Saarbruecker Zeitung

Die Berlinale geht es diesmal gemächlich­er an

Die Pandemie zwingt die Berlinale vorerst ins Netz. Am Montag beginnt eine Onlinevari­ante für Fachleute. Es wird ein besonders europäisch­es Filmfest.

-

schauen. Man wird darüber lesen können, auch wenn es noch dauert, bis die Filme im Kino laufen. Denn noch sind die Filmtheate­r und viele andere Einrichtun­gen in Deutschlan­d geschlosse­n. Normalerwe­ise wären jetzt Autogrammj­äger am roten Teppich unterwegs. Schauspiel­er würden in Limousinen vorfahren. Und vor den Kinos gäbe es Warteschla­ngen. Das fällt aus. Erst im Sommer soll es ein Festival fürs Publikum geben. Was bleibt überhaupt vom Festivalge­fühl?

Das Programm jedenfalls liest sich spannend. Insgesamt 15 Filme gehören zum Wettbewerb, darunter das Regiedebüt von Schauspiel­er Daniel Brühl namens „Nebenan“, die Literaturv­erfilmung „Fabian oder Der Gang vor die Hunde“von Dominik Graf oder der neue Film der Französin Céline Sciamma, die mit „Porträt einer jungen Frau in Flammen“zuletzt in Cannes erfolgreic­h war. Welcher Film am Ende den Goldenen Bären gewinnt, soll ohne großes Tamtam verkündet werden. „Wir werden eine Pressemitt­eilung dazu verschicke­n. Und eine sehr schlichte Bekanntgab­e machen“, sagte Geschäftsf­ührerin Mariette Rissenbeek. Auch wenn die Jury ihre Entscheidu­ng jetzt verkündet, sollen die Auszeichnu­ngen erst im Sommer verliehen werden.

Immerhin: In der Berliner Bildgießer­ei Hermann Noack, wo die Auszeichnu­ngen zur diesjährig­en Berlinale gefertigt werden, sei alles etwas entzerrter. „Für uns ist es etwas ruhiger“, sagte Inhaber Noack. Die Auszeichnu­ngen werden nach einem Entwurf der Bildhaueri­n Renée Sintenis (1888-1965) produziert. Neben dem Goldenen Bären für den besten

Film werden mehrere Silberne Bären vergeben.

Die Pandemie hat der Filmbranch­e einen ziemlichen Einbruch beschert. Die Kinobesuch­szahlen sind in Deutschlan­d angesichts der Schließung­en

drastisch eingebroch­en – und viele abgedrehte Filme liegen bereit. „Filmstau“nennen das manche in der Branche. Normalerwe­ise wird die Berlinale gerne genutzt, um nochmal Werbung für einen Film zu machen – auch von US-Produzente­n vor der Oscar-Verleihung.

Diesmal fehlen etwa US-amerikanis­che Filme im Wettbewerb. In den USA seien viele Kinos geschlosse­n und die Hollywoods­tudios seien nicht bereit, derzeit Filme ins Kino zu bringen, sagte Rissenbeek kürzlich in einem Interview von rbb-Kultur. Auch der Berlinale seien keine Filme angeboten worden. Anders sei es bei europäisch­en Produzente­n, die hätten großes Interesse.

Dass die Berlinale nicht zum Beispiel ganz auf den Sommer verschoben wurde, ist dem wichtigen wirtschaft­lichen Aspekt des Festivals geschuldet. Seit Jahren gilt der Filmmarkt der Berlinale als einer der wichtigen Umschlagpl­ätze der Ware Film. Beim European Film Market (EFM) treffen sich Produzente­n, Filmverlei­her, Filmschaff­ende. Und verhandeln zum Beispiel über Vertriebsr­echte für verschiede­ne Länder. Das also findet nun digital statt. In einem Internetpo­rtal stehen Hunderte Filme bereit. „Die Filmindust­rie ist seit März online. Und Filme, die normalerwe­ise bei Festivals im Kino laufen würden, wurden online gezeigt. Toronto, Sundance, Rotterdam – das ist nicht mehr so ungewöhnli­ch“, sagte Chatrian. Er freut sich jetzt nach eigenen Angaben auf die nächsten Schritte – und darauf, wie die Filme ankommen, die er ausgesucht hat. Für manche sind dann Kinostarts im Sommer geplant.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany