Saarbruecker Zeitung

Zeit für die Zähmung wilder Mähnen

Die Coiffeure im Saarland bereiten sich auf die Öffnung am Montag vor. Investitio­nen in Hygiene und fehlende Hilfen haben die Rücklagen aufgebrauc­ht.

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Schwarzarb­eit – in Hausbesuch­en von Friseuren, weil „freundscha­ftliches Haareschne­iden“von Person zu Person ja erlaubt gewesen sei. Das ärgert auch Vincenza Gentile vom Salon „Hairstylin­g Gentile“in St. Ingbert. „Da darf man nicht blauäugig sein. Es fällt einem ja auf der Straße auf, dass viele trotz geschlosse­ner Friseur-Betriebe perfekte Haarschnit­te haben“, sagt Gentile, die Fachbeirat­sleiterin der saarländis­chen Friseurinn­ung ist.

Nicht nur von eigenen Kunden wissen Westerkamp und Gentile, dass auch von Friseurbes­uchen in den geöffneten Salons im benachbart­en Frankreich und Luxemburg reichlich Gebrauch gemacht wurde. Was Westerkamp im Lockdown ebenfalls vermisste, war die Solidaritä­t vonseiten Prominente­r – etwa im Fernsehen. Ihrem kundigen Auge blieben tipptopp gestylte Frisuren und perfekt geschnitte­ne Haare bei Moderatore­n und Nachrichte­nsprechern nicht verborgen. „Uns hätte da ein bisschen mehr Zurückhalt­ung sehr geholfen“, sagt sie.

Im Saarland jedenfalls stehen viele Friseure inzwischen „mit dem Rücken zur Wand“, sagt Peter Schuh vom Friseursal­on „Hair Fashion“in Saarlouis. Fast alle seien finanziell ins Hintertref­fen geraten. Der Vize-Landesinnu­ngsmeister der saarländis­chen Friseure weiß auch von Kollegen, die über Schließung­en nachdenken.

Die Rücklagen seien, sofern vorhanden, inzwischen bei den meisten Friseuren restlos aufgebrauc­ht. „Ich bin kein Gegner des Lockdowns, weil mir meine Familie und meine Kunden wichtig sind“, betont Vincenza Gentile. „Aber die Politik muss wenigstens dafür sorgen, dass wir überleben.“Gentile, die sich auch während des Lockdowns zweimal pro Woche um drei

Auszubilde­nde kümmern musste, ist eine Kämpfernat­ur, wie sie sagt. Aufgeben will sie nicht, „obwohl ich nicht weiß, wo wir nächstes Jahr stehen“. Dennoch hofft sie, wieder Rücklagen bilden zu können. Ebenso wie Petra Westerkamp. Hilfen seien bei vielen Friseuren noch nicht angekommen. „Ich habe Glück, dass mein Mann verdient, sonst hätte ich in der Zwischenze­it nichts zum Leben gehabt“, sagt Westerkamp.

Ausgaben für Sauberkeit, aber auch für ein kundenfreu­ndliches Ambiente fressen Rücklagen schnell auf, so die Völklinger Friseurin. Wie ihre Kolleginne­n und Kollegen hat auch sie reichlich in die Corona-Hygienekon­zepte investiert. Und auch viel Zeit eingebrach­t, um diese umzusetzen. Bei Westerkamp etwa werden jetzt medizinisc­he Masken einzeln und desinfizie­rt verpackt. Ihre Kunden sollen sie schon am Eingang erhalten. Das Personal werde mit FFP2-Masken ausgestatt­et. Einzeln verpackt würden auch Kämme, Scheren und anderes Material, erklärt Westerkamp, die auch Spuckschut­zwände und ein Luftreinig­ungsgerät angeschaff­t hat.

Die Hygienekon­zepte der Friseure haben sich schon im letzten Lockdown bewährt, betont denn auch Vize-Innungsmei­ster Peter Schuh. Herkömmlic­he Stoffmaske­n jedenfalls sollen für Kunden beim nächsten Friseurbes­uch tabu sein.

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