Laschet will auch 2022 keine Schuldenbremse
CDU-Chef Laschet gibt die Linie für die laufenden Haushaltsberatungen vor. Der Corona-Krise will er auch im kommenden Jahr Rechnung tragen.
Der CDU-Parteivorsitzende hat den ersten Stein ins Wasser geworfen, und die Unionsfraktion wird seiner Linie nun folgen müssen: Die Schuldenbremse im Bundeshaushalt müsse auch im kommenden Jahr noch einmal ausgesetzt werden, sagte Armin Laschet der Stuttgarter Zeitung. Es sei „eine berechtigte Frage, wie wir notwendige Investitionen in Bildung und Infrastruktur plus die Pandemiekosten bewältigen können“, sagte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident. Die CDU wolle den Bürgern auch in der kommenden Wahlperiode keine Erhöhung der Einkommensteuer zumuten.
Laschet griff damit in die laufenden Verhandlungen der Koalitionsfraktionen über den Etat 2022 ein. Sie sollen im März abgeschlossen werden. Am 24. März will Finanzminister Olaf Scholz (SPD) den neuen Haushalt dem Kabinett vorlegen. Die Etataufstellung in einem Wahljahr hat allerdings stets nur einen begrenzten Aussagewert: Die neue Regierung wird den Etat nach der Bundestagswahl im September verändern.
Die Koalition hatte den Kurs in der Finanzpolitik nach dem Ausbruch der Corona-Krise im Frühjahr 2020 gedreht: Das Ziel des ausgeglichenen Haushalts („schwarze
Null“) gab sie auf, um die Folgen der Krise mit einer erheblichen kreditfinanzierten Erhöhung der Staatsausgaben aufzufangen. Die Schuldenbremse, die eigentlich nur ein jährliches Defizit von bis zu 0,35 Prozent der Wirtschaftsleistung erlaubt, wurde 2020 und 2021 ausgesetzt. Dies ermöglicht das Grundgesetz in außerordentlichen Notlagen – und eine solche ist die Corona-Pandemie. Da die Krise aber voraussichtlich noch im laufenden Jahr zu Ende gehen könnte, ist die Aussetzung der Schuldenregel
auch in den kommenden Jahren verfassungsrechtlich umstritten.
Die Union will ihren Markenkern der soliden Haushaltspolitik bewahren. Laschet hatte daher Forderungen von SPD, Grünen, Linken und den Gewerkschaften nach einer dauerhaften Aussetzung der Schuldenbremse noch vor wenigen Wochen scharf zurückgewiesen. Dass die Union nun aber der Anwendung der Ausnahmeregel auch 2022 zustimmt, macht deutlich, dass auch die CDU die Rückkehr zum ausgeglichenen Haushalt vorerst nicht anstrebt. „Den Finanzbedarf nach 2022 kann heute niemand seriös vorhersagen. Ob wir dann noch länger den finanziellen Ausnahmezustand erklären müssen, hängt auch vom weiteren
Pandemieverlauf ab. Mir ist wichtig, dass wir nicht die Verfassung ändern, sondern am Prinzip der Schuldenbremse festhalten“, beschrieb Laschet die neue Linie der Union.
Im laufenden Jahr zeichnet sich zudem ein Nachtragshaushalt bereits ab. Die geplante Neuverschuldung von 180 Milliarden Euro wird nach Einschätzung der SPD nicht ausreichen. Ihr Parlamentarischer Geschäftsführer Carsten Schneider erwartete am Mittwoch ein „deutlich höheres Defizit“, das einen Nachtragsetat nötig machen dürfte. Zur Begründung verwies Schneider auf die Wirtschaftshilfen und hohen Kosten etwa für Schnelltests.
Er rechne damit, dass die bei den Überbrückungshilfen III „veranschlagten knapp 50 Milliarden Euro locker ausgegeben werden“, sagte Schneider. Die Kosten für die Beschaffung von Milliarden Corona-Schnelltests für die gesamte Bevölkerung könnten sich auf „einen Milliardenbetrag pro Woche“belaufen.
„Mir ist wichtig, dass wir nicht die Verfassung ändern, sondern am Prinzip der Schuldenbremse festhalten.“
Armin Laschet
CDU-Vorsitzender