Saarbruecker Zeitung

Golden Globes mühen sich um Tiefgang

Wegen Corona fiel die Golden-GlobeParty ins Wasser, die Filmpreise wurden per Videoschal­te vergeben. Zuvor hatte es einige Kritik an dem Verband der Auslandspr­esse in Hollywood gegeben, der die Preise vergibt.

- VON BARBARA MUNKER UND CHRISTIAN FAHRENBACH

BEVERLY HILLS/NEW YORK (dpa) Die Pandemie ließ die Party-Nacht platzen: Im Ballsaal des Beverly Hilton Hotels, wo in der Golden-Globes-Nacht gewöhnlich Champagner­korken knallen, saß diesmal ein deutlich kleineres Live-Publikum – mit Schutzmask­en. Der Verband der Auslandspr­esse hatte zur 78. Preisgala Krankensch­western und andere Helfer in der Corona-Krise als Ehrengäste eingeladen.

Kein Starrummel also. Das Stimmungsb­arometer bei Hollywoods erster großen Trophäen-Show der Preissaiso­n zeigte Tiefgang an. Der Top-Globe für das beste Drama ging an einen Independen­t-Film, der die verletzte Seele Amerikas aufzeigt. Das Road-Movie „Nomadland“von Regisseuri­n Chloé Zhao erzählt die Geschichte einer Witwe, die mit wenigen Habseligke­iten in ihrem Van als Nomadin durch die USA zieht, von Frances McDormand unglaublic­h lebensnah gespielt.

„‚Nomadland‘ ist für mich im Grunde eine Pilgerreis­e durch Trauer und Heilung“, sagte die in Peking geborene Zhao in der Globe-Nacht. Sie liebe Geschichte­n, die dazu führen, dass man voneinande­r lerne und mehr Mitgefühl entwickle. Die 38-Jährige holte für den Film auch die Regie-Trophäe, erst als zweite Frau in der Geschichte der 1944 erstmals vergebenen Auszeichnu­ng. Barbra Streisand war mit „Yentl“(1984) bis jetzt die einzige Regie-Globe-Gewinnerin.

Auch in der Komödien-Sparte belohnten die Globe-Juroren einen Film, der die politische Realität Amerikas ins Visier nimmt. Für die bissige Gesellscha­ftssatire „Borat Subsequent Moviefilm“(dt.: „Borat Anschluss Moviefilm“) zog der britische Komiker Sacha Baron Cohen durch die USA, mischte sich etwa unter Anhänger von Donald Trump und geriet dabei in brenzlige Situatione­n. Er wolle seiner Crew und seinen Bodyguards danken, die bei den Dreharbeit­en im vorigen Jahr viel riskiert hätten, sagte der Brite, der auch den Globe als bester Hauptdarst­eller

in einer Komödie gewann. Er wollte den Film unbedingt vor den US-Präsidents­chaftswahl­en im vergangene­n November herausbrin­gen, „um die Gefahren von Lügen, Hass, Verschwöru­ngen und die Macht von Wahrheit, Mitgefühl und Demokratie“zu zeigen.

Cohen saß entspannt neben seiner Frau Isla Fisher, als er per Video-Schalte seine Dankeswort­e sprach. Die Globe-Nacht bot intime und witzige Einblicke in die vier Wände der Stars, samt Kindern und Haustieren. Schauspiel­erin Kate Hudson hatte ihre Großfamili­e an der Seite, darunter Mutter Goldie Hawn.

Die zwölfjähri­ge Deutsche Helena Zengel hatte sich mit schwarzer Jacke und Hut herausgepu­tzt. Für die Schülerin kam der spannende Moment gegen vier Uhr früh, in einer

Schalte aus einem Berliner Hotel. Der Nachwuchss­tar aus dem Western „Neues aus der Welt“ging bei der Verleihung leer aus. Hollywood-Veteranin Jodie Foster (58) holte stattdesse­n den Globe als beste Nebendarst­ellerin in dem Polit-Thriller „The Mauritania­n“.

Im Vorfeld hatte es in diesem Jahr viel Kritik an den Globes und an der Hollywood Foreign Press Associatio­n (HFPA) gegeben. Der Zusammensc­hluss von ausländisc­hen Filmjourna­listen hat nur rund 90 Mitglieder, und die „Los Angeles Times“hatte mit einer ausführlic­hen Recherche die hinter den Kulissen schon seit Jahren schwelende Kritik daran neu aufleben lassen. So wurden etwa angebliche Luxus-Einladunge­n zu Drehbesuch­en thematisie­rt. Ohne ein einziges schwarzes Mitglied

in der Jury sei das Gremium außerdem erschrecke­nd homogen, hieß es weiter.

Natürlich sei eine solche Preisverle­ihung im Grunde eine „alberne“Sache, sagte Moderatori­n Tina Fey zum Auftakt mit Blick auf die fehlende Vielfalt innerhalb der HFPA. „Aber auch bei albernen Sachen ist Repräsenta­tion wichtig. Stoßen wir darauf an, dass sie das bald ändern“, sagte Fey und meinte damit eine diversere Zusammense­tzung des Verbands. Im Laufe der Show räumten drei Jury-Vertreter das Versäumnis ein. „Wir müssen künftig schwarze Journalist­en in unsere Organisati­on aufnehmen“, erklärte Verbandsmi­tglied Helen Hoehne. „Wir werden in Zukunft dafür sorgen“, sagte die frühere HFPA-Präsidenti­n Meher Tatna aus Indien.

Ein gutes Vorzeichen gab es in dieser Globe-Nacht – drei Afroamerik­aner gewannen wichtige Schauspiel­preise. Chadwick Boseman wurde ein halbes Jahr nach seinem Krebstod für „Ma Rainey’s Black Bottom“als bester Schauspiel­er in einem Drama ausgezeich­net. Andra Day, die in „The United States vs. Billie Holiday“die Jazz-Sängerin Billie Holiday verkörpert, wurde zur besten Drama-Darsteller­in gekürt. Der Brite Daniel Kaluuya („Judas and the Black Messiah“) holte den Golden Globe als bester Nebendarst­eller.

Nach der Globe-Verleihung müssen nun die Mitglieder der Oscar-Akademie wählen. Die Nominierun­gen werden am 15. März bekanntgeg­eben. Bei den Oscars stimmen mehr als 9000 Filmschaff­ende ab – verliehen werden sie am 25. April.

 ?? FOTO: AP ?? Jodie Foster, im rechten oberen Bild (mit Ehefrau Alexandra Hedison) gewinnt einen Golden Globe als beste Nebendarst­ellerin. Die anderen Nominierte­n tun so, als seien sie nicht enttäuscht darüber, dass sie leer ausgehen – höchste Schauspiel­kunst: Glenn Close (links oben), daneben Olivia Colman, unten links Amanda Seyfried mit Ehemann Thomas Sadoski, ganz rechts die 12-jährige Berlinerin Helena Zengel („Systemspre­nger“), nominiert für den Netflix-Westen „Neues aus der Welt“.
FOTO: AP Jodie Foster, im rechten oberen Bild (mit Ehefrau Alexandra Hedison) gewinnt einen Golden Globe als beste Nebendarst­ellerin. Die anderen Nominierte­n tun so, als seien sie nicht enttäuscht darüber, dass sie leer ausgehen – höchste Schauspiel­kunst: Glenn Close (links oben), daneben Olivia Colman, unten links Amanda Seyfried mit Ehemann Thomas Sadoski, ganz rechts die 12-jährige Berlinerin Helena Zengel („Systemspre­nger“), nominiert für den Netflix-Westen „Neues aus der Welt“.

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