Saarbruecker Zeitung

Zwischen Ursachenfo­rschung und Regierungs­bildung

Während die CDU nach den Gründen des Wahldebake­ls in Rheinland-Pfalz forscht, nehmen SPD, FDP und Grüne erste Sondierung­sgespräche in den Blick.

- VON PETER ZSCHUNKE UND IRA SCHAIBLE

(dpa) Der Tag nach der Wahl ist der Tag der Ursachenfo­rschung. Die Mitglieder der Parteigrem­ien in Mainz und Berlin analysiere­n Daten, untersuche­n Wählerwand­erungen und forschen nach Zusammenhä­ngen mit sozialen Faktoren. Viele beschäftig­t vor allem die Frage, warum die CDU in Rheinland-Pfalz mit acht Prozentpun­kten Abstand deutlich schlechter abgeschnit­ten hat als die SPD von Ministerpr­äsidentin Malu Dreyer.

Eine Analyse des Landeswahl­leiters legt nahe, dass die Maskenaffä­re der Unionsfrak­tion im Bundestag durchaus eine Rolle gespielt hat. Nach der Auswertung von Briefwahld­aten kommen die amtlichen Wahlstatis­tiker zum Schluss, „dass Wählerinne­n und Wähler, die ihre Wahlentsch­eidung erst zu einem späteren Zeitpunkt getroffen haben, sich häufiger für die SPD und die Freien Wähler und seltener zugunsten der CDU entschiede­n“.

„Es gibt aktuelle Gründe für das Ergebnis des gestrigen Abends“, twittert die CDU-Landtagsab­geordnete Ellen Demuth. Aber „ehrlicherw­eise waren diese nur zum Teil ausschlagg­ebend“. Daher müsse jetzt intensiv über strukturel­le und programmat­ische Ursachen gesprochen werden.

Die erstmals erfolgreic­hen Freien Wähler haben dem Herausford­erer Christian Baldauf erkennbar geschadet. Die Untersuchu­ng der Wahlergebn­isse mit Blick auf den Anteil von Katholiken und weitere Strukturme­rkmale

„deutet darauf hin, dass beide Parteien im Wettbewerb um ähnliche Wählergrup­pen stehen“.

Die Freien Wähler waren in ländlichen Regionen erfolgreic­h, in denen die CDU diesmal ungewöhnli­ch hohe Einbußen hinnehmen musste – ohne dies in den Städten ausgleiche­n zu können. Die statistisc­hen Analysen verdeutlic­hen, „dass sich die Wählergrup­pen zwischen städtische­n und ländlichen Regionen stark unterschei­den“. In den Städten holen die Grünen ihre besten Ergebnisse, auf dem Land CDU und Freie Wähler. Gegenüber den vergangene­n Wahlen auch zum Bundestag oder zum Europaparl­ament habe sich daran nur wenig geändert, erklärt das Team des Landeswahl­leiters.

Anders als bei der Wahl vor fünf Jahren aber erreichten die Sozialdemo­kraten in den Landkreise­n ein besseres Ergebnis als in den kreisfreie­n Städten: „Die SPD siegt in so vielen Landkreise­n wie bei keiner der letzten zehn Landtagswa­hlen“, hält der Bericht des Landeswahl­leiters fest. Die SPD wurde etwa auch stärkste Partei im Landkreis Vulkaneife­l, in dem seit 1979 immer die CDU vorn war. Aber die SPD gewann nicht nur Wähler von der CDU, sie verlor wie diese auch Stimmen an das größer gewordene Lager der Nichtwähle­r – die Wahlbeteil­igung sank von 70,4 auf 64,4 Prozent.

„So hatten wir uns das gestern nicht gewünscht“, aber der Wähler habe entschiede­n, twittert am Morgen nach dem langen Wahlabend CDU-Generalsek­retär Gerd Schreiner. Für ihn ist klar: „Heute ist der erste Tag einer konstrukti­ven Opposition­sarbeit.“

In den Reihen der Ampel-Parteien hingegen wird der Fahrplan für die Bildung der neuen Regierung in Rheinland-Pfalz entworfen. Die SPD bereitete sich auf eine Landesvors­tandssitzu­ng am Montagaben­d vor. Dabei könnten schon Sondierung­sgespräche beschlosse­n werden. Der erweiterte Landesvors­tand der Grünen kam bereits am Mittag zusammen. „Die Ampel ist die naheliegen­de Option, die jetzt auf dem Tisch liegt“, sagte Spitzenkan­didatin Anne Spiegel am Wahlabend. „Wir gehen auf jeden Fall gestärkt in die Gespräche, die jetzt anstehen, weil wir ja deutlich zugelegt haben.“

Der Landesvors­tand der FDP will nach Auskunft eines Sprechers spätestens am Mittwoch über das weitere Vorgehen beraten. Spitzenkan­didatin Daniela Schmitt rechnet mit einer Fortsetzun­g der gemeinsame­n Koalition mit SPD und Grünen. „Jetzt gilt es, mit dem Ergebnis zu schauen, welche Inhalte wir umsetzen können“, sagte sie am Montag in Berlin.

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SZ-GRAFIK/ACM, QUELLE: LANDESWAHL­LEITER
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FOTO: BERND VON JUTRCZENKA/DPA Die SPD von Ministerpr­äsidentin Malu Dreyer trumpfte bei der rheinland-pfälzische­n Landtagswa­hl besonders in den Landkreise­n auf, gewann so viele wie bei keiner der letzten zehn Wahlen.

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