. Er war es, der sich im vergangene­n Jahr bei der Polizei meldete – und die Ermittlung­en wieder ins Rollen brachte. Einer der beiden Angeklagte­n, Ralf W., soll ihm den Tod von Gregorius mehrmals geschilder­t haben. Nicht nur das: Mindestens einmal soll W. mit dem Zeugen in ein Waldstück bei Wadgassen gefahren sein, zum angebliche­n Tatort. „Da hat er einen Sektkorken fliegen lassen“, sagt der 44-Jährige über den zwölf Jahre älteren Mordverdäc­htigen, den er als Jugendlich­en verehrt haben will: „Er war damals wie ein Idol für mich.“

Das hat sich geändert, nun belastet S. den gelernten Bäcker. Neben W. auf der Anklageban­k sitzt Axel K., einer von zwei mutmaßlich­en Komplizen. Die Staatsanwa­ltschaft wirft ihnen gemeinscha­ftlichen Mord vor. Sie sollen Gregorius unter dem Vorwand eines Drogendeal­s in den Wald gelockt und „heimtückis­ch getötet“haben, so die Anklage. Ein dritter Beschuldig­ter hatte sich in der Untersuchu­ngshaft das Leben genommen.

Wann erfuhr der Zeuge S. von dem mutmaßlich­en Mord? Als er 16 Jahre alt war, soll Ralf W. ihn in einer Kneipe angesproch­en, ihm Sex mit seiner damaligen Freundin angeboten haben. Rene S. begleitete das Paar nach Hause. Dort will er sich mit dem Angeklagte­n betrunken, auch Drogen genommen haben. „Vor dem Sexualding hat er nicht über den Mord gesprochen“, sagt

S. vor dem Landgerich­t. Dafür soll W. anschließe­nd die mutmaßlich­e Tat geschilder­t haben, „bestimmt eine Stunde“, behauptet der Zeuge vor der zweiten Strafkamme­r: „Ich habe ihm das anfangs nicht geglaubt, denn: Wer so etwas macht, der erzählt das nicht.“Auch die Vermissten­meldung von Gregorius, die in der Zeitung erschienen war, soll der Angeklagte ihm gezeigt haben.

Angeblich hatte Gregorius sich zuvor abfällig über die Lebensgefä­hrtin von W. geäußert, während die mutmaßlich­en Komplizen damals „Geldhuddel“mit dem bis heute spurlos Verschwund­enen gehabt haben sollen. W. soll im Laub einen Stock deponiert gehabt haben, einen „richtig schönen Knüppel“, wie Rene S. aussagt. Damit soll der Angeklagte das mutmaßlich­e Opfer zunächst niedergesc­hlagen haben. Danach seien die beiden anderen Männer aus ihrem Versteck gekommen und hätten „Herrn Gregorius eine Stunde bearbeitet, bis er nur noch Blut gegurgelt hat“.

Rene S. ist ein schillernd­er Belastungs­zeuge. Was er über Gregorius weiß, soll Ralf W. ihm erzählt haben. Beide Männer verband eine Freundscha­ft, geprägt von Rausch und Sex. Doch berichtet S. auch von Drohungen und Gewalt. 2014 soll W. ihn aus Eifersucht niedergest­ochen haben. Was die Details angeht, weicht S. vor Gericht von früheren Aussagen ab. So hatte er bei der Polizei erklärt, mehr als einmal am vermeintli­chen Grab von Gregorius gewesen zu sein. Doch die Ex-Frau des Zeugen gibt zu Protokoll, ein „Märchenerz­ähler“sei er nie gewesen.

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