Der Haken bei Krediten mit Minuszinsen
Geld aufzunehmen, aber nicht die komplette Summe zurückzahlen zu müssen, ist das Konzept, das sich hinter einem Minuszinskredit verbirgt. Verbraucher sollten indes bei solchen Angeboten vorsichtig sein. Es gibt nichts umsonst.
BREMEN (dpa) Wer einen Kredit aufnimmt, zahlt normalerweise Zinsen. Aber es geht auch andersherum. Immer wieder gibt es Werbung für Kredite mit Minuszinsen. Dabei leihen sich Verbraucher Geld von den Banken in Form eines Kredits und zahlen weniger zurück als sie bekommen haben.
Doch was so attraktiv wirkt, hat auch seine Tücken. „Oft sind bei Minuszinskrediten Vermittler zwischengeschaltet und diese Vermittler verschenken nicht aus Nächstenliebe Geld“, sagt Annabel Oelmann von der Verbraucherzentrale Bremen. Ihnen geht es um die Daten der Verbraucher, um ihnen später passgenaue Angebote zu unterbreiten.
Marketing-Strategie Duygu Damar, wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Institut für Finanzdienstleistungen in Hamburg, nennt Minuszinskredit-Angebote eine Marketing-Strategie von Vermittlern, die in der Regel online arbeiten. Dazu ein Beispiel: Ein Online-Vermittler wirbt mit einer Darlehenssumme von 1000 Euro. Bei minus fünf Prozent etwa müsste der Kreditnehmer nur 950 Euro zurückzahlen und hätte somit 50 Euro an diesem Geschäft „verdient“. Die Differenz zwischen der Kreditsumme und dem niedrigen Endbetrag übernimmt nicht die Bank, sondern die Online-Plattform. „Verbraucher können hinterher mit reichlich Werbung der Plattform rechnen“, erklärt Damar.
Begrenzte Darlehenssumme Derzeit werden Minuszinskredite in der Regel als Sofortkredit bis zu einem Betrag von 1000 Euro angeboten. Aber wie bei jeder Kreditanfrage gilt auch bei einem Minuszinskredit, dass die Bank, die letztendlich den Kredit vergibt, die Bonität überprüft, also die Wahrscheinlichkeit, dass Verbraucher den Kredit zurückzahlen können. Dafür wird häufig bei einer Wirtschaftsauskunftei wie der Schufa die Kreditwürdigkeit angefragt. „Somit muss eine gute Bonität vorliegen, also auch ein regelmäßiges Einkommen“, sagt Oelmann. Selbstständige und Rentner sind nach ihren Angaben häufig von vornherein von Minuszinskredit-Angeboten ausgeschlossen.
Kredit bleibt Kredit Unter dem Strich liegen bei Minuszinskredit-Angeboten die gleichen Hürden vor wie bei anderen Verbraucherkrediten. In der Regel sind es digitale Anbieter, die für Minuszinskredite werben. Sie zahlen an die Vermittler Provisionen, weshalb diese ein Interesse daran haben, so viele Kredite wie möglich zu vergeben.
Inzwischen schreiben aber auch Förderbanken wie die KfW Förderkredite mit Minuszinsen aus, um damit etwa Solaranlagen oder energieeffiziente Sanierungen zu fördern. „Diese Förderkredite werden jedoch von den Hausbanken vergeben, die wiederum eigene Margen berechnen können“, erklärt Verbraucherschützerin Oelmann. Damit fällt letztendlich doch noch ein leicht
positiver Zinssatz auf den Kredit.
Kunden zahlen mit Daten Abseits von Förderkrediten der KfW könnten Minuszinskredite eine Option für diejenigen sein, die sich in einem vorübergehenden Engpass befänden, sagt Damar. Aber mehr als 1000 Euro können Verbraucher hierbei nicht aufnehmen. Um einen solchen Kredit zu beantragen, müssen Interessierte viele persönliche Daten offenlegen. „Das können beispielsweise Informationen zu anderen Krediten, Sparverträgen, Versicherungen und Unterhaltspflichten sein“, zählt Oelmann auf.
Dazu wird ihr zufolge häufig Einblick in das Girokonto verlangt. „Interessierte müssen sich bewusst sein, dass sie mit ihren sensiblen Daten schon bei der Kreditanfrage bezahlen“, betont die Verbraucherschützerin. Je nach den Allgemeinen
Geschäftsbedingungen (AGB) können auch andere Geldhäuser und Kreditvermittler, die mit den Online-Portalen kooperieren, die Daten erhalten.
Mit neuen Angeboten bombadiert
Auch wenn Vermittler die Minuszinskredite häufig als „Schufa-neutral“anpreisen, melden sie sie oft an die Schufa. „Somit besteht das Risiko eines negativen Schufa-Eintrags auch bei Minuszinskrediten, sollten bei der monatlichen Rückzahlung der Raten Probleme auftreten“, erklärt Damar.
In der Praxis müssen sich Verbraucher darauf einstellen, dass sie nach einem Antrag auf einen Minuszinskredit von den Vermittlern regelmäßig mehrere unterschiedliche Kreditangebote bekommen, die keinen Minuszinskredit darstellen. „Die Vermittler hoffen, dass Verbraucher künftig über sie größere Kredite abschließen“, erklärt Oelmann.
Sie verweist darauf, dass Vermittler zwar oft mit einem unglaublich günstigen Zinssatz werben, der tatsächliche Zinssatz jedoch von Kriterien wie der Laufzeit, Höhe und Bonität abhänge. „Demnach kann am Ende im Kreditantrag ein anderer Zinssatz stehen als erhofft“, warnt die Verbraucherschützerin.
Versteckte Nebenkosten Wer sich auf ein Minuszinskredit-Angebot einlässt, sollte auf folgende Punkte achten: Fallen Nebenkosten an? Das kann zum Beispiel der Abschluss einer Restschuldversicherung sein. Eine solche Police lohnt in den allermeisten Fällen nicht. Möglich ist auch, dass der Anbieter beim Kreditnehmer anfordert, weitere Verträge abzuschließen.
„Wenn Verbraucher im Nachhinein unsicher sind, ob die Kreditaufnahme richtig ist, kann der Darlehensvertrag innerhalb von 14 Tagen widerrufen werden“, sagt Oelmann. Mehrere Musterbriefe hierzu sind im Internet zu finden.