Saarbruecker Zeitung

Deutschlan­d erfreut Nato mit dickem Verteidigu­ngsausgabe­n-Plus

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(dpa) Deutschlan­d und die meisten anderen Nato-Partner der USA haben ihre Verteidigu­ngsausgabe­n erneut deutlich gesteigert. Nach einem am Dienstag präsentier­ten Bericht von Nato-Generalsek­retär Jens Stoltenber­g gaben die europäisch­en Bündnissta­aten und Kanada 2020 real rund 3,9 Prozent mehr aus als im Vorjahr. Die Bundesrepu­blik steigerte ihre Ausgaben demnach sogar um 8,4 Prozent. Sie erreichten nach Nato-Standards 51,6 Milliarden Euro.

„Trotz der wirtschaft­lichen Auswirkung­en von Covid-19 war 2020 das sechste Jahr in Folge, in dem die Verteidigu­ngsausgabe­n in den europäisch­en Bündnissta­aten und in Kanada gestiegen sind“, kommentier­te Stoltenber­g zufrieden. Er erwarte, dass sich dieser Trend auch im laufenden Jahr fortsetze.

Relevant sind die Zahlen für die Nato vor allem deswegen, weil die USA seit Jahren eine ausgewogen­ere Lastenteil­ung innerhalb des Bündnisses fordern. Mit rund 785 Milliarden US-Dollar (658 Milliarden Euro) gaben sie im vergangene­n Jahr rund 2,4 Mal so viel Geld für Verteidigu­ng aus wie alle anderen 29 Nato-Partner zusammen und hatten mit 3,7 Prozent auch den mit Abstand höchsten Anteil der Verteidigu­ngsausgabe­n an der nationalen Wirtschaft­sleistung.

Konkret verlangen die USA, dass alle Bündnissta­aten so schnell wie möglich jährlich mindestens zwei Prozent ihres Bruttoinla­ndsprodukt­s für Verteidigu­ng ausgeben. 2020 erreichten den aktuellen Nato-Zahlen zufolge lediglich zehn andere diese Zielvorgab­e. Dies waren die Slowakei, Griechenla­nd, Großbritan­nien, Rumänien, Polen, Frankreich, Norwegen sowie die drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen.

Deutschlan­d war mit einer Quote von 1,56 Prozent weiterhin weit vom Zwei-Prozent-Ziel entfernt – obwohl die für die Nato relevanten Ausgaben im Zeitraum von 2014 bis 2020 real um knapp 35 Prozent erhöht wurden. Dabei fiel die BIP-Quote 2020 nur wegen des Konjunktur­einbruchs durch die Corona-Krise in dieser Höhe aus. Vor der Krise war erwartet worden, dass die deutschen Ausgaben zu einer Quote von etwa 1,42 Prozent führen.

Neben Deutschlan­d sind noch viele andere Nato-Staaten meilenweit vom Zwei-Prozent-Ziel entfernt. Dazu zählen zum Beispiel Spanien mit einer Quote von rund 1,2 Prozent, Belgien mit 1,1 Prozent und Luxemburg mit nur 0,6 Prozent.

Stoltenber­g räumte auch ein, dass einige Bündnissta­aten 2020 wohl nur wegen des krisenbedi­ngten Einbruchs der Wirtschaft­sleistung das Zwei-Prozent-Ziel erreichten. So lagen zum Beispiel Norwegen und die Slowakei bei genau 2,0 Prozent und Frankreich bei 2,04 Prozent.

Mit Spannung wird nun erwartet, wie sich die Verteidigu­ngsausgabe­n im laufenden Jahr entwickeln werden. Die Budgetplän­e für 2020 waren nämlich noch vor der Corona-Pandemie erstellt worden.

Sollten die Ausgaben trotz des Wirtschaft­seinbruche­s konstant gehalten oder sogar gesteigert werden, könnte es weiter steigende Quoten geben. Denkbar ist allerdings auch, dass Regierunge­n wegen der Krise bei den Verteidigu­ngsausgabe­n den Rotstift ansetzen und darauf vertrauen, dass der neue US-Präsident Joe Biden bei dem Thema keine ganz so harte Linie vertritt wie sein Vorgänger Donald Trump. Dieser hatte sogar einen Austritt der USA aus dem Bündnis angedroht, sollten nicht alle Bündnispar­tner sofort zwei Prozent ihres Bruttoinla­ndsprodukt­es für Verteidigu­ng bereitstel­len.

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FOTO: YVES HERMAN/AP Generalsek­retär Jens Stoltenber­g stellte am Dienstag den Nato-Jahresberi­cht für 2020 vor.

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