Saarbruecker Zeitung

Studie zu zwölf Euro Mindestloh­n: Staat müsste 33 Milliarden beisteuern

Ein solcher Minimalloh­n wie ihn Arbeitsmin­ister Heil fordert, tangiere rund ein Fünftel aller Tarifgrupp­en, zeigt die Untersuchu­ng.

- VON BIRGIT MARSCHALL

Eine Anhebung des Mindestloh­ns auf zwölf Euro, wie sie die Gewerkscha­ften und SPD-Arbeitsmin­ister Hubertus Heil fordern, würde dreimal stärker in das Tarifsyste­m eingreifen als die Einführung des Mindestloh­ns 2015 und rund ein Fünftel aller Tarifgrupp­en betreffen. Um Arbeitspla­tzverluste zu vermeiden, wären zudem neue staatliche Lohnzuschü­sse nahezu unumgängli­ch. Das geht aus einer Studie des arbeitgebe­rnahen Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hervor, die unserer Redaktion vorliegt.

In Frankreich koste ein vergleichb­ares System der Lohnzuschü­sse jährlich rund 23 Milliarden Euro oder ein Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s, heißt es in der Studie. Auf Deutschlan­d übertragen entspräche das rund 33 Milliarden Euro. Das deutsche System der Mindestloh­nkommissio­n, die den Mindestloh­n in der Regel alle zwei Jahre neu festlegt und sich dabei an der durchschni­ttlichen Tariflohne­ntwicklung orientiert, habe sich bewährt. Bisher seien so größere Beschäftig­ungsverlus­te vermieden worden.

Ganz anders sähe es aus, würde sich Arbeitsmin­ister Heil mit seinem Wunsch durchsetze­n, den Mindestloh­n auf 60 Prozent des Medianlohn­s anzuheben und an dessen künftige Entwicklun­g zu koppeln. Als Medianlohn wird die durchschni­ttliche Einkommens­höhe bezeichnet, bei der die Anzahl der Haushalte mit niedrigere­n Einkommen genauso groß ist wie die der Haushalte mit höheren Einkommen. „Angesichts der Schwere des Eingriffs in die Tarifvertr­äge liefe das im Ergebnis auf eine politische Lohnsetzun­g hinaus. Die Tarifauton­omie würde für weite Teile der Beschäftig­ten ihr Primat gegenüber der Politik einbüßen“, sagte Studienlei­ter Hagen Lesch.

Die Studie wurde im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirts­chaft erstellt, einer überwiegen­d von der deutschen Industrie finanziert­en Organisati­on, die Öffentlich­keitsarbei­t für liberale marktwirts­chaftliche Positionen macht.

„Angesichts der Schwere des Eingriffs in

die Tarifvertr­äge liefe das im Ergebnis auf eine politische Lohnsetzun­g

hinaus.“

Hagen Lesch

Studienlei­ter

 ?? FOTO: L. MIRGELER/DPA ?? Eine Anhebung des Mindestloh­ns auf zwölf Euro würde dreimal stärker in das Tarifsyste­m eingreifen als die Einführung des Mindestloh­ns 2015.
FOTO: L. MIRGELER/DPA Eine Anhebung des Mindestloh­ns auf zwölf Euro würde dreimal stärker in das Tarifsyste­m eingreifen als die Einführung des Mindestloh­ns 2015.

Newspapers in German

Newspapers from Germany