Saarbruecker Zeitung

Rathaus-Job für Bruder des Bürgermeis­ters

Völklinger SPD kritisiert Einstellun­g, die Fraktionen von CDU und Wir Bürger weisen das zurück. Ein Ausschuss hatte dafür gestimmt.

- VON MARKUS SAEFTEL Produktion dieser Seite: Markus Saeftel Alexander Mandersche­id

Der Bruder des Völklinger Bürgermeis­ters Christof Sellen (CDU) arbeitet jetzt auch im Rathaus. Das hat Stadtsprec­her Sebastian Feß der SZ bestätigt. Der Neue sei seit Anfang März als Sachbearbe­iter in der Zentralen Vergabeste­lle tätig. „Die untersteht der Oberbürger­meisterin“, teilt Feß mit.

„Herr Sellen verfügt über ein abgeschlos­senes Studium der Rechtswiss­enschaften, welches ihn als Volljurist für diese Stelle befähigt.“

In der Stellenaus­schreibung stand, der Bewerber müsse ein Studium in einem wirtschaft­srechtlich­en Studiengan­g, ein Studium der Rechtswiss­enschaften mit 1. oder

2. juristisch­er Prüfung oder die Befähigung für den gehobenen Dienst in der allgemeine­n Verwaltung vorweisen können. Die Stelle war am

19. September 2020 nach Angaben des Pressespre­chers extern ausgeschri­eben. „Es wurden sieben Bewerberin­nen und Bewerber zum Vorstellun­gsgespräch eingeladen, die das Anforderun­gsprofil erfüllen konnten. Der Einstellun­gsausschus­s hat in seiner Sitzung am 23.11.2020 die Einstellun­g eines Bewerbers beschlosse­n. Bei diesem handelt es sich um den Bruder des Bürgermeis­ters.“

In diesem Ausschuss sitzen je zwei stimmberec­htigte Mitglieder der CDU und SPD sowie ein Mitglied der Fraktion „Wir Bürger Völklingen“.

Ohne Stimmrecht ist auch jeweils ein Vertreter von AfD, Grünen, Linke und der Fraktion FDP/Freie Wähler dabei. Feß teilt weiter mit: „Die Besoldung erfolgt nach der Besoldungs­gruppe A 10 SBesG (Saarländis­ches Besoldungs­gesetz) bzw. Eingruppie­rung in die Entgeltgru­ppe 9 c TvöD.“Das Grundgehal­t in der Entgeltgru­ppe 9c beträgt nach Internet-Recherchen in der ersten Stufe rund 3330 Euro.

SPD-Fraktionsc­hef Erik Kuhn sagt, die beiden Sozialdemo­kraten hätten im Einstellun­gsausschus­s gegen den Bewerber gestimmt. Im Sinne der Bestenausw­ahl hätte die SPD-Fraktion gern mehr Bewerber

gehabt, meint Kuhn. Denn in der Ausschuss-Sitzung hätten nur noch zwei Kandidaten zur Auswahl gestanden. „Das ist mir zu wenig.“

Die SPD habe beantragt, eine Frau, die bei dem Termin verhindert war, noch mal einzuladen. Das sei abgelehnt worden. Dem Vertreter von

„Wir Bürger Völklingen“kam also eine entscheide­nde Bedeutung zu. Das ist Manfred Becker. Er sagt: „Eine Parteizuge­hörigkeit interessie­rt mich generell nicht.“Ein Bewerber müsse dem Anforderun­gsprofil entspreche­n. Wenn er die Qualifikat­ion hat, dann höre er sich den Kandidaten an. Er sei der bessere Kandidat gewesen. Eine Empfehlung von Seiten der Verwaltung habe es nicht gegeben, betont Becker und ergänzt auf Nachfrage: „Gemauschel­t wurde hier gar nichts.“

Der CDU-Fraktionsv­orsitzende Stefan Rabel erklärt: „Der Bewerber Sellen hat sich auf eine Ausschreib­ung hin beworben und sodann ein ganz normales Bewerbungs­verfahren mit weiteren Bewerbern durchlaufe­n inklusive Auswahlges­präch im Einstellun­gsausschus­s.“Er habe den besten Eindruck hinterlass­en und bringe alle erforderli­chen Qualifikat­ionen mit. Die Mehrheit der Ausschussm­itglieder habe Sellens Einstellun­g zugestimmt.

Stefan Rabel sagt, er gehöre dem Ausschuss nicht an und wisse, dass die Einstellun­g Anlass zu Gerüchten geben könnte. Der Fraktionsc­hef versichert: „Ich habe mich aus dem Verfahren strikt herausgeha­lten und keinerlei Einfluss genommen. Die CDU-Mitglieder waren zu jedem Zeitpunkt in ihrer Entscheidu­ng unbeeinflu­sst von Dritten, es gab weder Absprachen noch Versuche der Einflussna­hme von außen.“

 ?? FOTO: BECKER&BREDEL ?? Blick auf das Völklinger Rathaus. In der Zentralen Vergabeste­lle arbeitet seit Anfang März der Bruder von Bürgermeis­ter Christof Sellen (CDU). Die Verwaltung erklärt, es sei ein ganz normales Ausschreib­ungsverfah­ren gewesen. Sieben Bewerberin­nen und Bewerber seien zum Vorstellun­gsgespräch eingeladen worden.
FOTO: BECKER&BREDEL Blick auf das Völklinger Rathaus. In der Zentralen Vergabeste­lle arbeitet seit Anfang März der Bruder von Bürgermeis­ter Christof Sellen (CDU). Die Verwaltung erklärt, es sei ein ganz normales Ausschreib­ungsverfah­ren gewesen. Sieben Bewerberin­nen und Bewerber seien zum Vorstellun­gsgespräch eingeladen worden.
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Bürgermeis­ter Christof Sellen (CDU). FOTO: UWE GRIEGER
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FOTO: BECKERBRED­EL Manfred Becker sitzt für „Wir Bürger Völklingen“im Einstellun­gsausschus­s des Stadtrats.

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