Sein letzter regulärer Job war im März 2020
Andreas Beicht ist Lichttechniker und Produktionsleiter. Vor zwei Jahren hat er sich selbstständig gemacht.
SAARBRÜCKEN Andreas Beicht ist einer der Menschen, die bei Veranstaltungen hinter den Kulissen arbeiten. Als Lichttechniker und Produktionsleiter für Konzerte war er lange Jahre beim Saarbrücker Veranstalter Saarevent angestellt, vor zwei Jahren machte er sich selbständig.
Da derzeit keine Veranstaltungen stattfinden, hat er eine große Durststrecke zu überwinden. „Am 13. März letzten Jahres war mein letzter regulärer Job – es war der vorgezogene Abbau von Holidy on Ice in der Saarlandhalle. Danach lief dann erst mal eine Zeit lang gar nichts.“
Zwar habe er letzten Sommer noch bei Autokino-Konzerten oder beim Open-Air-Konzert von Gentleman in Illingen etwas zu tun gehabt, dennoch: „Wenn ich mir überlege, wie viele Dinge mir weggebrochen sind … wenn ich mir das Jahr 2020 anschaue, treibt mir das die Tränen in die Augen.“
Die Soforthilfe habe er als Soloselbständiger erhalten, 3000 Euro vom Saarland und 6000 Euro vom Bund. „Aber da hängt ja immer noch dieses Damoklesschwert über einem, ob man es zurückzahlen muss oder nicht.“Die Novemberhilfe könne er auch nicht beantragen, da diese sich seltsamerweise nach dem Umsatz und nicht nach dem Gewinn richte. Ausgerechnet im letzten November habe Beicht für viel Geld eine Technikanlage verkauft, hatte also einen viel größeren Umsatz als im November 2019.
Der Gewinn sei aber letztes Jahr viel kleiner gewesen – und trotzdem bekomme er keine Unterstützung. Für den Dezember gelte: „Bei bis zu 5000 Euro erwarteter Bezuschussung darf man selbst den Antrag stellen und braucht keinen Steuerberater. Ich habe aber einen zu erwartenden Zuschuss von 5500 Euro. Der Mindestsatz, den der Steuerberater verlangt, ist wiederum 1000 Euro…“
Das sei nun aber das kleinste Problem. Beicht verspricht sich Hilfe vom bundesweiten Programm „Neustart Kultur“, bei sämtlichen anderen Hilfen fielen Soloselbständige wie er durchs Raster. Noch lebe er von den Rücklagen, da das Jahr 2019 und auch der Anfang von 2020 gut gelaufen seien.
Aufs Amt zu gehen, um Grundsicherung zu beantragen, sei keine Option für ihn. Am schlimmsten sei für ihn momentan die Langeweile, kombiniert mit der Tatsache, dass man nicht richtig wisse, wann es weitergeht im Konzertbetrieb.
„Wenn man realistisch an die Sache rangeht, wird einem klar, dass es nicht innerhalb der nächsten drei Monate losgeht. Und wenn es losgeht, wird es sehr schleppend sein.“Beicht geht von Open-Air-Konzerten im Sommer mit beschränkter Zuschauerzahl aus.
Die Veranstalter überlegten es sich aber dreimal, ob sie etwas planen sollen. „Es entstehen ja viel höhere Kosten: Man braucht mehr Personal, man braucht mehr Platz, und es kommen weniger Leute.“Vielleicht werde es sich mit den Konzerten noch bis nächstes Jahr hinziehen.
„Bis die Angst aus den Köpfen der Leute draußen ist, wird es lange dauern.“Sollten die bereits Geimpften schon früher wieder in die Konzertsäle dürfen? „Das ist eine recht schwierige Angelegenheit. Ich würde sagen, man sollte Geimpften keine Privilegien einräumen. Es würde mehr Missmut als Nutzen bringen. Gerade jetzt, wo viele Impfgegner und Aluhüte rumrennen, sollte man damit vorsichtig sein.“
Außerdem wisse man ja noch nicht, ob die Geimpften nicht doch das Virus übertragen können. Er selbst werde sich sofort impfen lassen, das sage ihm sein gesunder Menschenverstand. Trotz allem bleibt Beicht optimistisch und hat keine Zukunftsangst: „Ich mache den Job seit vielen Jahren und das unheimlich gerne. Wenn’s halt nicht geht, muss ich eben einen anderen Job machen. Irgendwas wird immer gehen.“
„Wenn ich mir überlege, wie viele Dinge mir weggebrochen sind … wenn ich mir das Jahr 2020 anschaue, treibt mir das die Tränen in die Augen.“
Andreas Beicht
„Bis die Angst aus den Köpfen der Leute draußen ist, wird es lange dauern.“
Andreas Beicht