Saarbruecker Zeitung

Ex-Staatschef Sarkozy muss wegen Bestechung in Haft

Ein Pariser Strafgeric­ht hat den früheren französisc­hen Präsidente­n in einem Korruption­sprozess zu drei Jahren Haft verurteilt.

- VON KNUT KROHN

(dpa) Beispiello­se Entscheidu­ng in Frankreich: Der frühere Staatschef Nicolas Sarkozy ist wegen Bestechung und unerlaubte­r Einflussna­hme zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Davon setzte ein Strafgeric­ht am Montag in Paris zwei Jahre zur Bewährung aus. Der 66-Jährige muss aber wohl nicht ins Gefängnis. Sarkozy könne die Strafe unter elektronis­cher Überwachun­g zu Hause verbüßen, entschied das Gericht. Das Urteil gilt dennoch als historisch: Bisher wurde in der 1958 gegründete­n „Fünften Republik“kein früherer Präsident so hart bestraft. Sarkozy, der von 2007 bis 2012 im Elyséepala­st regierte, will dagegen in Berufung gehen.

Die allergrößt­e Demütigung bleibt Nicolas Sarkozy erspart. Der ehemalige französisc­he Präsident muss wohl nicht ins Gefängnis. Die Richterin Christine Mée betonte, dass die Strafe auch zu Hause mit einer elektronis­chen Fußfessel abgeleiste­t werden könne. Das Urteil hat Sarkozy allerdings sichtlich erschütter­t. Das Strafgeric­ht in Paris hat den 66-Jährigen wegen Bestechung und unerlaubte­r Einflussna­hme zu einer Haftstrafe von drei Jahren verurteilt. Davon werden zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Als wahrschein­lich gilt, dass die Verteidige­r Berufung einlegen werden. Sie hatten für ihren Mandanten einen Freispruch gefordert.

Gebeugt und fast im Laufschrit­t verließ der Verurteilt­e den Gerichtssa­al. In den Wochen zuvor hatte Sarkozy auf dem Weg zu den Verhandlun­gen noch demonstrat­iv zuversicht­lich in die Kameras gewunken. Sarkozy hatte immer wieder deutlich gemacht, dass er überhaupt nicht verstanden hat, wie er für einen „kleinen Freundscha­ftsdienst“vor Gericht landen konnte. Was der Ex-Präsidente­n beharrlich als Lappalie darstellte, war in den Augen der Ermittler allerdings ein veritabler Versuch der Bestechung. In Frankreich wurde der Fall als „Abhör-Affäre“bekannt. Denn um Sarkozy auf die Schliche zu kommen, ließ die Justiz Telefonges­präche zwischen dem früheren Präsidente­n und seinem Anwalt Thierry Herzog abhören.

Konkret ging es darum, dass Sarkozy dem Richter Gilbert Azibert Hilfe versproche­n haben soll, um seinen Wunsch-Posten im Fürstentum Monaco zu bekommen; im Gegenzug soll der hohe Staatsbeam­te geheime Informatio­nen über Ermittlung­en gegen Sarkozy beschafft und versucht haben, seine Kollegen zu beeinfluss­en. Im Kern habe dieses Verhalten die Unabhängig­keit der Justiz gefährdet, argumentie­rte die Anklage. Neben Sarkozy verurteile­n die Richter deshalb auch dessen langjährig­en Anwalt Thierry Herzog und den Juristen Gilbert Azibert zu Haftstrafe­n von jeweils drei Jahren, ebenfalls mit zwei Jahren auf Bewährung.

Der Prozess selbst galt in Frankreich als beispiello­s. Es war das erste Mal in der 1958 gegründete­n Fünften Republik, dass für einen früheren Präsidente­n Haft gefordert wurde. Sarkozys Vorgänger Jacques Chirac wurde zwar 2011 wegen Veruntreuu­ng und Vertrauens­bruch in seiner Zeit als Pariser Bürgermeis­ter zu einer Bewährungs­strafe von zwei Jahren verurteilt – die Anklage hatte damals aber auf Freispruch plädiert.

Für Nicolas Sarkozy, der sich gerne im Rampenlich­t sonnt, kommt diese Art von unrühmlich­er Aufmerksam­keit allerdings zu einem denkbar ungünstige­n Zeitpunkt. Denn viele seiner konservati­ven Anhänger hoffen, dass der umtriebige Politiker in Zukunft wieder eine größere Rolle in der französisc­hen Politik spielen könnte. Manche trauen ihm sogar eine überrasche­nde Kandidatur bei der Präsidente­nwahl im kommenden Jahr zu.

Im Hintergrun­d zieht Sarkozy schon seit vielen Monaten die Fäden. Und in der aktuellen Krisensitu­ation setzt selbst der aktuelle Präsident Emmanuel Macron ganz offen auf den Ratschlag des kampferpro­bten Politikers. Das reicht offensicht­lich bis zu zentralen Personalen­tscheidung­en bei der Besetzung des Kabinetts. Weggefährt­en und Freunde des ehemaligen Präsidente­n sitzen in der ersten Reihe der französisc­hen Regierung. So war etwa der amtierende französisc­hen Premiermin­ister Jean Castex im Jahr 2010 zuerst Berater Sarkozys für Soziales, später fungierte er sogar als stellvertr­etender Generalsek­retär des Präsidente­n.

Auch der nicht unumstritt­ene Innenminis­ter Gérald Darmanins ist ein Zögling Nicolas Sarkozys. Der 37-Jährige gilt inzwischen als eine der Hoffnungen der Konservati­ven in Frankreich. Und der sehr unkonventi­onell auftretend­e neue Justizmini­ster Éric Dupont-Moretti ist ein enger Freund von Thierry Herzog, dem vielbeschä­ftigen Anwalt von Nicolas Sarkozy. Éric Dupont-Moretti saß vor einigen Jahren als einer von ganz wenigen handverles­enen Gästen bei einem Konzert von Carla Bruni-Sarkozy,

der Frau des Ex-Präsidente­n. Die Sängerin postete gestern nach dem Urteil auf Instagram ein Foto von sich und ihrem Mann und schrieb: „Die Schlacht geht weiter, die Wahrheit wird ans Licht kommen.“

 ?? FOTO: EULER/AP ?? Nicolas Sarkozy vor der Urteilsver­kündung in Paris. Der ehemalige französisc­he Präsident, der von 2007 bis 2012 im Amt war, wurde wegen Bestechung und unerlaubte­r Einflussna­hme zu drei Jahren Haft verurteilt. Obwohl davon nur zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurden, bleibt dem Ex-Staatschef das Gefängnis vermutlich erspart. Die Richterin machte deutlich, dass die Strafe auch zu Hause abgeleiste­t werden kann. Zudem kündigten Sarkozys Anwälte Berufung an.
FOTO: EULER/AP Nicolas Sarkozy vor der Urteilsver­kündung in Paris. Der ehemalige französisc­he Präsident, der von 2007 bis 2012 im Amt war, wurde wegen Bestechung und unerlaubte­r Einflussna­hme zu drei Jahren Haft verurteilt. Obwohl davon nur zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurden, bleibt dem Ex-Staatschef das Gefängnis vermutlich erspart. Die Richterin machte deutlich, dass die Strafe auch zu Hause abgeleiste­t werden kann. Zudem kündigten Sarkozys Anwälte Berufung an.

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