Besucher kehren mit Lust auf mehr in Museen zurück
Endlich! Nach fast fünf Monaten Lockdown durften am Freitag als erste Kultureinrichtungen die Museen wieder öffnen. Wie ausgehungert sind die Besucher? Würden sie sich gleich am ersten Tag in die Galerien stürzen? Zumindest im Saarlandmuseum bestätigt sich diese Vermutung: Die „Brücke“-Ausstellung „Welt - Bühne -Traum“erweist sich als Magnet, der Freitagvormittag ist ausgebucht. Wer in die Moderne Galerie will, muss online ein Zeitfenster buchen. Die Reservierung klappt reibungslos; 45 Leute dürfen jeweils rein und sich insgesamt 90 Minuten aufhalten. Danach müssen alle raus, um dem nächsten Schwung Platz zu machen – tatsächlich steht Punkt 11.30 Uhr die zweite Gruppe Schlange.
Endlich wieder Kunst genießen zu können, war Besucherin Gabriele Koebnick „ein inneres Bedürfnis“. Sie kann es kaum erwarten, dass auch die anderen Kulturinstitutionen wieder hochfahren: „Die werde ich schleunigst alle besuchen. Musik, Theater – wie habe ich das vermisst!“Sie hadert mit dem Lockdown der Galerien. Koebnick: „Es gab, jedenfalls meiner Ansicht nach, keinen Grund, die
Museen zu schließen.“Auch Gisela Pommer denkt, dass das „zu vorsichtig“war: „Hier kann man ja wirklich Abstand halten, und gut belüftet ist auch alles.“Beide sind überrascht, einen so frühen Termin ergattert zu haben. Pommer. „Mir war das ein echtes Anliegen: endlich mal wieder Kunst richtig zu erleben, nicht immer nur aus dem Trichter.“Kaum hat man sich in dem schummrig beleuchteten Raum akklimatisiert, reißt einen die Stimme von Aufsicht Stephan Frömberg
aus der Bildbetrachtung: Ihre Zeit ist abgelaufen! „Was soll ich machen?“, sagt er bedauernd. „Die Leute freuen sich wie Bolle und würden gern länger bleiben. Mir tut das von Herzen leid, sie so rasch verabschieden zu müssen.“
Das Weltkulturerbe Völklinger Hütte, wo gestern die Ausstellung „Mon trésor“anlief, verfährt bei seinem Terminsystem anders: Hier bucht man kein Zeitfenster, sondern eine bestimmte Einlasszeit. Pro Viertelstunde
dürfen 20 neue Besucher rein. Aufhalten können die sich, so lange sie mögen – wobei maximal 200 Personen gleichzeitig in der Gebläsehalle zugelassen sind. „So haben wir genügend Puffer“, erläutert Armin Leidinger aus dem Presseteam. Eine Kamera zählt, wer kommt und geht; eine grüne Bildschirm-Ampel zeigt die Anzahl der freien Plätze an. Um die Mittagszeit hat sie sich bei 190 Leerstellen eingependelt, überwältigender Andrang sieht anders aus. Fürs gesamte Wochenende hätten sich aber immerhin schon 300 Leute angemeldet, weiß Leidinger. „Diese Anlaufzeit ist normal, das hatten wir nach dem ersten Lockdown auch. Und man darf nicht vergessen, dass gut ein Drittel unserer Besucher nicht aus dem Saarland kommt.“Prompt trifft man zwei junge Leute, die aus Hamburg angereist sind: Kira Gantner stammt aus Marpingen und macht mit ihrem Freund Timo Pape Urlaub bei ihren Eltern. „Ausstellungen haben für uns immer Urlaubsfeeling“, sagt Gantner. „Schön, dass das geklappt hat!“Warum Weltkulturerbe? „Weil ich das noch nicht kannte“, erklärt Pape: „Das stand schon lange auf der Liste.“
Während die beiden trotz steigender Infektionszahlen auf weitere Öffnungen dank kreativer Hygienekonzepte
der Kulturbranche hoffen, sehen Birgit und Luisa Schmidt die Sache eher skeptisch. Birgit Schmidt ist gerade erst ins Saarland gezogen, Tochter Luise ist zu Besuch. Beide stammen aus Baden-Württemberg, „und da“, sagt Birgit Schmidt, „geht es gerade wieder rückwärts.“Kultur habe ihr schon gefehlt: „Ich finde es befremdlich, dass Kultureinrichtungen schließen mussten, während Konzerte in Kirchen erlaubt waren. Sofern das Etikett Gottesdienst darüber klebte!“