Datenschützer warnen vor App „Clubhouse“
Gespräche würden aufgezeichnet, Kontaktdaten gespeichert – die US-amerikanische Software verstoße gegen die Datenschutzgrundverordnung.
Anfang des Jahres sorgte der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) für Aufsehen. In der App „Clubhouse“bezeichnete er Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) als „Merkelchen“. Außerdem erzählte er freimütig, dass er sich während der Sitzungen der Ministerpräsidenten die Zeit mit einem beliebten Smartphone-Spiel vertreibe. Was Ramelow zu diesem Zeitpunkt wohl nicht wusste: Tausende können den Unterhaltungen in der App zuhören. Prompt entschuldigte sich Ramelow. Die Aussage über die Bundeskanzlerin
sei „ein Akt männlicher Ignoranz“gewesen. Um die App nutzen zu können, muss man von anderen Mitgliedern zuerst eingeladen werden. Anschließend kann man auf der Plattform Diskussionen führen, während Dritte zuhören.
Datenschützer warnen jedoch vor der Software. Am Donnerstag teilte die Landesdatenschutzbeauftragte Monika Grethel dem Unterausschuss für Datenschutz und Informationsfreiheit des Landtages ihre Bedenken mit. Offenbar verstoße die App „massiv gegen die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSVGO)“, sagte Frank Wagner (CDU) nach der Sitzung. Denn der Betreiber der Software, die US-amerikanische Firma Alpha Exploration Co., greife die auf den Geräten der Nutzer gespeicherten Kontaktdaten ab. „Die Kontakte der Nutzer wissen dabei gar nicht, dass ihre Daten gespeichert werden“, so Wagner. Besonders problematisch sei das für Behörden, Firmen und Politiker, die die App nutzten, sagte Dennis Lander (Linke). Die DSVGO gelte nicht für Privatpersonen. Wenn diese die App nutzen, und die Kontaktdaten der Familie beispielsweise abgegriffen werden, sei es „schwer das anzugreifen“. Öffentliche Personen und Körperschaften hingegen seien in der datenschutzrechtlichen Verantwortung, „weil sie nicht das Einverständnis ihrer Kontakte einholen“. Die CDU-Bundestagsfraktion habe nach Angaben Wagners den Mitgliedern untersagt, die Software dienstlich zu nutzen.
Weiteres Problem: Derzeit gebe es in Europa keine Geschäftsstelle des Unternehmens, die für Behörden Ansprechpartner wäre, so Lander. Das müsste eigentlich mit einem Bußgeld geahndet werden, betonte Wagner. Die Datenschutzbehörde von Hamburg habe sich in Absprache mit den anderen Bundesländern nun darum bemüht, einen Kontakt herzustellen, erklärte Rudolf Müller (AfD), Vorsitzender des Unterausschusses. Bislang aber ohne Erfolg. Dass die allgemeinen Geschäftsbedingungen und die Datenschutzerklärung auch lediglich in Englisch, und nicht wie vorgeschrieben in Deutsch vorlägen, verstoße zusätzlich gegen die DSVGO.
Seit kurzer Zeit sei bekannt, dass das Unternehmen nicht nur Server in den USA nutze, sondern auch in China. „Der chinesische Staat liest ja auch gerne mal mit“, warnte Lander. Davon müsse man auch bei „Clubhouse“ausgehen. Gespräche in der App würden aufgezeichnet. Angeblich, um radikale Äußerungen später nachverfolgen zu können. Dies sehen Datenschützer aber nur als Vorwand.
Die App erstelle auch sogenannte Schattenprofile. Bekanntester Fall sei der ADAC. Ein Nutzer der App hätte den Verkehrsclub in seinen Kotaktdaten auf dem Smartphone gespeichert gehabt. Die Software soll diese Daten abgegriffen und ein ADAC-Profil auf „Clubhouse“erstellt haben – „obwohl sich der ADAC niemals bei der App registriert hatte“, erklärte Linken-Politiker Lander.
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbz) hatte den Anbieter der App im Januar wegen „gravierender rechtlicher Mängel“abgemahnt und eine Unterlassungserklärung gefordert. Sollte das Unternehmen darauf nicht reagieren, könnte der vzbv beim Landgericht Berlin Klage einreichen und ein Bußgeld verhängen lassen.