Auch Kritik an Impfung in Firmen
Wirtschaftsverbände begrüßen grundsätzlich den Einsatz von Impfstoff in Betrieben. An der Umsetzung äußern sie aber Skepsis.
Die Ankündigung von Gesundheitsministerin Monika Bachmann (CDU), 80 000 Dosen zusätzlichen Impfstoffs in Firmen einzusetzen, bei denen viele Pendler aus Frankreich arbeiten, hat Kritik ausgelöst. Wirtschaftsverbände dagegen begrüßen die Idee.
„Wie traurig und sarkastisch ist denn das: Während über 70-Jährige Krebskranke seit Monaten trotz Priorisierung vergeblich auf einen Impftermin warten, mussten sie jetzt erfahren, dass die 80 000 zusätzlichen Impfdosen offenbar außerhalb der Priorisierungsstufen an gesunde Werktätige verimpft werden sollen“– so verärgert reagiert ein SZ-Leser auf die Ankündigung von Gesundheitsministerin Monika Bachmann (CDU), den zusätzlichen Impfstoff in Firmen einzusetzen, wo viele Pendler aus Frankreich arbeiten. Zwar sind die Inzidenz und der Anteil der Mutationen in Moselle weit höher als im Saarland, dennoch werden seit fast einem Monat die Grenzgänger alle 48 Stunden getestet. Nur Pendler mit negativem Test befinden sich also an ihrem Arbeitsplatz im Saarland. Auch in der Politik erntet die Ministerin für diese Ankündigung Gegenwind. „Es ist fahrlässig, dass das Gesundheitsministerium in immer größerem Umfang die von der Ständigen Impfkommission empfohlene Priorisierung verlässt. Diese sagt eindeutig, dass zuerst die Älteren und Kranken geimpft werden sollen, bei denen eine Corona-Infektion zu einem schweren Krankheitsverlauf bis hin zum Tod führen kann“, meint die gesundheitspolitische Sprecherin der Linksfraktion im
Landtag, Astrid Schramm. Das könne doch nicht sein, dass jetzt junge Menschen in manchen Betrieben geimpft werden würden, während noch nicht einmal alle 80-Jährigen im Land geimpft seien.
Dabei entspricht Bachmanns Vorgehen den Vorgaben der EU. Genau mit dem Ziel, die Lage in Hotspots in den Grenzregionen zwischen dem Département Moselle und dem Saarland zu entschärfen, lässt sie über den Bund an die Länder die zusätzlichen Dosen verteilen. Wer in welchen Betrieben mit diesen Dosen geimpft wird, werde zeitnah kommuniziert, teilte das Ministerium auf Anfrage mit.
In der Wirtschaft wird die Dotierung des Saarlandes mit zusätzlichen Dosen aufgrund der Sondersituation als Grenzregion begrüßt. „Grundsätzlich entspricht das auch dem Ansatz, die Impfaktivitäten nach
Möglichkeit auf die Bereiche auszuweiten, in denen es eine verstärkte Zahl an Kontakten gibt“, meint VSU-Hauptgeschäftsführer Martin Schlechter. Unklarheit herrscht aber noch, was die Umsetzung angeht. „Wer bekommt die Impfungen: Unternehmen mit einer hohen Zahl an Grenzgängern oder mit einem hohen Anteil an Pendlern in der Belegschaft?“, fragt IHK-Hauptgeschäftsführer Frank Thomé. „Ich hoffe, dass damit keine Klientelpolitik einzig für große Unternehmen gemacht wird, sondern dass es eine gerechte Vorgehensweise für alle Betriebe geben wird“, so Thomé zur SZ. Für eine rasche Umsetzung sollte das Ministerium außerdem eine größere Beteiligung
aus der Wirtschaft ausloten. „Es gibt verfügbare Flächen und Personal, das man zum Beispiel für die Terminkoordinierung einsetzen könnte“, sagt er.
Mit den zunehmenden Impfungen stellt sich außerdem die Frage, wie mit den Testungen weiter vorzugehen ist. „Es bringt keinen Mehrwert, dass Menschen, die bereits geimpft sind, mehrmals pro Woche einem aufwändigen und teuren Test unterzogen werden. Sinnvoll wäre es, dass eine Impfbescheinigung einem Negativ-Test gleichgesetzt wird. Dann stehen mehr Tests für andere Bürger zur Verfügung und damit ist eine noch effektivere Teststrategie möglich“, meint Schlechter.