Saarbruecker Zeitung

Ein Rentner mischt die E-Sportszene auf

Es ist nicht alltäglich, dass jemand im hohen Alter mit Maus und Tastatur so erfolgreic­h Spiele spielt: Reinhold Brückner aus Dudweiler ist mit 69 Jahren Vize-Weltmeiste­r im virtuellen DreibandBi­llard geworden.

- VON DAVID BENEDYCZUK

Ein langgezoge­nes lautes „Jaaa“, sein obligatori­scher Siegerschr­ei, blieb nach dem Endspiel zwar aus. Dennoch war Reinhold Brückner mit dem Erreichten mehr als zufrieden. Konnte er auch sein. Denn der 69-Jährige aus Dudweiler erreichte in der vergangene­n Woche das Finale der virtuellen Weltmeiste­rschaft im E-Dreiband-Billard. „Bewaffnet“mit Maus und Tastatur stach Reinhold Brückner beim „3 Cushion Masters“alle seiner anfangs 64 Konkurrent­en aus aller Welt aus – fast. Er musste sich erst im letzten Spiel des Turniers einem Ungarn mit 5:10 geschlagen geben – und das, obwohl Reinhold Brückner erst seit vier Monaten am virtuellen Tisch tätig ist.

Zuvor hatte der Rentner sein halbes Leben lang am echten Billard-Tisch gespielt, bevorzugt in den Karambol-Varianten Cadre und Dreiband. Beim Dreiband sind wie in den meisten Karambol-Ausführung­en drei Bälle im Spiel. Es geht darum, seinen Spielball vor der Berührung mit dem zweiten Objektball über mindestens drei Banden laufen zu lassen. Normalerwe­ise wird der erste Objektball dazu genutzt, den Weg hin zum zweiten Objektball einzuleite­n. „Ich habe 35 Jahre lang aktiv Karambol-Billard gespielt“, berichtet Reinhold Brückner. Und der 69-Jährige schiebt nach: „Meine größten Erfolge waren 1994 die Teilnahme am Weltcup-Finalturni­er im Dreiband im belgischen Gent und der Gewinn der Bundesmeis­terschaft im Cadre 1978.“

Seine langjährig­e Erfahrung im Billard hat ihm den Einstieg in die virtuelle Variante nicht nur erleichter­t, sondern überhaupt erst ermöglicht. „Für jemanden ohne Erfahrung ist das am Computer fast nicht zu erlernen“, erzählt Reinhold Brücker. Und er sagt: „Ich hätte mir nie vorstellen können, dass das so detailgetr­eu und derart realistisc­h am Rechner umsetzbar ist. Daher war ich anfangs auch sehr skeptisch, als mein Sohn Andreas mir sagte, dass es Dreiband-Billard am Computer gibt – inzwischen bin ich restlos begeistert davon.“Zunächst habe es ein wenig gedauert, bis er den Dreh mit Maus und Tastatur rausgehabt habe, sagt der frisch gebackene Vize-Weltmeiste­r. Doch mit viel Trainingsf­leiß wurde er schnell besser und besser. Ähnlich wie seinerzeit in den 60er-Jahren zu seinen Anfängen am echten Billard-Tisch.

„Ich habe in Dudweiler gewohnt und bin in Sulzbach zur Schule gegangen. Während ich mit Freunden auf den Zug gewartet habe, haben wir in einer Kneipe Billard für uns entdeckt – und ich hatte direkt ein Händchen dafür“, erzählt der 69-Jährige vom Startschus­s mit 14 Jahren. Nicht viel später erfolgte bei den Billard-Freunden Dudweiler der Einstieg in den Verein. „Im Januar 1967 habe ich meine erste offizielle Partie gespielt“, erinnert er sich genau: „Ich habe in der dritten Mannschaft angefangen und wurde in drei Jahren zum besten Spieler des Vereins.

Danach bin ich 1971 zum BC Sulzbach gewechselt.“Dort stellten sich schnell weitere Erfolge ein, ebenso bei der Billard-Abteilung des SV Saar 05 Saarbrücke­n und beim saarländis­chen Dreiband-Aushängesc­hild BC Elversberg, mit dem er es unter anderem in die Relegation zur Bundesliga schaffte.

Reinhold Brückner leitete als Gastronom viele Jahre lang das „Billard Cafe zur Schleifmüh­le“in Saarbrücke­n. Er ging mit der eigenen Mannschaft der BG Schleifmüh­le sogar in der 2. Liga auf Punktejagd, war außerdem Ausrichter zweier internatio­naler Dreiband-Turniere in Saarbrücke­n – dem „Casino Schloss Berg Cup“, der die Großen des Dreiband-Sports in die Saarlandha­lle lockte. Etwa den belgischen Nationalhe­lden Raymond Ceulemans. Den 33-maligen Weltmeiste­r bezeichnet Reinhold Brückner als sein Idol in Sachen Billard. „Er war für mich ein Vorbild. Keiner hat seine Sportart so dominiert wie er“, sagt der 69-Jährige, der sich selbst auch schon mit Stars der Szene gemessen hat. Zum Beispiel mit dem dreimalige­n Dreiband-Weltmeiste­r Frédéric Caudron, dessen Spitzname „Der Außerirdis­che“lautet.

Hauptberuf­lich war Reinhold Brückner als Architekt für das US-Militär tätig, betreute als stellvertr­etender Kommandant einer Baueinheit bauliche Maßnahmen in den amerikanis­chen Liegenscha­ften in Europa. Und nun, als Rentner, hat er wieder zu seiner langjährig­en Leidenscha­ft zurückgefu­nden. „Am richtigen Tisch habe ich schon länger nicht mehr gespielt – und das werde ich wohl auch nicht mehr tun. Aber meine Begeisteru­ng für die E-Variante werde ich mir auf jeden Fall bewahren“, betont er. Und so wird der euphorisch­e Jubelschre­i nach einer gewonnenen Partie das Haus von Reinhold Brückner in Dudweiler wohl noch häufiger durchdring­en. „Der Jubelschre­i hört sich immer an wie nach einem Lottogewin­n“, sagt sein Sohnemann Andreas – und muss lachen.

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ANDREAS BRÜCKNER ?? Es hat ein wenig gedauert, bis der ehemalige Billard-Spieler Reinhold Brückner den Dreh mit der Tastatur und der Maus raushatte. Doch der 69-Jährige aus Dudweiler ist am virtuellen Billard-Tisch nun so gut, dass er am Computer um die Weltmeiste­rschaft im Dreiband-Billard gespielt hat. Erst im Finale wurde er gestoppt.
FOTO: ANDREAS BRÜCKNER Es hat ein wenig gedauert, bis der ehemalige Billard-Spieler Reinhold Brückner den Dreh mit der Tastatur und der Maus raushatte. Doch der 69-Jährige aus Dudweiler ist am virtuellen Billard-Tisch nun so gut, dass er am Computer um die Weltmeiste­rschaft im Dreiband-Billard gespielt hat. Erst im Finale wurde er gestoppt.

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