Saarbruecker Zeitung

Svenja Schulze zieht positive Klima-Bilanz

Deutschlan­d schafft pandemiebe­dingt sein Klimaziel für 2020. Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze fordert derweil mehr Tempo beim Ausbau der erneuerbar­en Energien.

- VON STEFAN VETTER

Deutschlan­d hat seine Klimaziele für 2020 entgegen früheren Prognosen leicht übertroffe­n – allerdings nur wegen der wirtschaft­lichen Auswirkung­en der Corona-Krise. Nach der am Dienstag vorgestell­ten Bilanz des Umweltbund­esamtes (UBA) wurden im vergangene­n Jahr rund 70 Millionen Tonnen Treibhausg­ase weniger freigesetz­t als 2019. Etwa ein Drittel davon war laut UBA-Präsident Dirk Messner pandemiebe­dingt.

Insgesamt lagen die Emissionen 2020 um 40,8 Prozent niedriger als 1990. Das Einsparzie­l der Bundesregi­erung lag für diesen Zeitraum bei 40 Prozent. Wie Messner einräumte, wäre man ohne Corona vermutlich „knapp“unter dieser Marke geblieben. Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulz (SPD) wollte sich den Erfolg trotzdem nicht kleinreden lassen. Mit der Klimabilan­z 2020 mache Deutschlan­d bereits im dritten Jahr in Folge Fortschrit­te beim Klimaschut­z. „Wie Klimapolit­ik wirkt, sieht man vor allem im Energiesek­tor, wo der Kohleausst­ieg gut vorankommt“, meinte Schulze. Damit seien auch „strukturel­le Veränderun­gen erreicht worden, die auch nach der Pandemie fortwirken“, so Schulze.

Nach dem 2019 in Kraft getretenen Klimaschut­zgesetz sind für einzelne Sektoren Jahr für Jahr konkrete Einsparzie­le vorgesehen. Damit soll der CO2-Ausstoß in Deutschlan­d bis 2030 um weitere 15 Prozentpun­kte im Vergleich zu 1990 sinken. Insgesamt wären es dann mindestens 55 Prozent weniger Treibhausg­ase als im Jahr der Wiedervere­inigung. Nach der jüngsten Bilanz wurden die zulässigen Jahresmeng­en für 2020 bis auf den Gebäudesek­tor sogar noch unterschri­tten. Nachfolgen­d der Überblick.

Energiewir­tschaft: Mit minus 38 Millionen Tonnen Treibhausg­asen verzeichne­te der Energiesek­tor 2020 den größten Emissionsr­ückgang. Erlaubt wären hier 280 Millionen Tonnen gewesen. Tatsächlic­h wurden es nur 221 Millionen Tonnen. Das ist vor allem auf den Rückgang der Emissionen aus der Braunkohle­verstromun­g zurückzufü­hren. Hier kam es zu einem Minus von 23 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent­en. Außerdem hat der europäisch­e Emissionsh­andel zu deutlich höheren CO2-Preisen geführt.

Verkehr: Dieser Bereich gilt als größtes Sorgenkind des Klimaschut­zes. In erster Linie wegen Corona lagen die Treibhausg­asemission­en mit 146 Millionen Tonnen jedoch um 19 Millionen Tonnen unter der für 2020 festgelegt­en Höchstmeng­e. Allein der inländisch­e Flugverkeh­r verursacht­e fast 60 Prozent weniger CO2. Auch mit dem Auto wurden weniger lange Strecken zurückgele­gt. Der Einspareff­ekt betrug hier elf Prozent.

Industrie: Der Konjunktur­einbruch infolge der Corona-Pandemie bewirkte hier einen Emissionsr­ückgang um knapp neun Millionen Tonnen. Dazu trug vor allem die Stahlindus­trie bei, deren Produktion 2020 um zehn Prozent einbrach.

Landwirtsc­haft: Die Emissionsm­inderung um etwa drei Millionen Tonnen im Agrarsekto­r war laut Umweltbund­esamt wohl in erster Linie dem Wetter geschuldet. So verringert­e sich etwa der Einsatz von Mineraldün­ger, dessen Anwendung und Produktion zur Emission von Treibhausg­asen beitragen.

Abfallwirt­schaft: Besonders wegen der gesunken Emissionen bei der Mülldeponi­erung sank der Ausstoß von Treibhausg­asen in dem Sektor um insgesamt 3,8 Prozent.

Gebäudeber­eich: Auch hier kam es ebenfalls zu weniger Emissionen im Umfang von gut drei Millionen Tonnen. Aber die zulässige Höchstmeng­e von 120 Millionen Tonnen wurde um zwei Millionen Tonnen verfehlt. Offenbar wegen der verstärkte­n Nutzung von Homeoffice waren die Emissionen in den Haushalten gestiegen. Laut Klimaschut­zgesetz muss nun bis Mitte April ein neu eingericht­eter Expertenra­t die Emissionsd­aten im Gebäudeber­eich bewerten. Anschließe­nd ist der zuständige Bauministe­r Horst Seehofer (CSU) gesetzlich verpflicht­et, binnen drei Monaten ein Programm zur Einhaltung der vorgegeben­en Emissionsm­engen in den Folgejahre­n vorzulegen. Unter dem Strich sei die Entwicklun­g kein Grund zum Ausruhen, betonte Schulze. Ihre Forderung: Um das Emissionsz­iel für das Jahr 2030 zu erreichen, müsse das geplante Ausbautemp­o bei Wind- und Sonnenener­gie verdoppelt werden.

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FOTO: OLIVER BERG/DPA 38 Millionen Tonnen weniger Treibhausg­ase als 2019 blies der Energiesek­tor im vergangene­n Jahr in die Atmosphäre. Die Emissionen aus der Braunkohle­verstromun­g sind dabei besonders stark zurückgega­ngen.

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