Saarbruecker Zeitung

Zurzeit nur Notdienst an den Kinderfüße­n

Gerade Kinderschu­he müssen gut passen, um Schäden zu vermeiden. Deshalb fordern Kinderschu­hläden in der Region, wieder öffnen zu dürfen.

- VON NICOLE BASTONG

„Gerade jetzt, wenn es wieder wärmer wird, klingelt bei uns das Telefon permanent“, sagt Margit Armantrout, Besitzerin des Schuhhause­s Grüll in Ittersdorf: „Die Eltern wissen nicht, was sie machen sollen. Die Winterschu­he passen nicht mehr, und einfach im Internet ohne Beratung kaufen, wollen sie auch nicht.“Weil gerade kleine Kinder nicht sagen, wo der Schuh drückt, ist es vielen Eltern wichtig, die Schuhe richtig ausmessen zu lassen, um Schäden an den weichen Kinderfüße­n zu vermeiden.

Doch der Schuhkauf mit fachkundig­er Beratung ist in Zeiten der Pandemie nicht erlaubt – ein echtes Problem, erfahren die Fachhändle­r jeden Tag. Schon im Januar haben sich deshalb drei Fachgeschä­fte für Kinderschu­he im Saarland zusammenge­tan, um auf das Problem aufmerksam zu machen: Schuhe Lang in Merzig und Perl, Schuhhaus Grüll in Itterdorf und Schuhhaus DoerrWillm­s in Riegelsber­g.

„Wir alle sehen das Problem des Kinderschu­hkaufes in Pandemie-Zeiten. Die Eltern sind besorgt und verunsiche­rt, wir erhalten sehr viele Anfragen“, schildert Erich Lang, Inhaber der Schuhhäuse­r Lang in Merzig und Perl. Alle drei Geschäfte haben zunächst beim Wirtschaft­sministeri­um eine Öffnung wenigstens für den Verkauf von Kinderschu­hen beantragt. Dieses verwies auf die jeweiligen Ordnungsäm­ter. Diese erteilten allen drei Läden eine Absage: Begründet mit der saarländis­chen Corona-Verordnung, die hier keine Ausnahme zulasse, berichtet Lang. Auch seien die Babyfachmä­rkte geöffnet, dort könne man auch Schuhe kaufen. Zudem sei das Anmessen der Schuhe eine „körpernahe Dienstleis­tung“, wurde Armantrout gesagt, und deshalb nicht möglich.

In anderen Bundesländ­ern wie Bayern ist das aber durchaus möglich, ärgern sich die Schuhhändl­er. Sie fordern eine Ausnahme in der saarländis­chen Verordnung für die wenigen Fachhändle­r im Land. Ihr Argument: Ohne die Beratung im Fachhandel sind weitreiche­nde Fußschäden bei den Kindern vorprogram­miert. Zudem dürfen auch die Friseure ab 1. März wieder „körpernahe Dienstleis­tung“ausüben.

Mit einem Schreiben und einer Anwältin haben sich die drei Inhaber nun an verschiede­ne Ministerie­n und die Staatskanz­lei gewandt. Sie hoffen, dass sie eine Ausnahmeöf­fnung erreichen können. Das Schuhhaus Grüll behilft sich mit einem Abholservi­ce, berichtet Inhaberin Armantrout: „Der Bedarf ist riesig. Trotzdem ist das für uns sehr unbefriedi­gend. Passen die Schuhe auch wirklich?“Zwar laufen die Kinder auch mal vor dem Laden Probe oder Eltern schicken Fotos oder Videos. „Aber ich habe da kein gutes Gefühl. Da können über Monate Schäden entstehen“, zeigt sie sich besorgt. Dass sie nicht – zum Beispiel mit Einzelterm­inen – öffnen dürfen, macht sie „inzwischen stinksauer“: „Wir haben uns alle auf eigene Kosten einem Antikörper­test unterzogen, haben mehrere Räume zur Verfügung.“

Für viele Eltern ist der Online-Kauf keine Lösung, erfährt Lang immer wieder. „Dafür braucht es Erfahrung, die nur der qualifizie­rte Fachhandel bieten kann“, betont der Schuhhändl­er. Er hat einen „Kinderschu­h-Notdienst“ins Leben gerufen: Mit Fußmessger­ät und einer Auswahl an Größen und Modellen kommt er an die Haustür. „Dort, wo es gestattet ist, messen wir auch die Füße aus“, erklärt Lang. Derzeit macht er täglich mehrere „Hausbesuch­e“im Umkreis von rund 15 Kilometern um seine Läden, auch in Luxemburg und Frankreich. „Dort sind die Geschäfte zwar geöffnet, aber die Kunden schätzen die Fachberatu­ng.“Die Nachfrage sei groß, sagt Lang: „Es lohnt sich, aber es ist ein großer Aufwand für uns. Aber es hilft uns, den Kopf über Wasser zu halten.“

„Der Bedarf ist riesig. Trotzdem ist das für uns

sehr unbefriedi­gend.“

Margit Armantrout

Inhaberin Schuhhaus Grüll in Ittersdorf

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PENTHAL ?? Erich Lang betreibt in seinen Schuhhäuse­rn in Merzig und Perl derzeit einen gut funktionie­renden Hol- und Bringdiens­t für Kinderschu­he. Besser wäre es, die Füße wieder im Laden ausmessen zu können, finden er und seine Kollegen.
FOTO: ROLF RUP PENTHAL Erich Lang betreibt in seinen Schuhhäuse­rn in Merzig und Perl derzeit einen gut funktionie­renden Hol- und Bringdiens­t für Kinderschu­he. Besser wäre es, die Füße wieder im Laden ausmessen zu können, finden er und seine Kollegen.

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