Zurzeit nur Notdienst an den Kinderfüßen
Gerade Kinderschuhe müssen gut passen, um Schäden zu vermeiden. Deshalb fordern Kinderschuhläden in der Region, wieder öffnen zu dürfen.
„Gerade jetzt, wenn es wieder wärmer wird, klingelt bei uns das Telefon permanent“, sagt Margit Armantrout, Besitzerin des Schuhhauses Grüll in Ittersdorf: „Die Eltern wissen nicht, was sie machen sollen. Die Winterschuhe passen nicht mehr, und einfach im Internet ohne Beratung kaufen, wollen sie auch nicht.“Weil gerade kleine Kinder nicht sagen, wo der Schuh drückt, ist es vielen Eltern wichtig, die Schuhe richtig ausmessen zu lassen, um Schäden an den weichen Kinderfüßen zu vermeiden.
Doch der Schuhkauf mit fachkundiger Beratung ist in Zeiten der Pandemie nicht erlaubt – ein echtes Problem, erfahren die Fachhändler jeden Tag. Schon im Januar haben sich deshalb drei Fachgeschäfte für Kinderschuhe im Saarland zusammengetan, um auf das Problem aufmerksam zu machen: Schuhe Lang in Merzig und Perl, Schuhhaus Grüll in Itterdorf und Schuhhaus DoerrWillms in Riegelsberg.
„Wir alle sehen das Problem des Kinderschuhkaufes in Pandemie-Zeiten. Die Eltern sind besorgt und verunsichert, wir erhalten sehr viele Anfragen“, schildert Erich Lang, Inhaber der Schuhhäuser Lang in Merzig und Perl. Alle drei Geschäfte haben zunächst beim Wirtschaftsministerium eine Öffnung wenigstens für den Verkauf von Kinderschuhen beantragt. Dieses verwies auf die jeweiligen Ordnungsämter. Diese erteilten allen drei Läden eine Absage: Begründet mit der saarländischen Corona-Verordnung, die hier keine Ausnahme zulasse, berichtet Lang. Auch seien die Babyfachmärkte geöffnet, dort könne man auch Schuhe kaufen. Zudem sei das Anmessen der Schuhe eine „körpernahe Dienstleistung“, wurde Armantrout gesagt, und deshalb nicht möglich.
In anderen Bundesländern wie Bayern ist das aber durchaus möglich, ärgern sich die Schuhhändler. Sie fordern eine Ausnahme in der saarländischen Verordnung für die wenigen Fachhändler im Land. Ihr Argument: Ohne die Beratung im Fachhandel sind weitreichende Fußschäden bei den Kindern vorprogrammiert. Zudem dürfen auch die Friseure ab 1. März wieder „körpernahe Dienstleistung“ausüben.
Mit einem Schreiben und einer Anwältin haben sich die drei Inhaber nun an verschiedene Ministerien und die Staatskanzlei gewandt. Sie hoffen, dass sie eine Ausnahmeöffnung erreichen können. Das Schuhhaus Grüll behilft sich mit einem Abholservice, berichtet Inhaberin Armantrout: „Der Bedarf ist riesig. Trotzdem ist das für uns sehr unbefriedigend. Passen die Schuhe auch wirklich?“Zwar laufen die Kinder auch mal vor dem Laden Probe oder Eltern schicken Fotos oder Videos. „Aber ich habe da kein gutes Gefühl. Da können über Monate Schäden entstehen“, zeigt sie sich besorgt. Dass sie nicht – zum Beispiel mit Einzelterminen – öffnen dürfen, macht sie „inzwischen stinksauer“: „Wir haben uns alle auf eigene Kosten einem Antikörpertest unterzogen, haben mehrere Räume zur Verfügung.“
Für viele Eltern ist der Online-Kauf keine Lösung, erfährt Lang immer wieder. „Dafür braucht es Erfahrung, die nur der qualifizierte Fachhandel bieten kann“, betont der Schuhhändler. Er hat einen „Kinderschuh-Notdienst“ins Leben gerufen: Mit Fußmessgerät und einer Auswahl an Größen und Modellen kommt er an die Haustür. „Dort, wo es gestattet ist, messen wir auch die Füße aus“, erklärt Lang. Derzeit macht er täglich mehrere „Hausbesuche“im Umkreis von rund 15 Kilometern um seine Läden, auch in Luxemburg und Frankreich. „Dort sind die Geschäfte zwar geöffnet, aber die Kunden schätzen die Fachberatung.“Die Nachfrage sei groß, sagt Lang: „Es lohnt sich, aber es ist ein großer Aufwand für uns. Aber es hilft uns, den Kopf über Wasser zu halten.“
„Der Bedarf ist riesig. Trotzdem ist das für uns
sehr unbefriedigend.“
Margit Armantrout
Inhaberin Schuhhaus Grüll in Ittersdorf