Der Traum von Tokio lebt weiter
Deutsche Handballer erkämpfen sich zum Auftakt der Olympia-Qualifikation ein 25:25 gegen Vizeweltmeister Schweden.
(sid) Uwe Gensheimer schmiss sich überglücklich auf Marcel Schiller, Alfred Gislason schüttelte nach dem verrückten Ende des Schweden-Krimis ungläubig den Kopf: Ein Treffer von Linksaußen Schiller sechs Sekunden vor der Schlusssirene hat den deutschen Handballern am Freitag alle Chancen im Kampf um die Olympischen
Spiele bewahrt. Das Team von Bundestrainer Gislason erkämpfte sich gegen Vizeweltmeister Schweden ein 25:25 (14:13).
„Das bedeuet, dass wir noch leben“, sagte DHB-Vizepräsident Bob Hanning: „Aber wir brauchen eine Leistungssteigerung, um uns zu qualifizieren.“Bundestrainer Alfred Gislason war ebenfalls erleichtert: „Wir brauchten dringend diesen Punkt.“Insgesamt war der Isländer mit der Leistung seines Teams aber „nicht zufrieden“.
Das deutsche Team zeigte zum
Auftakt des Viererturniers in Berlin zumindest ganz viel Moral und bog in einer dramatischen Schlussphase einen Vier-Tore-Rückstand noch um. Schiller, der im zweiten Abschnitt für den glücklosen Gensheimer ran durfte, sorgte mit seinem fünften Treffer für das nicht mehr für möglich gehaltene Remis. „Wir sind einfach happy, dass wir diesen Punkt geholt haben“, sagte Schiller erleichtert. Torhüter Johannes Bitter, der in der Schlussphase wichtige Paraden zeigte, meinte: „Es geht um wahnsinnig viel, da geht die Lockerheit ein bisschen flöten. Jetzt ab in die Eistonne, und dann freue ich mich auf morgen.“
Damit es mit dem Tokio-Ticket am Ende auch klappt, sollte das deutsche Team am Samstag (15.35 Uhr) gegen den EM-Vierten Slowenien und am Sonntag (15.45 Uhr/beide ZDF) gegen Afrikavertreter Algerien aber konstanter auftreten. Vor allem die Chancenverwertung war am Freitag phasenweise miserabel. Immer wieder scheiterten Gensheimer und Co. freistehend an Schwedens Keeper Andreas Palicka. „Wir haben nach der Pause eine schlechte Viertelstunde gespielt in Angriff wie Abwehr“, monierte Gislason und stellte Schiller einen Platz in der Startsieben gegen Slowenien in Aussicht. Zudem werde Andreas Wolff, auf den der Isländer gegen Schweden
überraschend verzichtet hatte, am Samstag zum Einsatz kommen.
Gegen Schweden drückten vor allem die bei der WM so schmerzlich vermissten Stars vom Champions-League-Sieger THW Kiel dem deutschen Spiel von Beginn an ihren Stempel auf. Hinten ackerten Hendrik Pekeler, Patrick Wiencek und Steffen Weinhold im Abwehrzentrum nebeneinander, vorne sorgte das Kieler Trio für fünf der ersten zehn deutschen Tore. „Das war sicherlich eine ansprechende Leistung“, sagte DHB-Sportvorstand Axel Kromer zur Pause. Teammanager Oliver Roggisch monierte dagegen die Chancenverwertung: „Wir spielen ganz ordentlich. Jetzt müssen wir nur noch die Tore machen.“
Doch genau dies blieb zunächst das Problem. Im zweiten Abschnitt dauerte es genau sieben Minuten, bis das deutsche Team erstmals traf. Die mit elf Bundesliga-Profis gespickten Schweden übernahmen das Kommando. Vor allem Albin Lagergren von den Rhein-Neckar Löwen traf nun in Serie, die Skandinavier führten nach 43 Minuten plötzlich mit 20:17. Das deutsche Team wirkte ratlos, hatte beim 21:23 (52.) aber die Chance auf den Anschluss. Doch Schiller warf am Tor vorbei. Mit viel Moral stemmte sich aber das DHB-Team gegen die Niederlage und wurde belohnt.
„Es geht um wahnsinnig viel, da geht die Lockerheit ein bisschen flö
ten.“
Johannes Bitter
Handball-Nationaltorhüter