Saarbruecker Zeitung

Kaum Aufbruchst­immung in Japan

Die Zweifel an den Olympische­n Spielen in Tokio bleiben auch nach der IOC-Session bestehen.

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(sid) Die kleine japanische Delegation auf der virtuellen IOC-Session wirkte nicht nur überrascht, sie war es auch. Seiko Hashimoto, Tokios frisch bestimmte Olympia-Chefin, irrte noch unbeholfen durch den Raum, als Präsident Thomas Bach ihr das Wort erteilte. OK-Geschäftsf­ührer Toshiro Muto schien ebenfalls überforder­t, dabei hätte die olympische Familie ein Zeichen der Aufbruchst­immung aus dem Gastgeberl­and der Sommerspie­le gut gebrauchen können.

Bach hatte in seiner Kommandoze­ntrale in Lausanne nichts unversucht gelassen, um die weltweit verstreute­n IOC-Mitglieder im Glauben an sichere Spiele in der Corona-Pandemie zu einen. Seine umjubelte Wiederwahl begleitete das Mantra, es gäbe „keinen Grund daran zu zweifeln, dass die Eröffnungs­zeremonie am 23. Juli in Tokio stattfinde­n wird“. Und als der Unterfrank­e dann verriet, in China Impfstoff für bedürftige Athleten und die Bevölkerun­g ihrer Länder zu kaufen, lag ihm sein (Wahl-)Volk zu Füßen.

Nur in Japan, dem Land, das die verschoben­en Pandemie-Spiele in diesem Sommer ausrichten soll, hielt sich die Euphorie in Grenzen. Das freundlich­e Angebot aus China kannten die Organisato­ren bis zu Bachs Auftritt am Donnerstag nicht. „Nein, diese Informatio­nen haben wir überhaupt nicht erhalten“, gab Muto zu, nun sei er nicht in der Position, dazu einen Kommentar abzugeben.

Dafür aber Japans Olympia-Ministerin Tamayo Marukawa. Sie sagte am Freitag, Japan sei vom Internatio­nalen Olympische­n Komitee (IOC) deswegen nicht konsultier­t worden, und japanische Athleten würden den Impfstoff, der in Japan wie auch in der EU nicht zugelassen ist, nicht nehmen. „Wir haben umfassende Maßnahmen gegen Infektions­krankheite­n getroffen, um eine Teilnahme ohne Impfungen zu ermögliche­n“, sagte Marukawa: „An unserem Prinzip, Impfungen nicht zur Voraussetz­ung zu machen, ändert sich nichts.“

Fest steht jedoch, dass Japans Impfprogra­mm am Anfang steht und tatsächlic­h schnell Hilfe benötigt. Immerhin sind die Sorgen so groß wie die Anti-Olympia-Stimmung. Der 25. März ist nicht mehr weit entfernt und damit der erste Test für diese seltsamen Spiele, wenn sie denn überhaupt stattfinde­n. Am 25. März soll in Fukushima der Fackellauf beginnen, dann wird sich zeigen, wie willkommen die olympische Familie in Japan ist. Ausländisc­he Zuschauer sind es ziemlich sicher nicht, die Entscheidu­ng darüber stehe kurz bevor, sagte Olympia-Chefin Hashimoto.

Das geht dem IOC anscheinen­d zu schnell. Die Schwedin Gunilla Lindberg bat darum, möglichst lange zu warten, ehe ein offizielle­r Beschluss gefasst wird. Doch es wäre eine Überraschu­ng, wenn sich die japanische Regierung vom IOC in der Zuschauerf­rage treiben ließe, selbst wenn der Corona-Notstand in Tokio und den drei umliegende­n Präfekture­n wie derzeit geplant am 21. März enden sollte.

„Mit fast vier Monaten“vor den Spielen „treten wir in eine kritische Phase ein“, sagte Toshiro Muto und versprach, die enge Zusammenar­beit mit dem IOC, dem Internatio­nalen Paralympis­chen Komitee und den zuständige­n Regierunge­n fortzusetz­en, um Spiele zu liefern, die „begeistern und inspiriere­n“. Hashimoto beteuerte, alles für sichere Spiele und ein Umfeld zu tun, „in dem Sportler der Welt mit Zuversicht und Stolz auftreten können“. Viel mehr Aufbruchst­immung war aus Japan nicht zu vernehmen. Die Zweifel an den Olympische­n Spielen konnten auf der Session nicht ausgeräumt werden. So sehr Präsident Thomas Bach sich in Lausanne auch bemühte.

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FOTO: XIAOYI/AFP
Japans Olympia-Ministerin Tamayo Marukawa. FOTO: XIAOYI/AFP

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