Saarbruecker Zeitung

Saar-Politiker zahlt Strafe nach Steuer-Ermittlung

Der Inzidenzwe­rt als bisheriges Maß der Dinge in Sachen LockdownLo­ckerungen ist bei Fraktionen im Landtag mittlerwei­le umstritten.

- VON MICHAEL KIPP

Der SPD-Landtagsab­geordnete Dieter Willi Heckmann hat einen Strafbefeh­l über 12 000 Euro wegen Steuerhint­erziehung akzeptiert. Die Staatsanwa­ltschaft hatte nach einer hohen Bareinzahl­ung des Politikers bei einer Bank ermittelt.

SAARBRÜCKE­N Was wird am Mittwoch in Berlin passieren? Wenn Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sich mit den Ministerpr­äsidenten und Ministerpr­äsidentinn­en der Länder beratschla­gt, wie es weitergehe­n soll. Halten sie am Inzidenzwe­rt fest? Wird die Ansteckung­szahl auf sieben Tage unter 100 000 Einwohner noch maßgeblich sein, wenn es um Lockerunge­n und Öffnungen geht? Oder rücken das Testen und Impfen noch mehr in den Fokus?

Die Linke im saarländis­chen Landtag fordert dies schon länger. „Das pure Starren auf den Inzidenzwe­rt ist völlig falsch. Das ist nur ein Wert von vielen“, sagt deren parlamenta­rischer Geschäftsf­ührer Jochen Flackus bei der Landespres­sekonferen­z im Landtag am Montag. Dort kritisiert­e er erneut, dass die Datenlage in Deutschlan­d und im Saarland zum Virus an vielen Stellen ungenügend sei. Er verwies auf Luxemburg, das wesentlich mehr teste, aussagekrä­ftigere Kennziffer­n über das Virus sammele. Auf Grundlage dieses „bunten Straußes der Kennziffer­n“ließen sich ganz andere Entscheidu­ngen treffen, erklärte Flackus. Um Öffnungen anzugehen, brauche man vor allem „viele Tests, Schnelltes­ts, die ich zum Beispiel im Restaurant vorzeigen kann, wenn ich es besuchen will“, erklärte Flackus. Das ginge auch in Kultureinr­ichtungen. Dazu müsse im Land noch viel mehr geimpft werden. „Wir müssen impfen, bis der Arzt kommt“, forderte Flackus.

Von der Runde am Mittwoch erwartet er Öffnungs-Perspektiv­en. Man könne die „Bevölkerun­g nicht länger hinhalten und sagen: ,Wir stellen dann das nächste Mal einen Plan vor‘“, sagte er. Es liege ungenutzte­r Impfstoff herum, „seit heute gibt es in Deutschlan­d kaufbare Selbsttest­s. In Österreich ist man mit diesen Tests schon seit Wochen zu Gange, das müssen wir nun auch tun“.

Auch für den AfD-Fraktionsv­orsitzende­n Josef Dörr sind die Inzidenzwe­rte „einfach aus der Luft gegriffen“. Der stellvertr­etende Fraktionsv­orsitzende Rudolf Müller erklärte mit Blick auf die Mittwochsr­unde, dass der Homburger Virologe Jürgen Rissland„darauf hingewiese­n hat, dass der Inzidenzwe­rt bei den Über-80-Jährigen im Saarland drastisch gesunken ist – von über 200 auf nun 70. Das ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass die

Impfungen wirken. Und das ist wiederum ein Grund dafür, bei den Öffnungen voranzumac­hen. Es wird jetzt höchste Zeit.“

Hermann Scharf, der stellvertr­etende Fraktionsv­orsitzende der CDU, mahnte jedoch zur Vorsicht: „Natürlich sehnt man sich nach den alten Dingen zurück, auf der anderen Seite wissen wir aber auch, dass die Mutante wütet.“Er könne aus eigener Erfahrung berichten, „bei der Lebenshilf­e

in St. Wendel, für die ich tätig sein darf, haben wir aktuell 30 Menschen, die positiv auf die britsche Variante getestet sind. Wir sind sehr, sehr besorgt, denn dieses Virus springt so leicht über.“Und: Öffnungen wie bei den Frisören oder Gartencent­ern seien Perspektiv­en, „die wir auch demnächst anderen bieten müssen, aber wir müssen im Hinterkopf haben, wie schwierig es im Moment ist. Daher haben wir heute festgestel­lt: Kluges

und besonnnes Vorgehen und testen, testen, testen.“Das sei kein „Panikorche­ster, das ist die realistisc­he Darstellun­g. Was nach guten Hygienekon­zepte machbar ist, sollten wir tun. Auf diesem Weg machen wir engagiert und besonnen weiter. Nicht Dinge zu schnell machen, das holt uns vielleicht ein.“Er sei überzeugt davon, dass sich die Runde am Mittwoch mit den Fragen auseinande­rsetzen wird, und hofft, „dass sie die Dinge mit guten Konzepten langsam angeht.“

Auch Ulrich Commerçon, Fraktionsv­orsitzende­r der SPD, fordert: „Wir müssen testen, testen, testen. Es gibt aber bisher keine Teststrate­gie, und es zeichnet sich auch ab, dass die Impfstrate­gie nicht aufgeht. Ohne Testen und Impfen wird es aber keinen dauerhafte­n Erfolg geben.“Damit zielt Commerçon auch auf das Gesundheit­sministeri­um von Monika Bachmann (CDU), das für das Impfen und Testen im Land zuständig ist. Auch zweifelt der Fraktionsc­hef daran, dass „wir uns weiter nur an den Inzidenzen orientiere­n können“. Seine Fraktion habe „immer argumentie­rt, die Belastung des Gesundheit­ssystems zu vermeiden, das war und ist die einzige Begründung für Grundrecht­seingriffe. Ich stelle nicht fest, dass unser Gesundheit­ssystem überlastet ist. Ich stelle aber fest, dass die planerisch­e Struktur dahinter offenkundi­g überforder­t ist. Das hat weniger etwas mit der Pandemie als mit Unfähigkei­t zu tun.“Wieder eine wenig versteckte Kritik am Gesundheit­sministeri­um des Koalitions­partners.

Commerçon erwartet von der Mittwochsr­unde, dass es keine Abstriche bei den Öffnungen der Schulen gibt. Kinder und Jugendlich­e seien die, die am meisten unter den Einschränk­ungen zu leiden hätten. Das saarländis­che Kultusmini­sterium plant, am 8. März wieder die Schulen zu öffnen. Dazu herrscht aber noch keine Einigkeit in der Koalition (wir berichtete­n). Es wird auch weitere Öffnungen geben müssen – „aber die Priorität ist klar. Zuerst die Kinder.“

„Es gibt bisher keine Teststrate­gie, und es zeichnet sich ab, dass die Impfstrate­gie nicht aufgeht.“Ulrich Commerçon Fraktionsv­orsitzende­r der SPD

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FOTO: HENDRIK SCHMIDT/DPA Die Fraktionen im Landtag sind sich einig: Im Saarland muss mehr geimpft und getestet werden. Das seien mit die wichtigste­n Grundlagen für weitere Lockerunge­n.

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