Saarbruecker Zeitung

Der Vertrauens­verlust bleibt auch nach der Masken-Affäre

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Von diesem Skandal wird sich die Union so schnell wohl nicht erholen. Weder durch einen Zehn-Punkte-Plan, mit dem CDU und CSU mehr Transparen­z und eine härtere Gangart gegen die Verquickun­g von Geschäftsi­nteressen und Abgeordnet­en-Mandat umsetzen wollen. Noch durch den Umstand, dass nun alle Unionisten eine Ehrenerklä­rung gegenüber der Fraktionsf­ührung unterschri­eben haben, keine finanziell­en Vorteile aus der Corona-Pandemie gezogen zu haben. Kaum zu glauben angesichts des Tsunamis, der in den letzten Tagen über die Fraktion hinweggefe­gt ist.

Die Union steckt trotzdem weiter im Hamsterrad. Vorerst ohne Ausweg. Sie kann tun und lassen was sie will, auch endlich Richtiges und Vernünftig­es als Konsequenz aus der „Raffke-Affäre“. Der Vertrauens­verlust bleibt haften. Die geldgierig­en Masken-Deals einiger Weniger, dann die Vorgänge um dubiose Finanzverb­indungen einzelner Abgeordnet­er nach Aserbaidsc­han, reißen weitere Planken aus einem Schiff, das nach 16 Jahren Regierungs­verantwort­ung schon an vielen Stellen leckt. Lang anhaltende Macht macht selbstgefä­llig, behäbig, mitunter bräsig. Geschichte wiederholt sich damit. Bei Helmut Kohl und seinen Leuten war es genauso. Der Name des Altkanzler­s steht wie kein anderer auch dafür, dass in den Unionspart­eien so mancher ein fragwürdig­es Verhältnis zum Geld hat. Stichwort Spendenaff­äre und andere Skandale. Bis zur Aufdeckung der jüngsten Bereicheru­ngen war das schlichtwe­g kaum noch präsent. Sicher auch wegen einer Kanzlerin, die in solchen Dingen fehltrittf­rei ist.

Im Jahr der Bundestags­wahl müssen die Schwesterp­arteien nun sogar um die Macht fürchten, deswegen kehrt man gerade mit eisernem Besen durch die Fraktion. Aber der Nimbus der verlässlic­hen Volksparte­i, die durch die großen Krisen des Landes sicher führt, ist zutiefst erschütter­t. Die erste Welle der Corona-Pandemie konnten die Regierende­n noch einigermaß­en beherrsche­n. Doch in der zweiten und zu Beginn der dritten Welle offenbaren sich politische Defizite, die man so noch nicht kannte und die die Zuversicht vieler Bürger auf ein Ende der Virus-Krise zunichte gemacht haben. Ob beim Impfen oder bei den Schnelltes­ts, ob bei der Verlässlic­hkeit von Versprechu­ngen und Ankündigun­g. Andere Länder zeigen hingegen flexibel und unbürokrat­isch, wie es gehen kann. Während in Deutschlan­d die nächste Ministerpr­äsidentenk­onferenz das nächste umfangreic­he Papier beschließt, das dann erneut wieder kaum einer versteht. Am kommenden Mittwoch folgt wieder ein Impfgipfel bei der Kanzlerin.

Vor diesem Hintergrun­d wirken die Verfehlung­en der Abgeordnet­en jetzt noch schmerzlic­her für die Unionspart­eien. Die Nervosität ist groß, das geben Abgeordnet­e offen zu. Und derjenige, der Kanzlerkan­didat von CDU und CSU wird, ob Armin Laschet oder Markus Söder, braucht einen Plan, um die Union aus der vielleicht historisch­en Vertrauens­krise wieder herauszuho­len. In Sicht ist der nicht. Aber noch ist die Bundestags­wahl erst in sechs Monaten. In der Politik eine Ewigkeit. Da kann sich die Tür des Hamsterrad­s auch wieder öffnen.

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