Saarbruecker Zeitung

Der heimliche Old Shatterhan­d von Sulzbach

Als Kind spielte Hubert Dörrenbäch­er die Abenteuer der Karl-May-Helden nach, später initiierte er den Karl-May-Wanderweg.

- VON THOMAS ANNEN

Die Frage nach dem Gefährten von Roman-Held Kara Ben Nemsi beantworte­t Hubert Dörrenbäch­er wie aus der Pistole geschossen: „Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abul Abbas Ibn Hadschi Dawuhd al Gossarah.“Na klar, den Namen des treuen Dieners kann jeder eingefleis­chte Fan von Karl May auswendig aufsagen. Der Sulzbacher kennt alle Werke des deutschen Schriftste­llers.

Als Jugendlich­er hat Dörrenbäch­er die Abenteuer-Romane verschlung­en. Die ersten Bücher bekam er von seinem Paten geschenkt. Mit jeder Geschichte, die Dörrenbäch­er las, tauchte er tiefer in die Welt des Orients und des Wilden Westens ein. Die Abenteuer von Winnetou und Old Shatterhan­d spielte er auf der Straße mit den Freunden nach. Der Indianer-Haarschmuc­k eines Jungen aus der Nachbarsch­aft war begehrt. Wer ihn ergatterte, durfte in die Rolle des Häuptlings mit der Silberbüch­se schlüpfen.

„Die Bücher sind spannend geschriebe­n, es ist immer Action“, erzählt Dörrenbäch­er. Sein Vater war nicht begeistert von der Lektüre des Sohnes. Er hielt nicht viel von dem Autor. Die Geschichte­n habe May im Gefängnis erfunden, schimpfte der Vater. Die Bedenken hielten den Jungen nicht vom Lesen ab. Erst als er sich mit den späteren Werken beschäftig­te, kühlte die Leidenscha­ft ab. Die langatmige­n Naturbesch­reibungen, die May teilweise aus Lexika abgekupfer­t hatte, sprachen den jungen Mann nicht mehr an. Dörrenbäch­ers Sammlung wuchs trotzdem weiter. Ende der 1970er Jahre besaß er alle Bände der grünen Reihe – ein Traum wurde wahr.

In der Folgezeit kamen noch andere Ausgaben hinzu, sie füllen viele Regalmeter. Inzwischen hat sich der 72-Jährige fest vorgenomme­n, keine neuen Karl-May-Bücher mehr zu kaufen. „Ganz ernsthaft“, versichert er. Um dann mit einem Schmunzeln zu verraten, dass er sich im Januar vier Bücher schicken ließ.

Dörrenbäch­er hat verschiede­ne Ausgaben verglichen. Die Geschichte­n, die der Schriftste­ller hauptsächl­ich für Erwachsene geschriebe­n hatte, passte der Karl-May-Verlag dem jugendlich­en Publikum an. Er strich zum Beispiel Passagen, in denen über einen nackten Busen berichtet wurde.

In den 1990er Jahren gründete der Sulzbacher mit einigen Mitstreite­rn einen Karl-May-Stammtisch. Mittlerwei­le hat er sich auch intensiv mit dem Leben des beliebten Autors befasst. Und dabei festgestel­lt, dass sein Vater teilweise falsch lag: May saß zwar insgesamt acht Jahre im Gefängnis, und die Abenteuer hatte er auch nicht selbst erlebt. Aufgeschri­eben wurden die Geschichte­n aber nicht hinter Gittern. Im hohen Alter reiste der Schriftste­ller doch noch in den Orient und nach Amerika – allerdings nicht als Abenteurer, sondern als Tourist.

Seit 2013 können Wanderer im Regionalve­rband auf den Spuren des bekannten Schriftste­llers wandeln. Der ehemalige Revierförs­ter Dörrenbäch­er hat den Karl-MayWeg bei Sulzbach initiiert und geplant. Auch die Texte der Info-Tafeln stammen von ihm. Selbst wenn der berühmte Erzähler die Region nie besuchte – Anknüpfung­spunkte finden sich trotzdem. Ein Beispiel: Karl May beschreibt Salzseen, in Sulzbach gibt es einen Salzbrunne­n.

Die Musik ist ein weiteres Hobby von Hubert Dörrenbäch­er. Der Pensionär spielt in einem Jagdhornbl­äserchor. Außerdem ist er in der Sängervere­inigung Eintracht Neuweiler aktiv.

Zunächst war er dort nur zahlendes Mitglied. An seine erste Probe erinnert sich Dörrenbäch­er noch genau: Er flog raus, weil er rauchte. Mittlerwei­le ist er Vorsitzend­er. Während der Corona-Pandemie ruht das Vereinsleb­en nicht komplett, per Video-Chat verabredet sich die Chorleiter­in mit den Sängerinne­n und Sängern.

„Die Bücher sind spannend geschriebe­n, es ist

immer Action.“

Hubert Dörrenbäch­er

leidenscha­ftlicher Karl-May-Fan

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Foto: Iris Maria Maurer Hubert Dörrenbäch­er auf dem Karl-May-Weg bei Sulzbach.

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