Kritik und Lob für den Verkehrsentwicklungsplan
„Halbherzig und nicht ausfinanziert“findet die Linke im Saar-Landtag den Verkehrsentwicklungsplan. Der AfD geht der Ausbau der Saarbahn nicht weit genug. Doch es gibt auch Lob von Verkehrsexperten und -aktivisten.
Die Reaktionen auf den neuen Verkehrsentwicklungsplans (VEP) für den ÖPNV reichen von Lob bis zu heftiger Kritik. „Nichts grundsätzlich Neues, halbherzig, wenig innovativ und nicht ausfinanziert“, so reagierte Jochen Flackus, der wirtschafts- und verkehrspolitische Sprecher der Linksfraktion im Saarländischen Landtag, am Mittwoch auf den Entwurf, den Saar-Verkehrsministerin Anke Rhelinger (SPD) am Dienstag vorgestellt hatte (wir berichteten). 2019 seien noch Preissenkungen für Bus und Bahn bereits ab Anfang 2021 versprochen worden, nun soll es frühestens im Juli so weit sein, kritisiert die Linke. Das ungerechte Wabensystem werde nicht wirklich abgeschafft, sondern nur in den Hintergrund verbannt. Preissenkungen soll es vor allem für Schülerinnen und Schüler geben, wobei andere Regionen hier schon weiter seien und teilweise einen kostenlosen Schülerverkehr anböten. Die Schlüsselfrage,
wie der ÖPNV so attraktiv werden kann, dass er eine echte Alternative zum Auto darstellt und wieder deutlich mehr Menschen anlockt, bleibe Rehlinger schuldig. Neben kleineren Verbesserungen bleibe es bei zu teuren Preisen, die im Wettbewerb mit dem Auto oft nicht bestehen könnten, und zu schlechter Anbindung gerade im ländlichen Raum.
„Statt das Saarland als Modellregion für ein 365 Euro-Jahresticket anzumelden und ticketfreien Nahverkehr wie in Luxemburg zumindest zu erproben, bleibt die Ministerin beim Klein-Klein.“Das „Verantwortungs-Wirrwarr im ÖPNV“mit 17 verschiedenen Akteuren bleibe zudem bestehen. Die Linke fordert außerdem eine landesweite Steuerung von „On-Demand-Verkehr“im ländlichen Raum. Offen sei schließlich, wann und in welchem Umfang der „kraftlose“Plan umgesetzt werden könne, da die Verkehrsministerin darauf hoffe, dass 90 Prozent der Kosten in Höhe von 355
Millionen Euro vom Bund übernommen werden, ohne dass es konkrete Förderzusagen gäbe.
Die AfD-Fraktion im Saar-Landtag bemängelt insbesondere die Vernachlässigung grenzüberschreitender Verbindungen nach Frankreich und Luxemburg. Die Verlängerung der Niedtalbahn nach Bouzonville aus dem VEP herauszunehmen sei „nicht nachvollziehbar“, da die Strecke für eine schnelle Realisierung einer Bahnstrecke nach Luxemburg unverzichtbar sei. Auch der weitere Ausbau der Saarbahn komme zu kurz, insbesondere der Ausbau nach
Forbach und die Anbindung des Campus der Saar-Universität an die Saarbrücker Innenstadt.
Die Bürger-Initiative Plattform Mobilität Saar-Lor-Lux freut sich, dass viele ihrer Vorschläge Eingang in den VEB gefunden hätten. Sie mahnt aber an, nun sehr zügig Fördermittel des Bundes zu beantragen. „Für die Plattform Mobilität hat die Reaktivierung von Bahnstrecken absoluten Vorrang. Damit können viele neue Fahrgäste für den ÖPNV gewonnen werden und besonders die Saarbahn hätte die Perspektive, nach vielen Jahren Stillstand eine Erweiterung zu erfahren“, erklärte Plattform-Chef Erhard Pitzius. In einem nächsten Schritt müsse die Linienführung des Busverkehrs „neu gedacht“werden hin zu Verkehren, die zwischen Wohn- und Gewerbegebieten zu den nächsten Bahnhaltepunkten und Busbahnhöfen pendeln. Man müsse zudem alles dafür tun, den Güterverkehr auszubauen, im Hinblick auf große Gewerbeansiedlungen wie
SVolt in Überherrn, erklärte Pitzius. Beim Ausbau des grenzüberschreitenden Verkehrs gebe es weiter Nachholbedarf im Bahn- und Busbereich. „Besonders in Richtung Trier und die Region an der Nahe brauchen wir einen Übergangstarif zwischen dem Saarland und Rheinland-Pfalz und eine bessere Kooperation“.
Der VEP ÖPNV der CDU/SPD-Landesregierung gebe wichtige Anreize zur Weiterentwicklung des ÖPNV im Saarland, erklärte IHK-Hauptgeschäftsführer Frank Thomé. Positiv sei vor allem, dass Lücken in der Infrastruktur geschlossen, die Tarifstruktur reformiert und mit der S-Bahn schnelle Verbindungen im Saarland eingeführt würden. Nur durch eine Ausweitung des ÖPNV-Angebotes, eine kundenfreundliche Tarifierung und eine bessere Verknüpfung mit anderen Verkehrsmitteln könne der Anteil der mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegten Wege gesteigert werden, betonte Thomé.