Saarbruecker Zeitung

Die Gewerkscha­ft der Polizei will Corona-Infektione­n als Dienstunfa­ll anerkennen lassen.

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(ter) Die Gewerkscha­ft der Polizei (GdP) im Saarland fordert seit Wochen, dass eine Covid-19-Infektion bei Polizisten als Dienstunfa­ll anerkannt wird. Am Donnerstag hat der Innenaussc­huss des Saar-Landtages darüber beraten.

Seit Beginn der Pandemie sind laut GdP 114 saarländis­che Polizisten an Corona erkrankt. Bevor die Erkrankung als Dienstunfa­ll anerkannt wird, müssen die Beamten beweisen, dass sie sich während des Dienstes infiziert haben. Die GdP möchte, im Rahmen des Ermessenss­pielraums des Dienstherr­n – des Landes –, eine „Beweiserle­ichterung“erwirken, sagt GdP-Landesvors­itzender David Maaß. Die Gewerkscha­ft bereitet derzeit auch eine Musterklag­e vor dem saarländis­chen Verwaltung­sgericht vor.

Wie ein Vertreter des Innenminis­teriums dem Innenaussc­huss am Donnerstag berichtet habe, lägen derzeit 13 Anträge auf Anerkennun­g vor, sagt die parlamenta­rische Geschäftsf­ührerin der SPD-Fraktion Petra Berg. Ein Antrag sei bereits abgelehnt worden, weil die Infektions­kette nicht nachvollzo­gen werden konnte – also nicht klar ist, ob der Beamte sich tatsächlic­h im Dienst infiziert hatte.

Die SPD und die Linken im Landtag unterstütz­en das Bemühen der Gewerkscha­ft auf eine so genannte „Beweislast­umkehr“, weil die derzeitige gesetzlich­e Regelung „fast unmöglich“sei, sagt Berg der SZ. „Der Beamte muss beweisen, dass es in seinem kompletten privaten Umfeld sowie auf der Dienststel­le keine Corona-Infektion gegeben hatte.“Künftig sollte daher der Dienstherr beweisen müssen, dass die Ansteckung außerhalb des Dienstes erfolgt ist. „Die Beamten auf der Straße haben ein erhöhtes Infektions­risiko, weil sie mit ziemlich vielen Menschen in Kontakt kommen. Gleichzeit­ig ist es für sie schwer nachzuweis­en, dass sie sich auf der Arbeit angesteckt haben“, kritisiert der innenpolit­ische Sprecher der Linken, Dennis Lander die aktuellen Vorgaben. „Die CDU sieht das etwas anders, auch mit Blick auf das

Geld.“Weil bei einem Dienstunfa­ll das Land sämtliche Kosten, auch bei Spätfolgen tragen müsste.

Sie hätten durchaus Verständni­s für die gewerkscha­ftliche Initiative, entgegnet Raphael Schäfer, Innenpolit­iker der CDU. „Die ist aus deren Sicht auch absolut berechtigt.“Man müsse aber „vorsichtig sein und es übergeordn­et sehen“. Schäfer begründet die Haltung seiner Partei damit, dass durch eine Beweislast­umkehr innerhalb der Polizei, „einzelne Beamtengru­ppen privilegie­rt werden. Das ist schlecht. Es gibt ja auch die Lehrer, die Justizvoll­zugsbedien­steten.“Außerhalb des Beamtentum­s, die kommunalen Stadtpoliz­isten etwa, kämen ebenfalls täglich mit vielen Menschen in Kontakt. „Wir sollten also am Verfahren der Einzelfall­prüfung festhalten.“

Andere Bundesländ­er sind in den vergangene­n Tagen der Gewerkscha­ft entgegenge­kommen. In Schleswig-Holstein soll die Anerkennun­g eines Dienstunfa­lles für die Beamten erleichter­t werden. Das für finanziell­es Dienstrech­t zuständige Finanzmini­sterium unter Ministerin Monika Heinold (Grüne) wird dafür einen entspreche­nden Erlass auf den Weg bringen. Der niedersäch­sische Innenminis­ter Boris Pistorius (SPD) hat sich mit dem Landesbezi­rk der GdP geeinigt, auf den Ausgang eines Musterklag­everfahren­s zu warten. Sollte den Beamten Recht gegeben werden, hat sich Niedersach­sen verpflicht­et, die Anträge der Beamten anzuerkenn­en. Bis dahin werden bereits gestellte Anträge und Widerspruc­hsverfahre­n ruhen gelassen.

Auch die Gewerkscha­ft der Polizei im Bund strebt dazu einen Musterproz­ess an. „Da zum aktuellen Zeitpunkt noch kein abschließe­ndes Wissen über Spätfolgen vorhanden ist, ist dieser Musterproz­ess von grundsätzl­icher, bundesweit­er Bedeutung“, sagt der stellvertr­etende GdP-Bundesvors­itzende, Dietmar Schilff.

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