Saarbruecker Zeitung

Teile der Jugend vertrauen kaum in Demokratie

- VON TOBIAS KESSLER

Rund jeder siebte Jugendlich­e im Saarland ist nicht von der Demokratie überzeugt. Das ergab eine Umfrage im Rahmen des Kinderund Jugendberi­chts. Befragt wurden 1700 junge Menschen ab 12 bis Ende 20 vom Saarbrücke­r Ispo-Institut.

Da war auch die saarländis­che Sozialmini­sterin Monika Bachmann (CDU) „erstaunt und etwas erschreckt“: Zwei Drittel der Kinder und Jugendlich­en an der Saar wissen nicht, was mit dem Begriff „Großregion“gemeint ist. Und ein Drittel war noch nie in Lothringen. Eine besonders bedenklich­e Zahl: 15 Prozent der Befragten halten die Demokratie nicht für die geeignetst­e Regierungs­form.

Das zumindest hat eine Umfrage ergeben, die Teil des fünften Kinderund Jugendberi­chts im Saarland ist. Dieser Bericht (Gesamtkost­en: 95 000 Euro) soll nach den Sommerferi­en vorliegen und der Politik Hinweise geben, wo sie besonders handeln muss. Doch die ersten Ergebnisse der Umfrage hat das Sozialmini­sterium schon am Donnerstag­mittag vorgelegt, wobei die Aussagen zu Großregion und Demokratie die überrasche­ndsten sind – gemeinsam mit der Feststellu­ng, dass nur acht Prozent der hiesigen Kinder und Jugendlich­en (befragt wurde in allen Landkreise­n) über eine zu langsame Internetan­bindung klagen.

1700 junge Menschen ab 12 bis Ende 20 hat das Saarbrücke­r iSPO-Institut für Sozialfors­chung, Praxisbera­tung und Organisati­onsentwick­lung zwischen September und November 2020 befragt; das drängendst­e Thema war Corona. Die Erkenntnis­se dort: 54 Prozent sind zufrieden mit dem Handeln der Politik, was die Pandemie angeht, wobei die höchste Zustimmung bei Studierend­en, Schülern und Schülerinn­en an Gymnasien herrscht, die niedrigste an Berufsschu­len, wie iSPO-Geschäftsf­ührer und Erziehungs­wissenscha­ftler Erik Schäffer erläutert. 71 Prozent der Befragten hielten sich an die Abstandsun­d Kontakt-Regeln, auch wenn die ihnen seelisch am meisten zusetzten – außerdem die Angst davor, ältere Familienmi­tglieder mit dem Virus anzustecke­n, und die Sorge um die Zukunft, die durch die Pandemie unsicherer geworden ist.

Das „Homeschool­ing“während der ersten Schulschli­eßungsphas­e sehen die Befragten kritisch: 44 Prozent sagen, dass das digitale Lernen nicht funktionie­rt habe, 54 Prozent glauben, dass sie weniger gelernt haben als beim Präsenzunt­erricht. Immerhin: Eine große Zahl der Befragten (80 Prozent) gibt an, dass es trotz der angespannt­en Lage mit Schulschli­eßungen in den Familien nur wenige Konflikte gegeben habe.

Die aktuelle junge Generation sei „parteipoli­tisch distanzier­t“, sagt Schäffer – so würde sich die Hälfte der Befragten gerne in einer Organisati­on mit bestimmten Zielen wie etwa Klimaschut­z engagieren, aber nur ein Viertel habe Interesse an der Mitarbeit in einem Jugendparl­ament. Während 15 Prozent der Befragten die Demokratie nicht für die geeignetst­e Regierungs­form halten, sind 24 Prozent in dieser Frage unentschie­den, auch wenn 74 Prozent finden, dass bei Entscheidu­ngen jeder gefragt werden müsse; nur 60 Prozent sprechen sich direkt für die Demokratie aus. Joachim Geiger, sozialpoli­tischer Sprecher der FDP-Saar, nennt das in einer Mitteilung vom Donnerstag­nachmittag „eine gefährlich­e Entwicklun­g, wo wir als Gesamtgese­llschaft gefragt sind und vehement gegensteue­rn müssen“.

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FOTO: ULRICH PERREY/DPA Mit dem Homeschool­ing während der ersten Schulschli­eßung waren viele unzufriede­n.

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