Nächster Schritt zum Wasserstoff-Campus
Am „Zukunftscampus Wasserstoff “soll die neue Technologie erforscht und Fachpersonal in deren Umgang geschult werden, wie die Projektpartner nun in Saarlouis gezeigt haben.
Wasserstoff als möglicher Energieträger der Zukunft soll auf Dauer Öl, Kohle und später auch Erdgas ersetzen und dafür sorgen, dass industrielle Prozesse wie die Erzeugung von Stahl, Chemikalien oder Zement klimaneutral ablaufen. Außerdem könnte Wasserstoff Schiffe, Lkws, Busse und die meisten Autos antreiben. „Hier muss das Saarland und vor allem der Landkreis Saarlouis als Herzkammer der saarländischen Industrie ganz früh die richtigen Weichen stellen“, sagte Landrat Patrik Lauer (SPD) gestern beim offiziellen Startschuss zum Zukunftscampus Wasserstoff, der in seinem Kreis entstehen soll.
Auf diesem Campus sollen die Einsatzmöglichkeiten des Wasserstoffs erforscht und die Ergebnisse dieser Arbeit zusammen mit erfahrenen, aber auch jungen Unternehmen in technische Prozesse und Geschäftsmodelle umgesetzt werden. Außerdem sollen junge Leute auf dem Zukunftscampus Wasserstoff in den neuen Technologien ausgebildet werden, damit es auch Fachkräfte gibt, die mit dieser heute noch fremden Materie umgehen können.
Seitdem die Campus-Initiative im Dezember erstmals vorgestellt wurde, „ist sie auf eine riesige Resonanz gestoßen“, sagte Armin Gehl, Geschäftsführer des Vereins Autoregion,
der sich seit vier Jahren mit Wasserstoff als automobilem Antrieb der Zukunft beschäftigt. Die Autoregion, die die unternehmerischen Interessen der Fahrzeugbranche in Saar-Lor-Lux und in Rheinland-Pfalz vertritt, will erreichen, „dass wir in unserer Region Komponenten und Systeme für die zukünftige Mobilität entwickeln, produzieren und liefern“, betonte Gehl.
Die frühe Fokussierung des Landes auf das Thema Wasserstoff, „sichert langfristig auch den Wirtschaftsstandort Saarland“. Dieser Auffassung vertrat Frank Thomé, Hauptgeschäftsführer der Industrieund Handelskammer (IHK) Saar, die das Projekt ebenfalls mitträgt. Das Saarland habe dies zwar erkannt, „doch jetzt braucht es mehr Tempo, um im zunehmenden Wettbewerb der Standorte nachhaltig zu punkten“, sagte Thomé. Der Zukunftscampus Wasserstoff könne hier wesentliche Impulse setzen, „weil er Forschung, Ausbildung und Lehre miteinander verzahnt“. Außerdem könne er „Strahlkraft über das Saarland hinaus entfalten und damit das Bestreben der Landesregierung unterstützen, mehr ansiedlungswillige Unternehmen, Fachund Führungskräfte, Wissenschaftler und Gründer für das Saarland zu begeistern“.
Landrat Lauer erinnerte daran, dass allein im Kreis Saarlouis 21 000 Menschen in der Automobilindustrie und bei den Zulieferern beschäftigt sind. „Viele dieser Arbeitsplätze hängen am Verbrennungsmotor, der nach und nach durch andere Antriebsarten ersetzt wird, wozu auch die Brennstoffzelle in Kombination mit dem Wasserstoff gehören wird.“Eine Herausforderung für weitere 12 000 Arbeitnehmer in der Region sei die umweltfreundliche Stahlproduktion, die ohne den Einsatz von Wasserstoff ebenfalls nicht gelingen könne.
„Daher ist es wichtig, dass auch die Gewerkschaften Beteiligte des Geschehens sind“, sagte Ralf Cavelius, 2. Bevollmächtigter der Völklinger Geschäftsstelle der IG Metall. Denn die Arbeitnehmer, die künftig in der Wasserstoffwirtschaft beschäftigt sind, sollen gute Arbeitsbedingungen vorfinden, „die durch Tarifverträge, eine gelebte Sozialpartnerschaft und starke Betriebsräte als wichtige Eckpfeiler geprägt sind“. Die IG Metall ist über ihre Transformationswerkstatt an dem Wasserstoff-Campus beteiligt. Diese Werkstatt soll die Beschäftigten auf den Wandel in der Arbeitswelt vorbereiten.
Jürgen Pohl, Geschäftsführer der Gesellschaft für Wirtschaftsförderung Untere Saar (WFUS) als weiterer Partner, wies darauf hin, dass die EU den Ausbau einer Wasserstoffwirtschaft mit 40 Milliarden Euro unterstützen will, von denen sieben Millionen Euro nach Deutschland fließen sollen. „Von diesem Kuchen wollen wir als Zukunftscampus ein gutes Stück abhaben.“
Die Vorkämpfer des Campus, die gestern in Saarlouis an den Start gingen, wollen nicht alleine vor sich hinwerkeln. Bei der Forschung können sich die Hochschulen im Saarland, aber auch Universitäten und Institute in Frankreich, Luxemburg und Rheinland-Pfalz „ebenfalls einbringen“, betonte Gehl. „Für regionale Eifersüchteleien ist kein Platz.“Die Forschung soll sich zudem nicht allein mit dem Wasserstoff beschäftigen. Gehl kann sich auch den „Aufbau eines Recycling-Zentrums für Alt-Batterien aus Elektroautos“vorstellen. Ein Forschungslabor für synthetische Kraftstoffe (E-Fuels), die aus Wasserstoff und Kohlendioxid erzeugt werden, sei ebenfalls denkbar. Zahlreiche Unternehmen aus der Region unterstützen die Campus-Initiative bereits. Weitere seien willkommen, so die Partner des Projekts.
Offen ist noch, wo der Zukunftscampus Wasserstoff im Kreis Saarlouis seinen Sitz haben wird. „Es kommen mehrere Standorte infrage“, sagte Lauer. „Wichtig ist, dass unser Vorhaben jetzt zielgerichtet vorangetrieben wird.“Er hat den Ehrgeiz, den Campus „als Landrat noch persönlich einzuweihen“. Seine Amtszeit endet 2029.