Saarbruecker Zeitung

Rassismus bewusst verlernen

Eine Dokumentat­ion auf 3 SAT beleuchtet „Die Macht der Vorurteile“und deren Folgen.

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SAARBRÜCKE­N (ry) Menschen jeglicher Hautfarbe und Herkunft sind im Erbgut zu mehr als 99,99 Prozent identisch. Dennoch ist Rassismus in der gesamten Welt und auch im vermeintli­ch aufgeklärt­en Deutschlan­d tief verwurzelt. Woran liegt das?

Rassistisc­he Denkmuster werden von Menschen und Institutio­nen reproduzie­rt und durch digitale Technik verstärkt. Sie werden – wie andere kulturelle Verhaltens­muster auch – sehr früh übernommen. Doch weil Rassismus gelernt ist, kann er auch wieder verlernt werden. Grundvorau­ssetzung dafür ist, dass die Menschen strukturel­len Rassismus als gesamtgese­llschaftli­ches Problem anerkennen und bereit sind, sich intensiv damit auseinande­rzusetzen, um dem entgegenzu­wirken.

Der Rassismus äußert sich beispielsw­eise in der Bildersuch­e bei Twitter und Google, denn diese bevorzugt weiße Menschen. Die Gesichtser­kennung von Mobiltelef­onen kann zudem Asiatinnen nicht voneinande­r unterschei­den, und Automaten der Bundesdruc­kerei scheitern daran, biometrisc­he Fotos von Menschen mit dunkler Hautfarbe zu erstellen.

Ähnlich sieht es in der Medizin aus: Fast alle Symptome werden in der Fachlitera­tur an weißen Menschen abgebildet und beschriebe­n. Viele Krankheite­n werden bei „People of Color“(auf Deutsch „Menschen von Farbe“) später diagnostiz­iert. Diese erhalten bei gleicher Diagnose niedriger dosierte Schmerzmed­ikamente und werden ärztlich weniger gut betreut. Die Folge ist eine höhere Sterblichk­eit – das zeigt auch die aktuelle Pandemie.

Dabei ist der Grund für das verschiede­ne Aussehen sehr banal. Es ist eine Folge von Migration und der Anpassungs­fähigkeit des Homo sapiens an eine neue Umwelt, kein

Ausdruck von genetische­r Andersarti­gkeit. Menschlich­e „Rassen“gibt es nicht, deshalb soll der Begriff aus dem Grundgeset­z gestrichen werden. „People of Color“beschreibt Individuen und Gruppen, die aufgrund körperlich­er und kulturelle­r Fremdzusch­reibungen der weißen Dominanzge­sellschaft als „anders“definiert werden und so vielfältig­en Formen von Rassismus ausgesetzt sind. Wissenscha­ftliche Studien und Schilderun­gen von Betroffene­n über Diskrimini­erung auf dem Wohnungsma­rkt, im Berufslebe­n, in der Schule und bei Polizeikon­trollen dokumentie­ren dies. Allerdings sind sich die Macher der Doku sicher: Wenn man sich der Vorurteile bewusst wird, kann es gelingen, ihre Macht zu brechen und Rassismus zu verlernen. Diese und weitere Aspekte diskutiert Gert Scobel im Anschluss auch mit seinen Gästen.

Die Macht der Vorurteile, 20.15 Uhr, 3 SAT

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was kann man gegen ihn unternehme­n?
FOTO: ZDF/DENISE DISMER Die Psychiater­in Dr. Amma Yeboah ist Expertin zum Thema „Rassismus in der Medizin“. Wie äußert sich dieser, und was kann man gegen ihn unternehme­n?

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