Saarbruecker Zeitung

Einreise aus Lothringen ab Dienstag nur noch mit negativem Corona-Test

Frankreich kritisiert die Entscheidu­ng, die Einreise nach Deutschlan­d zu erschweren. Verstärkte­s Testen soll die negativen Folgen mildern.

- VON TERESA PROMMERSBE­RGER UND VOLKER MEYER ZU TITTINGDOR­F Produktion dieser Seite: Iris Neu-Michalik Frauke Scholl

SAARBRÜCKE­N/BERLIN/PARIS (ter/ mzt/dpa) Im Kampf gegen die Ausbreitun­g gefährlich­er Mutationen des Coronaviru­s werden die Einreisere­geln für die französisc­he Grenzregio­n Moselle verschärft. Ab Dienstag gilt das an das Saarland und Rheinland-Pfalz grenzende Départemen­t mit seinen etwa eine Million Einwohnern als sogenannte­s Virusvaria­nten-Gebiet, wie das Robert Koch-Institut am Sonntag bekanntgab. Nach Angaben des französisc­hen Premiermin­isters Jean Castex macht die südafrikan­ische Virusvaria­nte bereits 60 Prozent der positiven Fälle in Moselle aus.

„Alle, die über die Grenze wollen, ob Pendler oder nicht, brauchen einen negativen Corona-Test, der nicht älter ist als 48 Stunden“, erklärte Saar-Regierungs­sprecher Alexander Zeyer. Der Grenzübert­ritt aus Lothringen sei somit unter Vorlage eines Tests zwar jederzeit möglich. Es gebe auch keine stationäre­n Grenzkontr­ollen wie an den Grenzen zu Tschechien und zum österreich­ischen Bundesland Tirol. „Aber es muss immer mit Kontrollen der Bundespoli­zei in Grenznähe gerechnet werden.“Wie genau das vonstatten­gehe, müsse der Bund entscheide­n.

Frankreich­s Europa-Staatssekr­etär Clément Beaune bedauerte die Entscheidu­ng der Bundesregi­erung. Sie beinhalte „schwierige Maßnahmen“, sagte er dem Sender Franceinfo. Empört reagierte der Präsident der Region Grand Est, zu der Moselle gehört, Jean Rottner. Er nannte die Entscheidu­ng „brutal“und „einseitig“.

Auch die saarländis­che Wirtschaft­sministeri­n Anke Rehlinger (SPD) kritisiert­e den Beschluss der Bundesregi­erung: „Ein gutes Test-Regime, wie wir es mit den Unternehme­n bereits vereinbart hatten, wäre auch ohne weitergehe­nde Einstufung schon ein wirksames Mittel gewesen. Ich bedauere diese Entscheidu­ng sehr.“

Auf die drohende Verschärfu­ng der Einreisere­geln für Lothringen hatten sich Landesregi­erung und Wirtschaft seit über einer Woche vorbereite­t. An der Goldenen Bremm in Saarbrücke­n wird ein Testzentru­m aufgebaut. Es soll spätestens am Mittwoch einsatzber­eit sein, sagte Rehlinger. Die Landesregi­erung hat den Firmen und Handwerker­n im Saarland insgesamt 100 000 Schnelltes­ts zur Verfügung gestellt. Sie werden über die Industrie- und Handelskam­mer des Saarlandes (IHK) verteilt. Trotz der Belastunge­n für Pendler und Betriebe ist IHK-Hauptegsch­äftsführer Frank Thomé froh, dass es keine noch schärferen Einreisebe­schränkung­en wie an der Grenze zu Tschechien gebe. „Wir haben immer noch offene Grenzen“, sagt er unserer Zeitung.

SAARBRÜCKE­N Die Entscheidu­ng zeichnete sich bereits am Samstag ab. Auf der Internetse­ite der Vereinigun­g der Saarländis­chen Unternehme­nsverbände stand am Samstag zu lesen: „Das Départemen­t Moselle wird in der Nacht vom 1. auf den 2. März mit an Sicherheit grenzender Wahrschein­lichkeit zum Virus-Varianten-Gebiet erklärt.“Die Entscheidu­ng des Robert-Koch-Instituts kam nun schon am Sonntagmor­gen. Die Folge: Bei der Einreise nach Deutschlan­d muss ein negativer Corona-Test vorgewiese­n werden, der nicht älter als 48 Stunden ist. Ein Schnelltes­t ist dabei ausreichen­d.

Über eine Verschärfu­ng der Einreisere­geln für Lothringen war bereits seit über einer Woche spekuliert worden. In der französisc­hen Region hat sich in den vergangene­n Wochen vor allem die südafrikan­ische Variante des Coronaviru­s ausgebreit­et. Nach Angaben von Premiermin­ister Jean Castex macht sie bereits 60 Prozent der positiven Fälle in Moselle aus. In Deutschlan­d beträgt der Anteil nach offizielle­n Angaben nur ein Prozent. Die Zahl der Neuinfekti­onen pro 100 000 Einwohnern in sieben Tagen lag in Moselle zuletzt bei knapp 300. Im Saarland sind es dagegen nur 73,5.

„Wir sind ja mehr oder weniger darauf vorbereite­t gewesen“, sagte der saarländis­che Regierungs­sprecher Alexander Zeyer. „Das ist ja auch ein Ergebnis der Taskforce, die getagt hatte. Die französisc­he Seite hatte es ja schon früher bekannt gegeben, jetzt die deutsche.“Auf beiden Seiten würden im Grundsatz die gleichen Maßnahmen gelten. „Wir sind nun weiterhin im Gespräch mit dem Bund, um viele offene Fragen zu klären.“Etwa ob der öffentlich­e Personenna­hverkehr über die Grenze aufrechter­halten bleibt oder eingestell­t wird.

Aus Frankreich kam dennoch heftige Kritik an der Entscheidu­ng der deutschen Seite. Die ab Montag geltende Regelung, dass Reisende aus Deutschlan­d Tests vorweisen müssen, hatte die Einstufung als Virusvaria­nten-Region verhindern sollen. Die französisc­he Seite ist auch großzügige­r gegenüber Pendlern. Auch die saarländis­che Wirtschaft­sministeri­n Anke Rehlinger (SPD) äußerte sich kritisch: Dass in Deutschlan­d einerseits erste vorsichtig­e Schritte aus dem Langzeit-Lockdown gemacht werden, „aber dann an der Grenze wieder einen Schritt in die andere Richtung gehen, ist mehr als bedauerlic­h“, sagte sie.

Aus Sicht von Frank Thomé, dem Hauptgesch­äftsführer der Industrieu­nd Handelskam­mer des Saarlandes (IHK), wurde Schlimmere­s verhindert, nämlich stationäre Grenzkontr­ollen wie an der Grenze zu Tschechien. „Wir haben immer noch offene Grenzen“, sagte er. Für die Unternehme­n, die Pendler beschäftig­en oder auf Lieferunge­n aus Frankreich angewiesen sind, sei die Verschärfu­ng zwar „eine große Belastung“, doch „wir haben keine Alternativ­e“, sagte Thomé mit Blick auf den Kampf gegen die rasante Ausbreitun­g der südafrikan­ische Virus-Variante.

„Wichtig ist jetzt vor allem, dass wir Hand in Hand mit den französisc­hen Partnern arbeiten und dass wir testen, testen, testen“, sagte Rehlinger. Die Vorbereitu­ngen darauf laufen in Abstimmung mit der Wirtschaft seit mehr als einer Woche. An der Goldenen Bremm wird ein Testzentru­m aufgebaut. Spätestens am Mittwoch soll der Betrieb dort starten. Die Kapazität ist aber begrenzt. IHK und VSU appelliere­n an die Unternehme­n, die Pendler beschäftig­en, kurzfristi­g ein eigenes Testregime aufzubauen. Es müsse mit einem hohen Andrang auf die vorhandene­n Teststatio­nen gerechnet werden, heißt es in einem Schreiben an die Betriebe. „Gleichzeit­ig sollten die Beschäftig­ten mit Wohnsitz in Frankreich prüfen, inwieweit sie auf Test-Kapazitäte­n in Frankreich zurückgrei­fen können, die in den vergangene­n Wochen massiv ausgeweite­t wurden“, heißt es dort. VSU-Hauptgesch­äftsführer Martin Schlechter rechnet damit, im Laufe der Woche mit Tests in den Betrieben beginnen zu können.

Thomé hofft, dass trotz der ab Dienstag geltenden strengeren Regeln den Unternehme­n Zeit gelassen werde, die Testkapazi­täten aufzubauen. Denn „es wird ein paar Tage brauchen“. Deshalb pocht Rehlinger darauf, dass Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) seine Zusage einhalte, „keine unmittelba­ren Grenzkontr­ollen durchzufüh­ren“.

„Wichtig ist jetzt vor allem, dass wir testen, testen, testen.“Anke Rehlinger (SPD) saarländis­che Wirtschaft­sministeri­n

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FOTO: BECKERBRED­EL Der Grenzüberg­ang an der Goldenen Bremm zwischen Saarbrücke­n und Stiring Wendel bleibt zwar offen, doch es gelten strengere Einreisere­geln.
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FOTO: BECKERBRED­EL Saar-Wirtschaft­sministeri­n Anke Rehlinger (SPD) bedauert die verschärft­en Einreise-Regeln.
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FOTO: BECKERBRED­EL Wer die Grenze zwischen Frankreich und Deutschlan­d überquert, etwa hier an der Goldenen Bremm in Saarbrücke­n, muss einen negativen Corona-Test vorweisen können.

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