Nationalelf startet mit Heimspiel gegen Island
Deutsche Fußball-Nationalmannschaft beginnt die WM-Qualifikation mit einem Heimspiel gegen Island. Kroos reist verletzt ab.
Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft beginnt die WM-Qualifikation heute Abend mit einem Heimspiel in Duisburg gegen Island. Für Joachim Löw ist es der Beginn seiner letzten Monate als Nationaltrainer.
(sid) Joachim Löw hat wieder das Feuer in den Augen. Der Aufbruch ins letzte Abenteuer verleiht dem Fußball-Bundestrainer eine neue Kraft, die sich aus seiner krachendsten Niederlage speist. „Wir sind sehr schlecht aus dem Jahr 2020 gegangen, mit Wut und Enttäuschung“, sagte Löw am Mittwoch bei der Pressekonferenz vor dem Auftakt in der WM-Qualifikation gegen Island im weinroten Sportshirt energisch: Nun werde er die deutsche Nationalmannschaft „rigoros, konsequent und gnadenlos“auf Erfolg trimmen – für einen goldenen Abschluss einer Ära.
Schon im ersten Spiel, zugleich Start seines EM-Castings, will Löw seinen Spielern den tief sitzenden Stachel des 0:6-Desasters in Spanien ziehen. Die Zeit der Kompromisse ist vorbei. „Ich erwarte eine Reaktion“, betonte der Bundestrainer vor dem Duell mit Island an diesem Donnerstag (20.45 Uhr/RTL) in Duisburg. „Wir brauchen eine leidenschaftliche Mannschaft, die verbissen um den Sieg kämpft.“Der Gegner steht in der Weltrangliste auf dem 46. Platz. In den vergangenen fünf Partien gab es für das Team aus dem hohen Norden fünf Niederlagen – darunter gegen England (0:4) und Belgien (1:2).
Über die Schulter schaute Löw, der sein Amt im kommenden Sommer nach der EM niederlegen wird, aber nicht lange. Er habe zwar kurz der Mannschaft seine Entscheidung erläutert und seine 15 Jahre als Bundestrainer resümiert, dann aber ging es direkt ans Eingemachte: „Was sind die wichtigen Punkte? Wie sieht unser Block aus? Wir haben defensive Defizite herausgefiltert“, berichtete er. Die Energie seiner Spieler sei ihm eine Freude.
Es gilt, im Spagat zwischen WM-Qualifikation und EM-Vorbereitung den perfekten Mittelweg zu finden, der „zu maximalem Erfolg“führt. „Jetzt heißt es, Punkte zu machen und sich möglichst schnell einzuspielen, Siege einzufahren und Automatismen zu schärfen“, forderte Löw – ausdrücklich ohne jede weitere Rücksicht auf die Schonungswünsche der Vereine.
Volle Fokussierung auf die EM sei angesagt, von Gesprächen über seine Zukunft oder Anfragen an seine Berater will er deshalb „bis dahin gar nichts“wissen: „Es ist nicht denkbar, aus einem Turnier rauszugehen und am nächsten Tag den Schalter umzulegen.“Löw wird also erst mal eine Pause einlegen. Auch, dass er sich um Spanisch-Kenntnisse bemühe, sei kein Grund zur Kaffeesatzleserei, merkte der 61-Jährige lachend an: „Das ist doch auch hilfreich, wenn man durch Patagonien über die Berge wandert.“
Vorher hat er knifflige Monate vor sich, in denen er auf Unterstützung seiner Spieler setzen kann. „Er ist ein wundervoller Mensch“, sagte Emre Can von Borussia Dortmund am Mittwoch, ohnehin wolle ihm die Mannschaft „ein großes Geschenk machen“, wie Kapitän Manuel Neuer versicherte. Den Titel. Die Stammelf dafür soll sich jetzt finden und einspielen. „Es sind endlich mal wieder alle dabei, wir können mit dieser Mannschaft sehr erfolgreich sein“, sagte Can, der bedauerte, dass er der einzige BVB-Profi im aktuellen Kader ist. Teamkollegen wie Julian Brandt oder Nico Schulz waren nicht nominiert worden. „Das muss Motivation für die Spieler sein, die nicht dabei sind. Sie müssen im Verein einfach weiter Gas geben und versuchen, Leistung zu bringen. Dann ist alles noch offen“, sagte Can.
Mittelfeldstratege Toni Kroos musste „leider, leider“(Löw) mit Adduktorenproblemen verletzt abreisen, zudem fehlen Robin Gosens und Niklas Süle. Wer spielt, muss sich beweisen: Etwa 15 Profis haben ihren Turnierplatz sicher, um die restlichen sieben Plätze streiten mindestens doppelt so viele Kandidaten.
Und dann gibt es noch die aussortierten Weltmeister Thomas Müller, Mats Hummels und Jérôme Boateng. Ihre „drohende“Rückkehr gefährdet so manchen Stammplatz.
Im Hintergrund läuft weiter die komplizierte Bundestrainer-Suche. Anführer Joshua Kimmich zumindest rechnet nicht damit, dass sein Vereinstrainer Löw beerben wird. „Hansi Flick hat einen Vertrag, wir sind hier unglaublich erfolgreich“, sagte der Mittelfeldstar von Bayern München: „Deswegen gehe ich nicht davon aus, dass er es wird.“