Der heimliche Old Shatterhand von Sulzbach
Als Kind spielte Hubert Dörrenbächer die Abenteuer der Karl-May-Helden nach, später initiierte er den Karl-May-Wanderweg.
Die Frage nach dem Gefährten von Roman-Held Kara Ben Nemsi beantwortet Hubert Dörrenbächer wie aus der Pistole geschossen: „Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abul Abbas Ibn Hadschi Dawuhd al Gossarah.“Na klar, den Namen des treuen Dieners kann jeder eingefleischte Fan von Karl May auswendig aufsagen. Der Sulzbacher kennt alle Werke des deutschen Schriftstellers.
Als Jugendlicher hat Dörrenbächer die Abenteuer-Romane verschlungen. Die ersten Bücher bekam er von seinem Paten geschenkt. Mit jeder Geschichte, die Dörrenbächer las, tauchte er tiefer in die Welt des Orients und des Wilden Westens ein. Die Abenteuer von Winnetou und Old Shatterhand spielte er auf der Straße mit den Freunden nach. Der Indianer-Haarschmuck eines Jungen aus der Nachbarschaft war begehrt. Wer ihn ergatterte, durfte in die Rolle des Häuptlings mit der Silberbüchse schlüpfen.
„Die Bücher sind spannend geschrieben, es ist immer Action“, erzählt Dörrenbächer. Sein Vater war nicht begeistert von der Lektüre des Sohnes. Er hielt nicht viel von dem Autor. Die Geschichten habe May im Gefängnis erfunden, schimpfte der Vater. Die Bedenken hielten den Jungen nicht vom Lesen ab. Erst als er sich mit den späteren Werken beschäftigte, kühlte die Leidenschaft ab. Die langatmigen Naturbeschreibungen, die May teilweise aus Lexika abgekupfert hatte, sprachen den jungen Mann nicht mehr an. Dörrenbächers Sammlung wuchs trotzdem weiter. Ende der 1970er Jahre besaß er alle Bände der grünen Reihe – ein Traum wurde wahr.
In der Folgezeit kamen noch andere Ausgaben hinzu, sie füllen viele Regalmeter. Inzwischen hat sich der 72-Jährige fest vorgenommen, keine neuen Karl-May-Bücher mehr zu kaufen. „Ganz ernsthaft“, versichert er. Um dann mit einem Schmunzeln zu verraten, dass er sich im Januar vier Bücher schicken ließ.
Dörrenbächer hat verschiedene Ausgaben verglichen. Die Geschichten, die der Schriftsteller hauptsächlich für Erwachsene geschrieben hatte, passte der Karl-May-Verlag dem jugendlichen Publikum an. Er strich zum Beispiel Passagen, in denen über einen nackten Busen berichtet wurde.
In den 1990er Jahren gründete der Sulzbacher mit einigen Mitstreitern einen Karl-May-Stammtisch. Mittlerweile hat er sich auch intensiv mit dem Leben des beliebten Autors befasst. Und dabei festgestellt, dass sein Vater teilweise falsch lag: May saß zwar insgesamt acht Jahre im Gefängnis, und die Abenteuer hatte er auch nicht selbst erlebt. Aufgeschrieben wurden die Geschichten aber nicht hinter Gittern. Im hohen Alter reiste der Schriftsteller doch noch in den Orient und nach Amerika – allerdings nicht als Abenteurer, sondern als Tourist.
Seit 2013 können Wanderer im Regionalverband auf den Spuren des bekannten Schriftstellers wandeln. Der ehemalige Revierförster Dörrenbächer hat den Karl-MayWeg bei Sulzbach initiiert und geplant. Auch die Texte der Info-Tafeln stammen von ihm. Selbst wenn der berühmte Erzähler die Region nie besuchte – Anknüpfungspunkte finden sich trotzdem. Ein Beispiel: Karl May beschreibt Salzseen, in Sulzbach gibt es einen Salzbrunnen.
Die Musik ist ein weiteres Hobby von Hubert Dörrenbächer. Der Pensionär spielt in einem Jagdhornbläserchor. Außerdem ist er in der Sängervereinigung Eintracht Neuweiler aktiv.
Zunächst war er dort nur zahlendes Mitglied. An seine erste Probe erinnert sich Dörrenbächer noch genau: Er flog raus, weil er rauchte. Mittlerweile ist er Vorsitzender. Während der Corona-Pandemie ruht das Vereinsleben nicht komplett, per Video-Chat verabredet sich die Chorleiterin mit den Sängerinnen und Sängern.
„Die Bücher sind spannend geschrieben, es ist
immer Action.“
Hubert Dörrenbächer
leidenschaftlicher Karl-May-Fan