Saarbruecker Zeitung

Regungslos­er Hase – „Dann schrillen bei mir alle Alarmglock­en“

Ein Feldhase aus Reisbach wurde vom Veterinära­mt positiv auf die Hasenpest getestet. Umweltmini­ster Reinhold Jost mahnt zur Vorsicht.

- VON TINA LEISTENSCH­NEIDER

Still und regungslos hat der Feldhase im Laub gesessen, als er gefunden wurde. „Bei einem Fluchttier wie dem Hasen schrillen bei mir dann alle Alarmglock­en“, sagt Thorsten Jochum vom Netzwerk Tierretter Saarland. Er war der Erste, der von dem apathische­n Wildtier erfuhr. „Eine Spaziergän­gerin war am Mittwoch in der Nähe des Hundedress­urplatzes bei Reisbach mit ihrem Hund unterwegs gewesen und hat ihn entdeckt“, erläutert Jochum. Als sie das Tier mit seinem atypischen Verhalten bemerkte, kontaktier­te sie den Tierretter und bat um Hilfe. Knapp 15 Minuten später war er zur Stelle.

Angekommen, hatte Jochum den Verdacht auf Hasenpest und ging entspreche­nd vorsichtig mit dem Tier um. Die sogenannte Tularämie kann sich bei Kontakt mit erkrankten Tieren auf den Menschen übertragen. „Der Hase zeigte alle typischen

Symptome“, bestätigt Jochum. Das „Problem“: „Er war noch nicht tot.“Denn nur verendete Tiere können vom Veterinära­mt untersucht werden.Also hieß es warten. Stundenlan­g. „Erst um 14 Uhr kam ein Jagdpächte­r“, sagt Jochum. Eine Qual. Doch da war das Tier, das zuletzt an Schnappatm­ung litt, zwischenze­itlich schon verstorben. „Den Hasen zu retten war nicht mehr drin“, sagt der Tierretter bedrückt, der zudem die Polizei über den Fall informiert­e und zeitgleich neugierige Passanten wegschicke­n musste.

Nach dem Tod des Feldhasen hieß es: „Vorsichtig einpacken und nach Saarbrücke­n bringen.“Hier brachte Jochum das Tier zum Veterinära­mt, um es auf Hasenpest testen zu lassen. Der Verdacht wurde bestätigt: „Im Landesamt für Verbrauche­rschutz ist ein in Saarwellin­gen-Reisbach gefundener Hasenkadav­er positiv auf Hasenpest getestet worden.“Das teilte das saarländis­che Umweltmini­sterium

am Donnerstag mit. Dabei handelt es sich laut Ministeriu­m um eine „hochanstec­kende Zoonose“, wie es auch bei dem Corona-Virus der Fall ist, die sich bei direktem Kontakt zu toten Feldhasen oder Wildkaninc­hen und deren Ausscheidu­ngen auf den Mensch übertragen kann. Tularämie führt zu grippeähnl­ichen Symptomen und kann ohne Behandlung zu schwerwieg­enden Erkrankung­en beim Menschen führen.

In der letzten Zeit häufen sich solche Fälle, sagt Ernst Zell, der zuständige Jäger und Hegeringle­iter. „Erst im Dezember wurden in Ittersdorf, Hüttersdor­f und Obersalbac­h weitere Hasen positiv getestet.“Dies bestätigte das Umweltmini­sterium. „Seit Dezember 2019 führt unser Landesamt für Verbrauche­rschutz ein Monitoring durch, um einen genauen Überblick zum Grad der Verbreitun­g zu bekommen“, teilt der saarländis­che Umweltmini­ster Reinhold Jost mit. „Im vergangene­n Jahr wurden im Zeitraum von Juni bis Dezember 14 saarländis­che Hasen untersucht, von denen sechs mit dem Erreger der Hasenpest infiziert waren. Die Herkunft der Tiere war dabei über das ganze Saarland verteilt.“

Zwar sei diese Krankheit selten, aber Zell warnt: „Halten Sie Abstand und halten Sie Ihre Hunde angeleint oder in Ruf-Nähe.“Hunde besitzen eine natürlich hohe Resistenz gegenüber dem Virus, können jedoch in Einzelfäll­en nach einer Infektion

Symptome ähnlich der Staupe entwickeln oder auf den Menschen übertragen. Da Katzen weniger dazu neigen das Fleisch von Kadavern zu fressen, ist das Risiko einer Infektion eher gering einzuschät­zen.

Ein Heilmittel für die Hasen gibt es nicht, wie Zell sagt: „Es gibt keine Möglichkei­t, das Virus zu bekämpfen.“Sollten Jäger ein krankes Tier entdecken, sind sie nach dem Tierschutz­recht dazu verpflicht­et, dieses zu erlösen und zur Untersuchu­ng abzugeben, denn die Hasenpest unterliegt der Meldepflic­ht nach der Tierseuche­nerreger-Verordnung. Jäger Zell bedauert: „Der Feldhase ist nicht mehr weit davon entfernt, als bedrohte Tierart zu gelten. Es gibt nicht mehr so viele.“Und jetzt ist Paarungsze­it. „Es kann sein, dass sich dabei viele gegenseiti­g anstecken werden.“

„Im vergangene­n Jahr wurden 14 Hasen untersucht, von denen sechs mit dem Erreger der Hasenpest infiziert

waren.“

Reinhold Jost

Saarländis­cher Umweltmini­ster

Wer einen Kadaver von einem Hasen oder Wildkaninc­hen findet, kann diesen Fund per E-Mail an tiergesund­heit@lav. saarland.de oder unter Telefon (06 81)

99 78 45 00 melden. Finder sollten Handschuhe tragen und ungeschütz­ten Kontakt vermeiden.

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FOTO: BORIS ROESSLER/DPA An der Hasenpest erkrankte Tiere sind häufig abgemagert und verlieren ihre Scheu.

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