„Es gibt lebenswichtige Gründe, den Zuckerkonsum zu reduzieren“
SAARBRÜCKEN (ml) Im Gegensatz zu Eiweiß sättigt uns Zucker nicht. „Die meisten Säugetiere decken ihren Bedarf an Zucker, indem sie ihn in der Leber selbst produzieren – vorwiegend aus Aminosäuren“, erläutert der Ernährungsexperte Professor Dr. Gregor Hasler von der Uni Freiburg. Das spreche dafür, dass in der noch unkultivierten Natur zuckerhaltige Lebensmittel wie Früchte und Honig sehr selten waren.
Da Zucker rar war, aber schnell verwertbare Energie lieferte, verwundert es wenig, dass das Belohnungssystem
in unserem Gehirn stark auf süße Nahrungsmittel anspricht. Da uns heute Zucker und zuckerhaltige Produkte massenhaft zur Verfügung stehen, erstaunt es kaum, dass wir unsere Vorliebe für Süßes kaum bändigen können.
Die negativen Auswirkungen des Zuckers auf unsere Gesundheit sind gut erforscht. „Zu viel Zucker im Blut ist ein schlimmes Gift“, sagt Hasler, „Proteine und Gefäßwände reagieren chemisch mit ihm. Dies führt langfristig zu irreparablen Schäden wie Arterienverkalkung, Blindheit, Nierenversagen, Nervenschädigungen, Herzkrankheiten und Demenz. Es gibt also lebenswichtige Gründe, sofort anzufangen, den Zuckerkonsum zu reduzieren.“
Ein Überangebot an Zucker kann auch zu Diabetes führen. Zunächst ist die Insulinproduktion in der Bauchspeicheldrüse gestört. Daher wird der Zucker nicht mehr richtig im Körper verteilt.
Im Gehirn ist Insulin für zahlreiche Funktionen zuständig. Im Hippocampus, einer Gehirnregion, die wichtig fürs Lernen und Erinnern ist, fördert das Hormon die Regeneration. „Eine Insulinresistenz führt in diesem System zu Interessensverlust und Freudlosigkeit“, erklärt Hasler. Die Stressempfindlichkeit steigt. Ein hoher Zuckerkonsum senkt die Ausschüttung des Wachtumsfaktors BDNF, eines Protein, das als eine Art Dünger für die Gehirnentwicklung gilt. Ein Mangel führt zu Depression und Hirnschrumpfung.
In einer anderen Region des Gehirns, dem Hypothalamus, hilft Insulin, vegetative Funktionen wie zum Beispiel Schlaf und Appetit zu steuern. „Ein gestörter Insulinhaushalt kann deshalb zu noch mehr Hunger und zu Schlafstörungen führen“, sagt Hasler. Daher fördert ein übermäßiger Zuckerkonsum Übergewicht, Angst und depressive Störungen.
Weil Insulin nicht nur das Wachstum von Fettgewebe, Muskeln und Knochen stimuliert, sondern auch eine wichtige Rolle bei der Hirnentwicklung spielt, „sollte der Zuckerkonsum von Kindern beschränkt werden“, sagt Hasler.