Saar-Politiker zahlt Strafe nach Steuer-Ermittlung
Der Inzidenzwert als bisheriges Maß der Dinge in Sachen LockdownLockerungen ist bei Fraktionen im Landtag mittlerweile umstritten.
Der SPD-Landtagsabgeordnete Dieter Willi Heckmann hat einen Strafbefehl über 12 000 Euro wegen Steuerhinterziehung akzeptiert. Die Staatsanwaltschaft hatte nach einer hohen Bareinzahlung des Politikers bei einer Bank ermittelt.
SAARBRÜCKEN Was wird am Mittwoch in Berlin passieren? Wenn Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sich mit den Ministerpräsidenten und Ministerpräsidentinnen der Länder beratschlagt, wie es weitergehen soll. Halten sie am Inzidenzwert fest? Wird die Ansteckungszahl auf sieben Tage unter 100 000 Einwohner noch maßgeblich sein, wenn es um Lockerungen und Öffnungen geht? Oder rücken das Testen und Impfen noch mehr in den Fokus?
Die Linke im saarländischen Landtag fordert dies schon länger. „Das pure Starren auf den Inzidenzwert ist völlig falsch. Das ist nur ein Wert von vielen“, sagt deren parlamentarischer Geschäftsführer Jochen Flackus bei der Landespressekonferenz im Landtag am Montag. Dort kritisierte er erneut, dass die Datenlage in Deutschland und im Saarland zum Virus an vielen Stellen ungenügend sei. Er verwies auf Luxemburg, das wesentlich mehr teste, aussagekräftigere Kennziffern über das Virus sammele. Auf Grundlage dieses „bunten Straußes der Kennziffern“ließen sich ganz andere Entscheidungen treffen, erklärte Flackus. Um Öffnungen anzugehen, brauche man vor allem „viele Tests, Schnelltests, die ich zum Beispiel im Restaurant vorzeigen kann, wenn ich es besuchen will“, erklärte Flackus. Das ginge auch in Kultureinrichtungen. Dazu müsse im Land noch viel mehr geimpft werden. „Wir müssen impfen, bis der Arzt kommt“, forderte Flackus.
Von der Runde am Mittwoch erwartet er Öffnungs-Perspektiven. Man könne die „Bevölkerung nicht länger hinhalten und sagen: ,Wir stellen dann das nächste Mal einen Plan vor‘“, sagte er. Es liege ungenutzter Impfstoff herum, „seit heute gibt es in Deutschland kaufbare Selbsttests. In Österreich ist man mit diesen Tests schon seit Wochen zu Gange, das müssen wir nun auch tun“.
Auch für den AfD-Fraktionsvorsitzenden Josef Dörr sind die Inzidenzwerte „einfach aus der Luft gegriffen“. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Rudolf Müller erklärte mit Blick auf die Mittwochsrunde, dass der Homburger Virologe Jürgen Rissland„darauf hingewiesen hat, dass der Inzidenzwert bei den Über-80-Jährigen im Saarland drastisch gesunken ist – von über 200 auf nun 70. Das ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass die
Impfungen wirken. Und das ist wiederum ein Grund dafür, bei den Öffnungen voranzumachen. Es wird jetzt höchste Zeit.“
Hermann Scharf, der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU, mahnte jedoch zur Vorsicht: „Natürlich sehnt man sich nach den alten Dingen zurück, auf der anderen Seite wissen wir aber auch, dass die Mutante wütet.“Er könne aus eigener Erfahrung berichten, „bei der Lebenshilfe
in St. Wendel, für die ich tätig sein darf, haben wir aktuell 30 Menschen, die positiv auf die britsche Variante getestet sind. Wir sind sehr, sehr besorgt, denn dieses Virus springt so leicht über.“Und: Öffnungen wie bei den Frisören oder Gartencentern seien Perspektiven, „die wir auch demnächst anderen bieten müssen, aber wir müssen im Hinterkopf haben, wie schwierig es im Moment ist. Daher haben wir heute festgestellt: Kluges
und besonnnes Vorgehen und testen, testen, testen.“Das sei kein „Panikorchester, das ist die realistische Darstellung. Was nach guten Hygienekonzepte machbar ist, sollten wir tun. Auf diesem Weg machen wir engagiert und besonnen weiter. Nicht Dinge zu schnell machen, das holt uns vielleicht ein.“Er sei überzeugt davon, dass sich die Runde am Mittwoch mit den Fragen auseinandersetzen wird, und hofft, „dass sie die Dinge mit guten Konzepten langsam angeht.“
Auch Ulrich Commerçon, Fraktionsvorsitzender der SPD, fordert: „Wir müssen testen, testen, testen. Es gibt aber bisher keine Teststrategie, und es zeichnet sich auch ab, dass die Impfstrategie nicht aufgeht. Ohne Testen und Impfen wird es aber keinen dauerhaften Erfolg geben.“Damit zielt Commerçon auch auf das Gesundheitsministerium von Monika Bachmann (CDU), das für das Impfen und Testen im Land zuständig ist. Auch zweifelt der Fraktionschef daran, dass „wir uns weiter nur an den Inzidenzen orientieren können“. Seine Fraktion habe „immer argumentiert, die Belastung des Gesundheitssystems zu vermeiden, das war und ist die einzige Begründung für Grundrechtseingriffe. Ich stelle nicht fest, dass unser Gesundheitssystem überlastet ist. Ich stelle aber fest, dass die planerische Struktur dahinter offenkundig überfordert ist. Das hat weniger etwas mit der Pandemie als mit Unfähigkeit zu tun.“Wieder eine wenig versteckte Kritik am Gesundheitsministerium des Koalitionspartners.
Commerçon erwartet von der Mittwochsrunde, dass es keine Abstriche bei den Öffnungen der Schulen gibt. Kinder und Jugendliche seien die, die am meisten unter den Einschränkungen zu leiden hätten. Das saarländische Kultusministerium plant, am 8. März wieder die Schulen zu öffnen. Dazu herrscht aber noch keine Einigkeit in der Koalition (wir berichteten). Es wird auch weitere Öffnungen geben müssen – „aber die Priorität ist klar. Zuerst die Kinder.“
„Es gibt bisher keine Teststrategie, und es zeichnet sich ab, dass die Impfstrategie nicht aufgeht.“Ulrich Commerçon Fraktionsvorsitzender der SPD