Tanz-Szenen in den Fenstern der Brasserie Terminus
Projekt von Ali Salmi, dem Choreografen der Lothringer Compagnie Osmosis, läuft noch bis Sonntag jeden Abend ab 19 Uhr.
Es ist neun Uhr am Abend. Die ganze Saarbrücker Altstadt liegt schon im Dunklen. Die ganze Altstadt? Nein, doch! In der Brasserie Terminus an der Ecke Gerber-/Bleichstraße brennt noch Licht. Die großen, bis zum Boden reichenden Fenster dieser Kulturszenen-Kneipe geben Einblicke in Hotelapartments. Darin sieht man lebensgroße Frauen und Männer auf engem Raum tanzen. Sie spielen allein Kissenschlacht, schmiegen sich paarweise an Duschkabinenwände, schwingen sich artistisch über die Betten.
Filmaufnahmen sind es, die hier auf die Fensterfront projiziert werden. Autofahrer verdrehen die Köpfe, Passanten bleiben stehen und staunen. Wer sich so etwas ausdenkt? Eingeschworene Tanzfans erkennen die künstlerische Handschrift sofort: Es ist Ali Salmi, Choreograf der Lothringer Compagnie
Osmosis. „Choreografische Besetzung“nennt Salmi, der mit seiner Compagnie in Forbach, Briey und Nancy ansässig ist, sein neuestes Projekt, das Donnerstag Premiere hatte und noch bis Sonntag jeden Abend von 19 Uhr bis Mitternacht an der Brasserie Terminus stattfindet. Salmis Markenzeichen ist es, den Tanz von der Bühne runterzuholen, auf die Straße, in den urbanen Raum. Vor Corona hat er mit seiner Truppe etwa vor der Szenekneipe Jules Verne auf der Kreuzung Mainzer- und Paul-Marien-Straße in den Grünphasen der Fußgängerampeln
getanzt. „Body Landscapes“hieß das Projekt. „Für uns ist es wichtig, sichtbar zu bleiben, weiterhin im öffentlichen Raum zu arbeiten“, sagt Salmi.
Als das Nachtleben auf der Straße pandemiebedingt zum Erliegen kam, hat er sich deshalb etwas Neues ausgedacht: Eine Tänzerin und zwei Tänzer, darunter Salmi selbst, tanzten Soli, Duos und Trios in den Zimmern und im Treppenhaus eines Hotels. Das Publikum konnte das live gestreamte Geschehen auf seinen Smartphones, Tablets oder großen Computer-Monitoren mitverfolgen. Mit diesem Projekt „Hotel Danceroom“gewann die Cie. Osmosis im Herbst einen der drei Hauptpreise im Ideenwettbewerb des Kulturraums der Großregion zum Umgang mit Corona-Bedingungen.
„Im Oktober, November haben wir das Projekt prototypisch in Straßburg umgesetzt, um es anschließend hier in Saarbrücken und anderen Städten der Großregion anzubieten“, erzählt Salmi. Dann aber mussten die Hotels schließen. Salmi, der auch seine internationalen Gastspielprojekte auf Eis legen musste, ist kreativ genug, um sich nicht entmutigen zu lassen.
Also geht er nun – zeitgleich mit der Wiedereröffnung der Saarbrücker Museen – im Terminus, vor dem er auch schon die Straße betanzt hatte, in die Kneipenfenster. Dort tanzt er zwischendrin auch live: Als Schattenmann sieht man ihn dann, vor leuchtenden Farbklecksen, die der Visual Artist Didier Pozza in Bewegung versetzt. Jeden Abend, so kündigt Salmi an, dürfe man sich auf zusätzliche Programmpunkte freuen. So werde am Samstag und Sonntag ein LKW mit integrierter Leinwand ab 20 Uhr für kurze Zeit durch die Stadt fahren.