Jerusalema kommt viele teuer zu stehen
Die Tanzvideos zum Lied „Jerusalema“waren ein Hit im Internet. Jetzt folgt das böse Erwachen, denn der Musikverlag verlangt Lizenzgebühren.
Corona zieht die Stimmung runter – „Jerusalema“, ein Hit des afrikanischen DJ Master KG sollte wieder für gute Laune sorgen. Viele Krankenpfleger, Feuerwehrleute und Polizisten machten mit. Doch die Freude über den Stimmungsmacher wird derzeit von Post des Musikverlages Warner Music getrübt. Darin fordert das Label nachträglich Lizenzgebühren. Das sorgt nicht nur bei den Beteiligten für Ärger. In sozialen Netzwerken fragen sich die Nutzer nach den Gründen.
Das Originalvideo des Musiktitels wurde mittlerweile 340 Millionen Mal auf der Videoplattform Youtube angeklickt. Die Teilnehmer der sogenannten Jerusalema-Challenge wollten Hoffnung und Freude in der schwierigen Corona-Zeit verbreiten. Sie haben zu dieser Musik eigene Choreografien präsentiert. Auch aus dem Saarland nahmen mehrere Kliniken teil und stellten Videos ins Internet, in denen Ärzte und Pflegekräfte gemeinsam tanzten.
Dafür hatten sie sich vor und nach Feierabend getroffen, um den Tanz einzustudieren und die Videos zu drehen. Das Argument „Wir möchten Freude verbreiten und zeigen, dass wir auch schwere Zeiten überstehen können“war der ausschlaggebende Punkt, dass auch die Knappschaftskliniken in Püttlingen und Sulzbach mitmachten. Auch am Klinikum Saarbrücken wurde mitgetanzt (wir berichteten). Das Video aus Püttlingen und Sulzbach habe aktuell auf den Plattformen Youtube und Facebook insgesamt 89 000 Aufrufe, berichtet Peter Böhnel, Leiter der Unternehmenskommunikation der Knappschaftskliniken Saar.
Bisher gab es keine Forderungen des Musikverlages Warner Music an die saarländischen Kliniken. Doch die Saarbrücker Klinik habe präventiv die Videos abgeschaltet, erklärt Sprecherin Rebecca Rech. Der Sprecher der Knappschaftskliniken berichtet auf Anfrage unserer Zeitung, als der Aufruhr um die Forderungen des Labels begann, seien die Knappschaftskliniken zunächst auf die Verwertungsgesellschaft Gema zugegangen. Die Klinik war davon ausgegangen, mit den Gebühren, die an die Gema gezahlt worden waren, seien auch die Lizenzgebühren an Warner Music abgedeckt. Doch das war ein Irrtum, wie die Gema den Knappschaftskliniken mitteilte. „Ein Synchronisationsrecht, also ein Recht mit dem Song ‚Jerusalema’ ein eigenes Musikvideo herzustellen, vergibt die Gema nicht“, erklärt der Kölner Medienanwalt Christian Solmecke. Die Knapptschaftskliniken hätten sich entschlossen, direkt auf Warner Music zuzugehen, erklärt Klinik-Sprecher Böhnel. „Wir wollten von Anfang an die Gebühren an Warner zahlen, damit die Künstler ihre Tantiemen erhalten.“Noch gebe es keine Antwort. Die Videos der Knappschaftskliniken blieben weiter im Internet.
Andere Teilnehmer der Jerusalema-Challenge haben sich jedoch entschlossen, die Videos offline zu schalten wie auch das Klinikum Saarbrücken. Dort herrsche derzeit Unsicherheit, berichtet Sprecherin Rebecca Rech: „Wir sind dabei, unser weiteres Vorgehen zu prüfen und nehmen aktuell die Videos nach und nach vom Netz, bis wir Klarheit haben.“ Auf der deutschen Facebookseite des Musiklabels Warner Music hagelt es indes Kritik. Die Nutzer sprechen von „Abzocke“und moralischen Bedenken. Auch Vorwürfe, dass der Musikverlag nach der „kostenlosen Werbung“nun mit Lizenzgebühren doppelt abkassiere, stehen im Raum. Einige Facebook-Mitglieder kündigten an, den Verlag zu boykottieren und keine Musik mehr von Warner Music zu kaufen.
„Natürlich ist es das gute Recht von Warner Music dagegen vorzugehen“, erklärt Solmecke. Wer ein Musikstück ohne nachzufragen über das Internet
verbreitet, verstoße gegen das Urheberrecht. „Wer ein Video veröffentlicht, in dem das Lied zu hören ist und dazu getanzt wird, hätte vorher eine entsprechende Lizenz für die Nutzung erwerben müssen“, erklärt Solmecke. „Bisher haben hauptsächlich Organisationen und Behörden Post von Warner Music erhalten. Eine Privatperson, die ein Video von ihrer Teilnahme an der Tanz-Challenge veröffentlicht hat, darf sich aber nicht in Sicherheit wiegen.“Der Medienanwalt rät daher, „das eigene Video von der Tanz-Challenge so schnell wie möglich von Internetplattformen wie Youtube und Co. zu entfernen.“Dennoch halte er das Verhalten des Musikverlages für moralisch fragwürdig. Das Lied sei erst durch die vielen Tanzvideos populär geworden.
„Wir wollten von Anfang an die Gebühren an Warner zahlen, damit
die Künstler ihre Tantiemen erhalten.“
Peter Böhnel Leiter der Unternehmenskommunikation
der Knappschaftskliniken Saar