Bei Schalke 04 müssen nach dem 1:5 gegen den VfB Stuttgart alle sportlich Verantwortlichen gehen.
Nach dem 1:5-Debakel beim VfB Stuttgart müssen Trainer Gross und Sportvorstand Schneider gehen.
GELSENKIRCHEN (sid) Christian Gross schlich am Sonntagmorgen um kurz vor halb zehn mit gepackten Taschen zur Geschäftsstelle, seine schwarze Baseballmütze tief ins Gesicht gezogen. Nach der letztlich erfolgreichen Spieler-Revolte musste sich der Trainer bei Schalke 04 seine Papiere holen – mit Sportvorstand Jochen Schneider. Ein Paukenschlag und der letzte Akt in einem dramatischen Missverständnis.
Einen Tag nach dem peinlichen 1:5 (1:3) bei Aufsteiger VfB Stuttgart machte das abgeschlagene Bundesliga-Schlusslicht Tabula rasa. Neben Gross (66) und Schneider (50), der ohnehin zum Saisonende hätte gehen sollen, wurden auch Sascha Riether (37), der Lizenzspieler-Koordinator, Co-Trainer Rainer Widmayer (53) und Athletiktrainer Werner Leuthard (59) geschasst. Ein weiterer Tiefpunkt in der Horrorsaison in Königsblau, Fans hängten Banner im Stile von Traueranzeigen am Clubgelände auf.
Die Rauswürfe seien „nach den enttäuschenden Auftritten gegen Dortmund und Stuttgart unausweichlich geworden“, sagte Aufsichtsrats-Chef Jens Buchta. Schneider soll vorerst von Peter Knäbel (54), dem Leiter der „Knappenschmiede“,
beerbt werden. Ex-Nationalspieler Gerald Asamoah (42) wird Riether-Nachfolger. Ein neuer Trainer, der fünfte der Saison, wurde noch nicht präsentiert, das Training an diesem Montag sollen die verbliebenen Athletiktrainer leiten. „Man kann in der aktuellen Situation eigentlich keinen jungen Trainer holen“, sagte Club-Idol Klaus Fischer:
„Es braucht einen erfahrenen Mann. Aber wer tut sich das an?“
Der Schweizer Gross, erst Ende Dezember geholt, gewann nur eines von elf Pflichtspielen. Zuletzt putschten mehrere Führungsspieler, und am Samstag ging S04 auch noch beim VfB unter. „Für mich gibt es kein Aufgeben, nie“, sagte der 66-Jährige noch nach dem 1:5.
Ein paar wenige Schalke-Fans hatten dort den abfahrenden Teambus mit Beschimpfungen verabschiedet.
Laut „Bild-Zeitung“hatten Kapitän Sead Kolasinac, Rio-Weltmeister Shkodran Mustafi und Rückkehrer Klaas-Jan Huntelaar bei Schneider und Riether nach dem 0:4 im Revierderby vor einer Woche die Ablösung des Trainers gefordert. Gross soll Spielernamen verwechselt haben, die Profis sollen auch Taktik und Trainingsmethoden kritisiert haben.
Als Ersatz schlugen sie Eurofighter Mike Büskens und U19-Trainer Norbert Elgert vor, die jedoch abwinkten. Der Verein dementierte das. „Eine Revolution war da nicht“, sagte Riether in Stuttgart. Gab es denn diese Gespräche überhaupt? „Nein“, sagte Mustafi kopfschüttelnd. Wenige Stunden später kam es zum großen Knall. Jetzt arbeitet der designierte Absteiger an einer Neuaufstellung für die 2. Liga. „Die sportliche Situation ist eindeutig, deshalb müssen wir bei jeder noch zu treffenden Personalentscheidung auch über die Saison hinausdenken“, sagte Buchta.
Das Grauen in Stuttgart hatte Gross meist wie zu einer Statue erstarrt in der linken Ecke seiner Coaching-Zone stehend verfolgt, die Hände tief in die Hosentaschen vergraben. Nach der Klatsche sprach er von einem „bitteren Tag“. Es war sein 63. und letzter Tag im Amt als Schalke-Trainer. Doppelpacker Wataru Endo mit seinen ersten Bundesliga-Toren (10./26.), Sturmtank Sasa Kalajdzic (34.) mit seinem elften Saisontor sowie die eingewechselten Philipp Klement (88.) und Daniel Didavi (90.+2) sicherten dem VfB den zweiten Heimsieg dieser Spielzeit. Kolasinac konnte nur verkürzen (40.). Der eingewechselte Nabil Bentaleb vergab die Chance zum 2:3, als er mit einem Foulelfmeter an VfB-Torwart Gregor Kobel scheiterte (72.). Die ersten drei Gegentore fielen, mal wieder, nach Standards.
„Es braucht einen erfahrenen Mann. Aber wer
tut sich das an?“
Schalke-Idol Klaus Fischer über die Suche nach einem neuen Trainer
beim Fußball-Bundesligisten