Auch Unterforderung führt zu Stress
Nicht jeder hat eine Stelle, die der eigenen Qualifikation entspricht. Darunter leidet oft die Motivation
weit übertrifft. Schließlich könnte ein potenzieller Arbeitgeber befürchten, dass das Arbeitsverhältnis nicht lange währt, wenn sich die Person bald nach einer „adäquaten“Stelle umschaut.
Laut IAB-Fachfrau Basha Vicari überwiegt fachliche Qualifikation in der Gunst der Arbeitgeber der formalen. Deshalb rät sie bei Bewerbungsgesprächen, diese Fähigkeiten in den Vordergrund zu stellen, und Aufstiegschancen zu verhandeln. „Eine unterwertige Beschäftigung kann nach einer beruflichen Umorientierung eine gute Einstiegschance sein, gerade in kleineren Betrieben, um sich dann beispielsweise berufsbegleitend weiterzubilden.“
Enno Maaß schlägt Bewerbern vor, plausibel darzulegen, warum sie genau diesen Job haben wollen und motiviert sind. Etwa, weil es noch private Projekte gibt und die Art des Jobs gut in die Lebensplanung passt. Oder weil der Bewerber bereits festgestellt hat, dass der eigentlich erlernte Beruf eben nicht der Traumjob ist.
Finanziell muss eine unterqualifizierte Beschäftigung nicht unbedingt einen Nachteil bedeuten. Ein fiktives Beispiel: Wer als gelernter Bäcker nun in der Autoindustrie am Fließband arbeitet, übt zwar formal eine Hilfstätigkeit aus, verdient aber trotzdem mehr als zu den Zeiten als Bäcker. Und hat vielleicht sogar noch bessere Arbeitszeiten. Dazu kommt: Verglichen mit den Personen, auf deren Anforderungslevel sie arbeiten, haben Überqualifizierte durchschnittlich höhere Löhne, sagt Vicari. „Wenn ich Fähigkeiten aus meiner eigentlichen Qualifikation, etwa der Ausbildung, auf die neue Stelle übertragen kann, wird das entsprechend entlohnt.“
Auf der anderen Seite gilt der Arbeitsmarktspezialistin zufolge aber: „Wer lange überqualifiziert beschäftigt ist, sendet an potenzielle Arbeitgeber ein negatives Signal.“Das könne über Jahre wie eine Art Stigma wirken, irgendwann wird es schwierig, zurück in eine adäquate Beschäftigung zu finden. Genau das führe auf Dauer zu einer geringeren Lebenszufriedenheit. Maaß rät in so einem Fall dazu, für sich selbst herauszufinden, woher die eigene Unzufriedenheit rührt. Was steckt hinter der gefühlten Unterforderung? Behandelt einen der Vorgesetzte nicht optimal?