Samstags in der Schule Stoff nachholen?
Die CDU-Fraktion im Saar-Landtag stellt ein freiwilliges Förderangebot für Schülerinnen und Schüler zur Diskussion.
Dass das Distanzlernen über so viele Wochen ohne Spuren an den Kindern und Jugendlichen vorübergeht – das behauptet keiner. Der Bedarf an Förderung wird zunehmen. In diesem Punkt sind sich Lehrer, Eltern wie Politik einig. Nur wie können entstandene Lernlücken geschlossen werden? Viele Vorschläge stehen zur Diskussion, zuletzt die Ferienschulen. Nach Plänen von Saar-Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot (SPD) gehe es auch um integrative Förderstunden wie die zeitweise Aufteilung von Lerngruppen am Vormittag. Klar ist: „An den Schulen benötigen wir deutlich mehr Ressourcen als bisher“, sagte die Ministerin vergangene Woche und betonte, dass sie 300 zusätzliche Lehrerstellen schaffen will (wir berichteten).
Die CDU-Fraktion im saarländischen Landtag bringt nun mit den so genannten „Lernbrücken“ein eigenes Konzept in die Diskussion ein. Dabei sind die Ansätze nicht neu, ähneln sie doch in vielen Punkten den Vorschlägen, die schon im Raum stehen. Es handelt sich um ein freiwilliges Förderangebot für alle Schulformen. Vorrangig sollen zuerst die Grundschüler, anschließend die Klassenstufen 5 und 6 sowie die Abschlussjahrgänge der weiterführenden Schulen und dann die Prüfungsjahrgänge an den beruflichen Schulen zum Zuge kommen.
Man könne nicht hinnehmen, dass aktuelle Schülergenerationen mit dem Stempel „Corona-Jahrgänge“die Defizite durch ihre gesamte Bildungslaufbahn mitschleppten, sagen die hochschul- und bildungspolitischen Sprecher der CDU-Fraktion, Jutta Schmitt-Lang und Frank Wagner. Es brauche ein kontinuierliches Aufarbeitungsprogramm von Lerndefiziten über einen längeren Zeitpunkt. „Es ist wichtig, dass mit der Vorbereitung eines solchen Unterstützungsangebotes nun direkt begonnen wird, damit mit der Öffnung unserer Schulen ein Konzept wie die ‚Lernbrücken‘ im Saarland umgesetzt werden kann.“Im besten Fall soll das Angebot nach den Osterferien starten und auch Grundsteine für das nächste Schuljahr legen.
Die „Lernbrücken“könnten samstags stattfinden, in der Schule. Jeweils zwei Stunden, von 9 bis 11 und von 11 bis 13 Uhr. Und das durchgehend bis zu den Sommerferien. Alternativ böten sich auch Nachmittage unter der Woche an. Das sollen die Schulen individuell entscheiden. Wichtig sei nur, „Ruhe in den Vormittag zu bringen“, sagen Schmitt-Lang und Wagner – deswegen der „additive Ansatz“am Nachmittag oder Wochenende. Maximal sieben Schüler sollen in einer festen Gruppe sitzen. Zusätzlich soll es eine „Kompaktwoche“in den großen Ferien geben, in der fünften oder sechsten Woche. Schwerpunkte sollen die Kernfächer und die für die Prüfungen relevanten Fächer sein.
Statt der Lehrkräfte sollen pensionierte Lehrer, Studierende, Oberstufenschüler sowie Fachkräfte der Nachhilfe-Institute und aus der Erwachsenenbildung die Kurse leiten. Und das auf Honorarbasis, bezahlt aus Landesmitteln. Die Lehrer sollen den Lernbrücken-Fachkräften nach Möglichkeit Impulse zu den Stoff-Schwerpunkten liefern.
Um die Kurse möglichst zu zentralisieren, soll es nach Ansicht der CDU-Fraktion in jeder Kommune mindestens einen Standort geben. Die Landkreise könnten nach Abstimmung mit dem Bildungsministerium die Organisation der Kurse übernehmen. Überhaupt ist es der Fraktion wichtig, dass die Lernbrücken unter der Aufsicht des Ministeriums stattfinden. Das sei neben dem Abschluss von Honorarverträgen
auch dafür verantwortlich, zusätzliches Personal durch Ausschreibung heranzuziehen. Zudem solle es über Anschreiben und Flyer Schüler und Eltern umfassend über das Angebot informieren. Sollte es Schülern mit Förderbedarf nicht möglich sein, an den Lernbrücken vor Ort teilzunehmen, soll es diese auch als Online-Angebot geben.
Lerndefizite sind aber nicht das einzige Problem. Wie groß die psychische Belastung der Kinder nach den wochenlangen Einschränkungen
ist, ist noch unklar. Streichert-Clivot will daher dringend die Schulsozialarbeit und die Zusammenarbeit mit der Jugendhilfe weiter ausbauen. Für die Christdemokraten bedarf es aber weiterer Experten. Daher begrüßen sie den Vorstoß der Saar-Grünen, die mehr Schulpsychologen fordern. Laut einer Studie der Uniklinik Hamburg-Eppendorf zeige jedes dritte Kind infolge der Auswirkungen der Pandemie psychische Auffälligkeiten. „Wichtig ist jetzt, alles zu unternehmen, damit Erkrankungen und Therapiebedarf gar nicht erst entstehen. Eine wichtige Rolle spielen dabei psychosoziale Dienste wie der schulpsychologische Dienst“, sagt Jeanne Dillschneider, stellvertretende Landesvorsitzende der Saar-Grünen. Nach Angaben des Berufsverbands Deutscher Psychologinnen und Psychologen kommen auf eine Psychologiestelle in Vollzeit 4934 Schüler. Zum Vergleich: In Skandinavien seien es zwischen 500 und 800, sagt Dillschneider.
„Wir wollen dadurch
Ruhe in den Vormittag bringen.“ Jutta Schmitt-Lang und Frank Wagner
CDU-Fraktion im Saar-Landtag