EU will beim Thema Roaming nachlegen
Seit dreieinhalb Jahren können EU-Bürger ihr Handy überall in der Union ohne Mehrkosten nutzen. Das System soll nun verbessert werden.
Am 15. Juni 2017 war Schluss mit den Horror-Rechnungen im Anschluss an den Urlaub. Nach fast zehnjährigem Ringen der EU mit den Mobilfunkkonzernen entfielen an diesem Tag die sogenannten Roaming-Gebühren – Aufschläge, die für Telefonate, Kurznachrichten oder mobiles Surfen im EU-Ausland anfielen. Seither können die Bürger der 27 Mitgliedstaaten plus Island, Liechtenstein und Norwegen unterwegs zu den gleichen Preisen wie im Heimatnetz ihr Handy nutzen.
Angelika Niebler, Chefin der CSU-Abgeordneten im Europäischen Parlament, die die Neuregelung damals mit durchgesetzt hatte, sprach am Mittwoch in Brüssel von einer „Erfolgsgeschichte“. Die Verordnung sei ein „greifbares Beispiel
dafür, wie die EU den Alltag der Bürgerinnen und Bürger verbessert“habe. Selbstverständlich ist das nicht. Die Regeln gelten nur bis Mitte 2022.
Nun will die Kommission nachlegen. Margrethe Vestager, Vizepräsidentin der Behörde und zuständig für Digitales, sagte gestern: „Mit den neuen Vorschriften wird das Roaming weiterhin ohne zusätzliche Gebühren möglich sein und sogar noch besser werden.“
Tatsächlich will der europäische Gesetzgeber die Verordnung im kommenden Jahr nicht nur um zehn Jahre verlängern, sondern dann auch zusätzliche Leistungen integrieren. So sollen die Mobilfunknutzer künftig den Notruf in ganz Europa kostenlos wählen können. Außerdem ist geplant, Anrufe bei Service-Hotlines beispielsweise von Fluggesellschaften oder Versicherungen ohne Zuschlag nutzen zu dürfen – ein Vorteil, von dem alle profitieren würden, die während einer Reise Hilfe brauchen. Für technische Unterstützung von Unternehmen und Kundendiensten sollen kostenfreie Rufnummern verfügbar sein.
Die vielleicht wichtigste Neuerung betrifft aber die mobile Internetgeschwindigkeit. „In Europas digitalem Jahrzehnt muss jeder in der Lage sein, überall in der Union eine hervorragende Konnektivität zu haben“, sagte Thierry Breton, EU-Kommissar für den Binnenmarkt. Bei einer aktuellen Eurobarometer-Umfrage hatten sich zuvor 33 Prozent der Befragten darüber beklagt, dass sie im EU-Ausland eine teilweise deutlich niedrigere Internet-Übertragungsrate hatten als zu Hause. 28 Prozent gaben an, der Netzstandard sei niedriger als innerhalb der eigenen Grenzen – beispielsweise habe man lediglich mit 3G statt 4G unterwegs sein können.
Für die Netzbetreiber dürfte dies eine große Herausforderung sein, zumal die EU-Kommission deutlich darauf hinweist, dass alle Kunden, die in der Heimat Zugang zu einem 5G-Netz haben, diese Leistung überall in der übrigen EU erwarten dürfen. „Die Verbraucher müssen sicher sein, dass sie bestimmte 5G-Anwendungen und -Dienste im Roaming nutzen können“, teilte die Brüsseler Behörde mit. Auch die Provider selbst will Brüssel entlasten. So sollen die Großkunden-Roaming-Preise, also die Kosten, die sich die Betreiber
gegenseitig für die Nutzung ihres Netzes berechnen, weiter sinken.
In den kommenden Wochen beginnen die Gespräche zwischen den EU-Institutionen, den Mitgliedstaaten sowie den Mobilfunkanbietern. Das wird auch nötig sein, damit der Wegfall der früheren Zuschläge erhalten bleibt und die angedachten Zusatzleistungen pünktlich zum 15. Juni 2022 in Kraft treten.