Saarbruecker Zeitung

Das Rätsel um einen einzigarti­gen Grenzstein ist gelöst ... fast

Roland Schmitt hat eine Leidenscha­ft für Regionalge­schichte. Nun gelang es ihm, das Geheimnis des Grenzstein­s in der Alten Sammlung zu lüften.

- VON NICOLE BARONSKY-OTTMANN

Roland Schmitt hat eine Schwäche für historisch­e Grenzstein­e. Alles hat damit angefangen, dass der frühere Bibliothek­ar des Saarländis­chen Rundfunks, eigentlich Ressortlei­ter Printarchi­v, im Jahr 1994 mit seiner damals vierjährig­en Tochter bei einem Spaziergan­g in der Umgebung seines Wohnortes Eschringen auf einen Grenzstein stieß.

„Meine Tochter fragte, was das für Inschrifte­n auf dem Stein sind. Und gerade die Eschringer Grenzstein­e sind sehr interessan­t, da hier von 1816 bis 1935 die Grenze zwischen Preußen und Bayern verlief“, erklärt er. Und so begann Roland Schmitt, sich in seiner Freizeit ausführlic­h mit Grenzstein­en zu beschäftig­en.

Dass er einige Semester Geschichte studiert hatte, bevor er seinen Abschluss in Bibliothek­swesen machte, erklärt sein Interesse an diesen Steinen und kam ihm bei den Recherchen sehr entgegen.

Schon 2003 veröffentl­ichte er ein Buch zur praktische­n Erforschun­g von Grenzstein­en. Heute führt er eine eigene Webseite über Grenzstein­e, auf der er nicht nur die Steine aus seiner Heimat und der Region vorstellt. „Mittlerwei­le gehe ich auch im Urlaub auf Grenzstein­suche“, sagt er lachend.

Derzeit kommt er den Geheimniss­en eines ganz besonders kuriosen Exemplars auf die Schliche. „Im Jahr 1999 hat mich Christoph Trepesch, damals Kustos der Alten Sammlung des Saarland Museums, gefragt, ob ich mir einen Grenzstein im Depot der Alten Sammlung anschauen könnte“, berichtet Roland Schmitt. „Leider war es aber sehr dunkel im Keller, und wir hatten nur eine Taschenlam­pe. So konnte ich nur erkennen, dass dieser Stein die Wolfsangel der Grenzen des Fürstentum­s Nassau-Saarbrücke­n trug sowie unerklärli­che Zahlen- und Buchstaben­folgen“.

Wie der Stein in den Besitz der Alten Sammlung gelangt war, ist nicht bekannt. Jahre später wurde dieser Grenzstein Ausstellun­gsstück im Museum der Alten Sammlung am Schlosspla­tz. Dort hat Roland Schmitt den Stein wiedererka­nnt und sich ihn nun genauer anschauen können. „So konnte ich die laufende Nummer 205 entdecken sowie das Wort ,Pfaltz’ für das Herzogtum Pfalz-Zweibrücke­n“.

Aber das Ergebnis des Rätsels um den Stein, wo er einst stand und welche Grenzen er anzeigte, blieb ihm noch verborgen. „Bei Grenzstein­setzungen wurden in der Regel laufende Nummern vergeben. Ergo suchte ich nach einem abgegangen­en Stein mit der Nummer 205.“Ein Hinweis auf seine Herkunft im Furpacher Wald, westlich von Bayrisch-Kohlhof, schien zu passen. „Aber dann stimmte eine weitere laufende Nummer nicht“, erklärt er.

Aber Roland Schmitt ist nicht der Einzige in der Region, der gerne die Inschrifte­n von Grenzstein­en enträtselt. Ein weiterer Grenzstein­kenner ist Andreas Lang aus Niederkirc­hen bei St. Wendel, der sich den Steinen des Ostertals verschrieb­en hat. Er teilte Roland Schmitt mit, dass in seiner Gegend, zwischen Saal und Werschweil­er auch ein Grenzstein fehle – mit der laufenden Nummer 205.

Und auch für die zweite laufende Zahl, die Nummer 906, gab es eine Erklärung. Denn der Stein wurde im Jahr 1756 auf der Grenze zwischen dem Fürstentum Nassau-Saarbrücke­n und dem Herzogtum Pfalz-Zweibrücke­n aufgestell­t, wurde dann weiterverw­endet und 1845 neu beschrifte­t mit der laufenden Nummer 906. Diese Zahl verweist auf die ehemalige Grenze zwischen Preußen und Bayern.

In den 1930er-Jahren ist der Stein ein drittes Mal bearbeitet worden, denn nun stand er auf der Grenze zwischen dem Deutschen Reich und dem Saargebiet. Und auch das kann man ablesen. „Damit ist der Stein ein absolutes Unikat. Denn er zeigt drei historisch­e Grenzen an“, schwärmt Roland Schmitt von dem Grenzstein, der ihn solange beschäftig­t hat und durch den er selbst noch viel lernen konnte.

Allerdings erklärt dies noch nicht die kuriosen Zahlen- und Buchstaben­folgen auf dem Stein. „Vermutlich wurde der Stein irgendwann abgeräumt und diente dann den Steinmetzl­ehrlingen als Probestein. Das war nicht ungewöhnli­ch“.

Wie der Stein aber aus dem St. Wendeler Land nach Saarbrücke­n kam und wann genau er als Probestein diente, ist damit noch nicht geklärt. Roland Schmitt könnte also noch weiter recherchie­ren, um alle Geheimniss­e des Grenzstein­s aus der Alten Sammlung zu lüften.

„Meine Tochter fragte, was das für Inschrifte­n auf dem Stein sind. Und gerade die Eschringer Grenzstein­e sind sehr interessan­t, da hier von 1816 bis 1935 die Grenze zwischen Preußen und

Bayern verlief.“

Roland Schmitt über den Beginn seiner Grenzstein-Neugierde

 ?? FOTO: IRIS MAURER ?? In der Alten Sammlung des Saarlandmu­seums am Schlosspla­tz steht dieser Grenzstein. Wie seine Geschichte ist, wo er herkommt und wo er einst stand, diese Frage ließ Roland Schmitt jahrelang keine Ruhe. Gemeinsam mit einem Forscherko­llegen, Andreas Lang aus Niederkirc­hen, konnte er nun endlich fast alle Fragen klären.
FOTO: IRIS MAURER In der Alten Sammlung des Saarlandmu­seums am Schlosspla­tz steht dieser Grenzstein. Wie seine Geschichte ist, wo er herkommt und wo er einst stand, diese Frage ließ Roland Schmitt jahrelang keine Ruhe. Gemeinsam mit einem Forscherko­llegen, Andreas Lang aus Niederkirc­hen, konnte er nun endlich fast alle Fragen klären.

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