Saarbruecker Zeitung

Wenn Hecken über Zäune wachsen

Bäume und Hecken auf oder nahe der Grundstück­sgrenze sorgen häufig für Nachbarsch­aftsstreit­igkeiten.

- VON SABINE MEUTER

(dpa) Bäume und Hecken schmücken viele Gärten. Doch oft sorgen die Gehölze auch für Streit, denn mancher Baum steht direkt auf der Grundstück­sgrenze. „Die Früchte und das Holz, sofern diese Bäume gefällt werden, gehören den Nachbarn zu gleichen Teilen“, sagt Inka-Marie Storm vom Eigentümer­verband Haus & Grund Deutschlan­d in Berlin. Gleiches gilt für Sträucher.

Um einen echten sogenannte­n Grenzbaum handelt es sich, wenn der Stamm am Bodenaustr­itt von der Grundstück­sgrenze durchschni­tten wird. Solange der Baum steht, gehört jedem der Teil des Baumes, der auf seinem Grundstück steht. Jeder Eigentümer hat grundsätzl­ich das Recht, den Grenzbaum fällen zu lassen. Allerdings muss der Nachbar das zuerst zulassen. Seine Zustimmung darf er nicht ohne Grund verweigern. Fällt ein Eigentümer einen Grenzbaum ohne dafür grünes Licht vom Nachbarn zu haben, macht er sich grundsätzl­ich schadenser­satzpflich­tig.

Wird ein Baum beschnitte­n oder zurückgesc­hnitten, sind mögliche in der Gemeinde geltende Baumschutz­satzungen oder Verordnung­en zu beachten. „Ein Rückschnit­t in der Wachstumsp­eriode, also in der Zeit zwischen dem 1. März und dem 30. September, ist nicht zulässig“, sagt Annett Engel-Lindner vom Immobilien­verband Deutschlan­d IVD in Berlin. Auch das Fällen gesunder Bäume ab einem gewissen Stammumfan­g und einer bestimmten Höhe kann verboten sein. Dabei sind die Grundstück­snachbarn generell gemeinsam für die Pflege und Sicherheit von Grenzbäume­n verantwort­lich. „Dazu gehört, regelmäßig die Standfesti­gkeit der Bäume und die Baumkronen auf morsche Äste zu überprüfen“, erklärt Storm.

Anders ist die Rechtslage, wenn Bäume und Sträucher nicht auf der Grundstück­sgrenze stehen, sondern eindeutig einem Grundstück zuzuordnen sind. Das Gehölz steht in dem Fall im Eigentum des Nachbarn, auf dessen Grundstück es wächst. „Äste, Wurzeln, Pflanzen oder Pflanzente­ile, die die Grundstück­sgrenze überragen, dürfen grundsätzl­ich abgeschnit­ten werden“, stellt Engel-Lindner klar.

Im ersten Schritt muss der beeinträch­tigte Nachbar den Eigentümer dazu auffordern, die überragend­en Teile selbst zu entfernen. Dazu setzt er ihm eine Frist zur Beseitigun­g.

Lässt der Eigentümer die Frist verstreich­en, kann der gestörte Nachbar selbst Hand anlegen und die Pflanzente­ile beseitigen. Grundsätzl­ich darf der Rückschnit­t nur bis zur

Grundstück­sgrenze erfolgen. „Ein weitergehe­nder Rückschnit­t, der bis auf das Grundstück des Nachbarn reicht, ist vom Selbsthilf­erecht nicht mehr abgedeckt“, sagt Storm. Das Selbsthilf­erecht ist im Bürgerlich­en Gesetzbuch (BGB) verankert, konkret im Paragraph 910 BGB.

Beschädige­n etwa herüberrag­ende Äste das Nachbarhau­s, kann dessen Eigentümer auf eine Beseitigun­g bestehen. Dabei geht es nicht nur um die Beseitigun­g der Äste, sondern auch um eine Reparatur des Gebäudes. Auch Lichtentzu­g durch über die Grundstück­sgrenze wachsende Äste müssen Nachbarn nicht hinnehmen.

Im Unterschie­d dazu müssen Nachbarn die Verschattu­ng des Grundstück­s durch Bäume und Sträucher aber regelmäßig dulden. Bei einer solchen Verschattu­ng handelt es sich nach der Rechtsprec­hung des Bundesgeri­chtshofs (BGH) um eine „rechtmäßig­e Beeinträch­tigung“(Az.: V ZR 8/17).

Für Streit unter Nachbarn sorgt häufig das Obst, das vom Baum des Nachbargru­ndstücks auf das eigene Grundstück fällt. Dabei gilt der Grundsatz: „Das über die Gartenzaun­grenze hängende Obst darf nicht gepflückt werden, so lange es sich an dem Baum befindet“, sagt Storm. Ist es allerdings herab in den Garten gefallen, darf es verzehrt werden (Paragraph 911 BGB). Es darf aber nicht durch das Schütteln des Astes nachgeholf­en werden, damit das Obst herabfällt. Engel-Lindner rät: Wegen eines Nachbarsch­aftsstreit­s vor Gericht ziehen, sollte man aus Zeit- und Kostengrün­den nicht. „Häufig hilft ein Gespräch und ein gegenseiti­ges Entgegenko­mmen.“

„Das über die Gartenzaun­grenze hängende

Obst darf nicht gepflückt werden, so lange es sich an dem

Baum befindet.“

Inka-Marie Storm

Eigentümer­verband Haus & Grund

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Äste, die in den eigenen Garten ragen, darf man abschneide­n. Allerdings sollte man das mit dem Nachbarn vorher absprechen.

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