Zwischen Ursachenforschung und Regierungsbildung
Während die CDU nach den Gründen des Wahldebakels in Rheinland-Pfalz forscht, nehmen SPD, FDP und Grüne erste Sondierungsgespräche in den Blick.
(dpa) Der Tag nach der Wahl ist der Tag der Ursachenforschung. Die Mitglieder der Parteigremien in Mainz und Berlin analysieren Daten, untersuchen Wählerwanderungen und forschen nach Zusammenhängen mit sozialen Faktoren. Viele beschäftigt vor allem die Frage, warum die CDU in Rheinland-Pfalz mit acht Prozentpunkten Abstand deutlich schlechter abgeschnitten hat als die SPD von Ministerpräsidentin Malu Dreyer.
Eine Analyse des Landeswahlleiters legt nahe, dass die Maskenaffäre der Unionsfraktion im Bundestag durchaus eine Rolle gespielt hat. Nach der Auswertung von Briefwahldaten kommen die amtlichen Wahlstatistiker zum Schluss, „dass Wählerinnen und Wähler, die ihre Wahlentscheidung erst zu einem späteren Zeitpunkt getroffen haben, sich häufiger für die SPD und die Freien Wähler und seltener zugunsten der CDU entschieden“.
„Es gibt aktuelle Gründe für das Ergebnis des gestrigen Abends“, twittert die CDU-Landtagsabgeordnete Ellen Demuth. Aber „ehrlicherweise waren diese nur zum Teil ausschlaggebend“. Daher müsse jetzt intensiv über strukturelle und programmatische Ursachen gesprochen werden.
Die erstmals erfolgreichen Freien Wähler haben dem Herausforderer Christian Baldauf erkennbar geschadet. Die Untersuchung der Wahlergebnisse mit Blick auf den Anteil von Katholiken und weitere Strukturmerkmale
„deutet darauf hin, dass beide Parteien im Wettbewerb um ähnliche Wählergruppen stehen“.
Die Freien Wähler waren in ländlichen Regionen erfolgreich, in denen die CDU diesmal ungewöhnlich hohe Einbußen hinnehmen musste – ohne dies in den Städten ausgleichen zu können. Die statistischen Analysen verdeutlichen, „dass sich die Wählergruppen zwischen städtischen und ländlichen Regionen stark unterscheiden“. In den Städten holen die Grünen ihre besten Ergebnisse, auf dem Land CDU und Freie Wähler. Gegenüber den vergangenen Wahlen auch zum Bundestag oder zum Europaparlament habe sich daran nur wenig geändert, erklärt das Team des Landeswahlleiters.
Anders als bei der Wahl vor fünf Jahren aber erreichten die Sozialdemokraten in den Landkreisen ein besseres Ergebnis als in den kreisfreien Städten: „Die SPD siegt in so vielen Landkreisen wie bei keiner der letzten zehn Landtagswahlen“, hält der Bericht des Landeswahlleiters fest. Die SPD wurde etwa auch stärkste Partei im Landkreis Vulkaneifel, in dem seit 1979 immer die CDU vorn war. Aber die SPD gewann nicht nur Wähler von der CDU, sie verlor wie diese auch Stimmen an das größer gewordene Lager der Nichtwähler – die Wahlbeteiligung sank von 70,4 auf 64,4 Prozent.
„So hatten wir uns das gestern nicht gewünscht“, aber der Wähler habe entschieden, twittert am Morgen nach dem langen Wahlabend CDU-Generalsekretär Gerd Schreiner. Für ihn ist klar: „Heute ist der erste Tag einer konstruktiven Oppositionsarbeit.“
In den Reihen der Ampel-Parteien hingegen wird der Fahrplan für die Bildung der neuen Regierung in Rheinland-Pfalz entworfen. Die SPD bereitete sich auf eine Landesvorstandssitzung am Montagabend vor. Dabei könnten schon Sondierungsgespräche beschlossen werden. Der erweiterte Landesvorstand der Grünen kam bereits am Mittag zusammen. „Die Ampel ist die naheliegende Option, die jetzt auf dem Tisch liegt“, sagte Spitzenkandidatin Anne Spiegel am Wahlabend. „Wir gehen auf jeden Fall gestärkt in die Gespräche, die jetzt anstehen, weil wir ja deutlich zugelegt haben.“
Der Landesvorstand der FDP will nach Auskunft eines Sprechers spätestens am Mittwoch über das weitere Vorgehen beraten. Spitzenkandidatin Daniela Schmitt rechnet mit einer Fortsetzung der gemeinsamen Koalition mit SPD und Grünen. „Jetzt gilt es, mit dem Ergebnis zu schauen, welche Inhalte wir umsetzen können“, sagte sie am Montag in Berlin.