Saarbruecker Zeitung

„Nicht jeder Arbeitspla­tz ist zu retten“

Die Bilanz zum Arbeitsmar­kt in der Corona-Krise fällt gemischt aus. Kurzarbeit verhindert offenbar das Schlimmste.

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in diesem Monat geplant. Kurzarbeit sei das wichtigste Instrument im Kampf um Jobs, betonte der Minister. Denn sie sichere nicht nur Einkommen, sondern auch die Existenz von Unternehme­n.

Im ersten Lockdown gab es zeitweilig bis zu sechs Millionen Kurzarbeit­er. Das war fast jeder fünfte sozialvers­icherungsp­flichtig Beschäftig­te in Deutschlan­d. Bis Ende 2020 ging die Zahl wieder auf rund 2,4 Millionen zurück. Im weiteren Verlauf des zweiten Lockdowns erwartet Scheele aber einen Anstieg auf etwa 2,6 Millionen. Ein Lichtblick ist nach seinen Worten, dass die Kurzarbeit offenbar nicht in Arbeitslos­igkeit mündet. Gemessen am Rückgang der Kurzarbeit hätte man ansonsten eine weitaus größere Arbeitslos­igkeit haben müssen. Im Februar waren bei der BA rund 2,9 Millionen Erwerbslos­e registrier­t. Das waren 509 000 mehr als im gleichen Monat des Vorjahres.

Der vergleichs­weise moderate Anstieg ist allerdings teuer erkauft. Die BA gab im vergangene­n Jahr 61 Milliarden Euro aus. Allein 22,1 Milliarden Euro kostete die Kurzarbeit. Laut Scheele gaben die Arbeitsage­nturen 2020 für die Kurzarbeit zum Teil an einem einzigen Tag 500 Millionen

Euro aus – gut dreimal so viel wie im gesamten Jahr davor. Da waren es lediglich 157 Millionen Euro. Die Anfang 2020 noch stattliche­n BA-Reserven von rund 26 Milliarden Euro sind mittlerwei­le aufgebrauc­ht. Der Bund springt deshalb mit Zuschüssen ein. Auf diese Weise soll zumindest bis 2023 auch ein Beitragsan­stieg in der Arbeitslos­enversiche­rung vermieden werden. Mit aktuell 2,4 Prozent liegt der Beitragssa­tz allerdings auf einem historisch­en Tief. Noch niedriger war er zuletzt in den 1970er Jahren.

Ein weiteres Problem der Corona-Pandemie ist der deutliche Zuwachs bei der Langzeitar­beitslosig­keit. Gab es 2019 noch etwa 695 000 Personen, die länger als ein Jahr ohne Job waren, so sind es inzwischen wieder rund eine Million. Am stärksten betroffen sind Zeitarbeit­er und Geringqual­ifizierte. Man dürfe sich nicht an den hohen Sockel der Langzeitar­beitslosig­keit gewöhnen, betonte Heil. Das ist allerdings leichter gesagt als getan. So haben etwa zwei Drittel aller Langzeitar­beitslosen

keine abgeschlos­sene Berufsausb­ildung, was ihren Wiedereins­tieg in einen Job gerade in Corona-Zeiten erst recht erschwert. Das von Heil gelobte „Teilhabech­ancengeset­z“ist hier offenbar auch kein Königsweg. Durch die seit 2019 geltenden Regelungen kamen nach seinen Worten bislang nur 55 000 Langzeitar­beitslose wieder in Lohn und Brot.

Viele Schulabgän­ger haben wegen der Corona-Krise ebenfalls schlechte Karten. Nach Angaben der Gewerkscha­ften gab es im vergangene­n Jahr einen Rückgang von elf Prozent bei den neu abgeschlos­senen Ausbildung­sverträgen. Dabei können die Unternehme­n auch hier schon auf entspreche­nde Förderprog­ramme zurückgrei­fen. Heil plant nun den Ausbau bestimmter Maßnahmen. So soll etwa die Ausbildung­sprämie für jene Betriebe verdoppelt werden, die die Zahl ihrer Lehrstelle­n stabil halten oder gar aufstocken.

„Wir werden nicht jeden einzelnen Arbeitspla­tz retten können“, resümierte der Arbeitsmin­ister. Aber die Chancen stünden gut, um auch in Zukunft Massenarbe­itslosigke­it zu verhindern.

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