Saarbruecker Zeitung

Saarland gibt Frankreich Tipps für Schlichtun­g unter Nachbarn

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(ter) Das Saarland hat damit schon 20 Jahre Erfahrung – in Frankreich gibt es ein solches Gesetz erst seit einem Jahr. Bei bestimmten Zivilstrei­tigkeiten wie einem Streit unter Nachbarn sollen durch Schlichtun­gsversuche Gerichtsve­rfahren vermieden werden. Hierzuland­e gibt es eine ähnliche Regelung, festgeschr­ieben im Landesschl­ichtungsge­setz aus dem Jahr 2000. Das französisc­he Justizmini­sterium möchte von den Erfahrunge­n profitiere­n und hat ein Projekt aufgelegt. Das wird begleitet von den Universitä­ten in Erlangen-Nürnberg und Saint-Étienne – mit „Zwischenst­opp“im Saarland.

Wie Justizstaa­tssekretär Roland Theis (CDU) erklärt, sollen Schiedsleu­te, Anwälte, Rechtspfle­ger, Richter und Bürger befragt werden. Im Saarland gebe es pro Jahr rund 400 Verfahren, von denen etwa die Hälfte durch eine Schlichtun­g und einen Vergleich beendet werden könnten. „Das ist schon eine Hausnummer. 200 Nachbarn, die sich nicht mehr streiten“, sagt Theis. Er erhoffe sich,

„den ein oder anderen Kenntnisge­winn für die französisc­hen Kollegen mitbringen zu können“. Das Projekt läuft bis Mai 2023.

Ein weiteres Projekt, das im Saarland anläuft, ist der mögliche Einsatz von Chatbots in den Rechtsantr­agsstellen. Dafür zeichnet das

Bundesmini­sterium der Justiz und für Verbrauche­rschutz verantwort­lich. Das sei an das Saarland herangetre­ten, weil hier mit dem „Amtsgerich­t 4.0“und der digitalen Präsenz im Gerichtssa­al mit Videokonfe­renzen bereits zwei Forschungs­projekte zur schrittwei­sen Digitalisi­erung in der Justiz laufen, erklärt Theis.

Rechtsantr­agsstellen „sind für die Rechtssuch­ende die erste Anlaufstel­le“.

Die Mitarbeite­r nehmen Klagen und einstweili­ge Verfügunge­n entgegen. Sie beantworte­n auch Fragen, wie man zum Beispiel formgerech­t Anträge stellt. Künftig könnten das so genannte Chatbots übernehmen. Bürger können ihre Fragen rund um die Uhr in Textfelder auf der Webseite eintippen. Statt eines Menschen antwortet dann eine Künstliche Intelligen­z (KI). Im besten Fall müssten die Bürger nicht mehr vor Ort beim Amtsgerich­t erscheinen, erklärt Theis. Dafür müssen aber zuerst die Anforderun­gen an ein solches System erforscht werden. Das Justizmini­sterium werde in Zusammenar­beit mit den Amtsgerich­ten Homburg und Ottweiler sowie Rechtsinfo­rmatikern der Saar-Uni diese erarbeiten und in einem Katalog zusammenfa­ssen. Finanziert wird das Projekt vom Bundesmini­sterium.

„Wir wollen die menschlich­e Komponente nicht ersetzen. Denn am Ende des Tages werden alle Entscheidu­ngen von einem Menschen getroffen“, sagt Theis. „Aber wir könnten damit vieles vorsortier­en.“

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FOTO: MAR
KUS LUTZ
Saar-Justiz-Staatssekr­etär Roland Theis (CDU) FOTO: MAR KUS LUTZ

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